XING - Meine Meinung

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von Dr. Harald Karcher, 2009-11-09 

Soll ich in XING eintreten? Was bringt es mir? Die eine Hälfte meiner Freunde und Kontakte ist schon drin. Die andere Hälfte überlegt gerade: Für die habe ich meine persönlichen Ansichten und Erfahrungen hier mal zusammen getragen.

 

XING ist ein überwiegend beruflich orientiertes Kontakt-Netzwerk im Internet. Es können sich aber auch Privatpersonen ein kostenloses XING-Profil anlegen. Ich bin seit Mai 2007 dabei und finde es beruflich und privat recht nützlich. Die meisten meiner XING-Kontakte stellen ein nettes Foto und einen kurzen Lebenslauf in dieses Netzwerk. Manche geben nur ihre beruflichen Daten zur Ansicht frei, wie Firma, Job, Adresse, Email, Telefon. Andere geben auch die privaten Kontaktdaten preis.

 

Wenn Sie als Nicht-XING-Mitglied (oder als momentan nicht eingeloggtes XING-Mitglied) auf meine XING-Internet-Adresse klicken, sehen Sie nur einen kleinen Teil meiner Kontakt-Daten sowie ein paar Namen von Kontakten aus meinem XING-Netzwerk. Die Auswahl der gezeigten Namen liegt nicht in meiner Hand, sie rotiert offenbar zufallsgesteuert. Wenn Sie mein XING-Profil mehrmals anklicken, können Sie meine Kontakte mühsam stückchenweise auslesen, auch wenn wir Beide noch nicht per XING verlinkt sind. Ich vermute, dass XING damit Klickrates generiert, Neugierde erzeugt, und Lust auf einen Eintritt in das XING-Kontakt-Netz machen will.

 

Sobald Sie sich in XING als Basis-Mitglied kostenlos anmelden und einloggen, sehen Sie etwas mehr, und wenn wir beide uns gegenseitig den Kontakt mit der Maus freiklicken, sehen wir genau so viele Daten, wie jeder dem Anderen freiwillig freischalten will.

 

Etwas mehr als ein Prozent meiner XING-Kontakte haben Ihr Profil extrem abgeschottet, so dass Nicht-Mitglieder sie im Internet gar nicht finden und selbst bei Kenntnis ihrer exakten XING-Profil-URL trotzdem nichts von ihrem Profil sehen können, auch keinen Ausschnitt.

 

Aufwand: Das Anlegen eines netten XING-Profils dauert keine 30 Minuten, wenn man seine Daten und ein digitales Porträtfoto schon fertig auf der Festplatte oder im USB-Stick liegen hat. Es gibt aber auch Leute, die sich stundenlang mit der Frage quälen: Welches meiner dreihundert Porträtfotos soll ich denn hochladen? Manche meiner Kontakte laden jede Woche ein anderes Foto hoch. Ansonsten ist der laufende Pflegeaufwand für XING eher gering: Man muss die XING-Community ja nicht ständig mit Fotos und Videos, Spielchen, Tipps und Sprüchen unterhalten und erfreuen, wie das etwa in Facebook üblich ist. Bei mir ist XING nur so eine Art digitaler Kasten für Visitenkarten. Im Vergleich zu Facebook eher langweilig, aber sehr nützlich.

 

Vorteil 1: Der größte Vorteil von XING für mich: Die Kontaktdaten sind immer auf dem aktuellsten Stand, weil (fast) jedes XING-Mitglied seine Daten immer selber aktuell hält. Wenn all meine Freunde und Bekannten komplett in XING wären, bräuchte ich nie wieder mein Adressbuch aktualisieren.

 

Vorteil 2: Ich habe ein schlechtes Personengedächtnis: XING hilft mir, allzeit den richtigen Namen zum richtigen Gesicht zu behalten, sofern ein halbwegs aktuelles Foto in XING steht.

 

Vorteil 3: Alle paar Wochen blättere ich meine 500 XING-Kontakte (Stand 11/2009) mal rasch durch: Dann bin ich wieder informiert, wer den Namen, die Adresse, oder die Firma gewechselt hat. Allerdings lassen viele Kontakte ihre alten Daten in XING noch so lange stehen, bis sie die Probezeit bei der neuen Firma überlebt haben, bis sie wieder aus der Elternzeit zurückkehren, und so weiter. Aber selbst dann stimmt ja meistens noch die private Adresse oder die Handy-Nummer oder eine von mehreren Email-Adressen.

 

Vorteil 4: In XING sind Headhunter, Personaler, Agenturen und Projektbesetzer unterwegs. Das ist allgemein bekannt. Ich habe seit Eintritt im Mai 2007 schon mehrere seriöse Projekt-Anfragen von Leuten bekommen, die mich über die Suchmaschine von XING gefunden haben. Also machen Sie doch möglichst detaillierte und konkrete Angaben im XING-Profil in den Spalten "Wants", "Haves", "Interests" und "About me", denn dort lassen die Kopfjäger offenbar ihre Suchanfragen wühlen, um Leute mit einem passenden Spezial-Know-How für Jobs, Aufträge, Kooperationen oder zeitlich limitierte Projekte zu finden.

 

Vorteil 5: XING erfreut sich großer Beliebtheit bei Event-Veranstaltern, die ihre Kontakte via XING zu Meetings, Seminaren und Kongressen einladen. Früher hat man so etwas per Email gemacht, da war ein Verteiler nach einem Jahr meist schon zu 25% veraltet. In XING sind die Kontakte fast immer tagesaktuell gepflegt, da gibt es keine 25% unzustellbaren Rückläufer. Ganz zu schweigen von Event-Einladungen per Briefpost: Da hat so ein Veranstalter früher gleich mal 25% des Portos für Irrläufer zum Fenster hinaus geworfen, weil sein Adress-Verteiler vom Vorjahres-Kongress halt schon wieder ein ganzes Jahr alt war.

 

Vorteil 6: Man kann in XING an mehreren Stellen Links zu anderen Social Networks oder zur eigenen Webseite anbringen. Ich habe als Basis-Mitglied zum Beispiel ein paar Links in das XING-Feld "Über mich / About me" gesetzt. Diese Links können auch XING-Nicht-Mitglieder im Internet frei sehen. Wenn Sie mein XING-Profil ansurfen und dann bis zur Spalte "About me" herunter scrollen, dann sehen Sie einige Links, mit denen Sie auf einige meiner Fachaufsätze weiter springen können. (zuletzt getestet am 9.11.2009, müßte klappen, so lange XING diese Funktion nicht sperrt).

 

Vorteil 7: Blind Date Dinners: XING macht in vielen größeren Städten Events, auf denen man andere XING-Mitglieder live kennen lernen kann: Etwa Abendessen, bei denen man Vorspeise, Hauptspeise und Nachspeise an drei verschiedenen Tischen einnehmen kann, um ganz bewusst viele neue XING-Kontakte zu knüpfen und sich, wenn es denn funken sollte, anschließend zu verlinken. Ich war noch nie dabei, aber ein Duz-Freund aus der ITK-Branche hat sich dort mal so gelangweilt, dass er nach der Vorspeise aufbrach. An der Garderobe stand eine attraktive Blondine, die auch schon gehen wollte. Das Handy meines Freundes klingelte und die Blonde öffnete Ihre Handtasche, weil sie genau den gleichen Klingelton und das gleiche Handy hatte und felsenfest überzeugt war, es sei ihr Handy, das da klingelt. Es wurde noch ein schöner Abend für die Beiden und im Herbst 2009 haben die Zwei geheiratet. Womit bewiesen wäre: XING kann auch Ehen stiften.

  Vorteil 8: XING Clubbing Partys: XING hat 2009 für 10 Euro Eintritt in die angesagte P1-Disco in der Münchener Prinzregentenstraße 1 geladen. Inklusive Welcome-Drink und Pizza ohne Limits. Vier Freunde von mir waren dort und meinten: Es kommt halt immer darauf an, ob Du grad bei den richtigen Leuten stehst. XING schafft die Plattform, das Leben bringen die Menschen hinein.

 

Vorteil 9: Premium Features: Wer knapp fünf Euro pro Monat investiert, bekommt den größeren Premium-Funktionsumfang von XING (Stand 9.11.2009). Unter anderem sieht er dann eine lange Liste, wer sein Profil besucht hat. Das ist natürlich gut zum Anbandeln: War ein netter oder interessanter Besucher auf meinem XING-Profil? Dann kann ich ja mal schüchtern antworten: Danke für den Besuch, ich würde mich freuen in Kontakt zu bleiben, wenn Sie mögen, und schon wächst das Netzwerk weiter, wenn der andere zustimmt. Ich nutze diese Funktion noch nicht, weil ich noch kein Premium-Mitglied bin. Ich sehe als Basis-Mitglied in der Regel nur die letzten paar Besucher als Mini-Foto, aber ohne deren Namen (Stand 11/2009). Ich kenne die Premium-Funktionen aber, weil ich im Mai 2007 von einem Freund zu XING eingeladen wurde. Als Dankeschön bekam ich die Premium-Dienste im ersten Monat von XING spendiert und habe sie unverbindlich ausprobieren können.

 

Nachteile: Im Vergleich zu Facebook wirkt XING eher trocken. Das ist aber okay. Für kostenfreie Basis-Mitglieder sind außerdem die Mail- und Suchfunktionen von XING stark eingeschränkt. Das ist sicher so gewollt, damit die Leute einen Grund haben, zahlendes Premium-Mitglied bei XING zu werden. Wer global denkt, merkt aber schnell: In Germany ist XING sehr verbreitet, aber der Rest der Business-Welt ist eher via LinkedIn vernetzt, oder via Facebook.

 

Cross-Media: Einige XING-Freunde senden ständig Kurznachrichten von ihren smarten Handys an ihre 500 bis 1.000 XING-Kontakte: Manche senden ihre geistigen Ergüsse direkt an XING, andere senden via Twitter an XING: „Mein Hund hat heute Fieber, Steckdose im ICE unter meinem Sitz heute defekt, XY-Konferenz in Berlin nur noch 3 Plätze frei, Mein neues Buch geht in die dritte Auflage, Fliege morgen für eine Woche nach New York“. Okay, danke für die präzisen Angaben, dann kann der Einbrecher daheim in Germany ja übermorgen in Ruhe die Wohnung ausräumen. Ich freue mich über alle Statusmeldungen, bin aber selber mit solchen Statusmeldungen noch etwas zurückhaltend, weil ich meine XING-Kontakte lieber dreimal zu wenig als einmal zu viel mit meinen Banalitäten nerven möchte. Manche sagen aber, diese Bagatellmeldungen schaffen Behaglichkeit und menschliche Wärme in den sozialen Netzen. Da ist was dran. Außerdem kann man sich leichter mit Leuten verabreden, wenn man dank deren Kurzmeldungen immer weiß, in welcher Stadt, auf welchem Event, die sich gerade aufhalten.

 

Kosten: Die Basismitgliedschaft in XING ist kostenlos: Sie können sich selber anmelden, oder sich eine Einladung von einem XING-Mitglied zusenden lassen. Die Premium-Mitgliedschaft beginnt bei 4,95 Euro pro Monat, Stand 9.11.2009.

 

Datenschutz: Ich gehe grundsätzlich nie davon aus, dass irgendein soziales Netzwerk im Internet sicher ist und stelle deshalb nichts ins Web, was ich später einmal bereuen könnte. Ich empfehle auch meinen jüngeren Freunden, keine wilden Partys und keine Saufgelagen ins Internet zu posten. Ansonsten schreibt XING zu diesem Thema: "Die Benutzung der Plattform erfolgt über eine sichere 128-Bit-SSL-Verschlüsselung. XING behandelt alle Nutzerdaten streng vertraulich gemäß den strikten europäischen Datenschutzrichtlinien und garantiert, diese nicht an Dritte weiterzugeben". Zitat Ende. (Stand 9.11.2009).

 

Fazit: Wenn mein bester Freund mich fragt, ob ich XING empfehlen kann, sage ich ihm ohne Zögern: Ja! Aber möglichst gleich vom ersten Tage an mit einem netten und halbwegs zutreffenden Foto.