LTE 2600: Voice-over-IP-TEST bei Nokia Siemens Ulm

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Ulm, 24. März 2010: Kommerzielle LTE-Handys für die IP-Telefonie over LTE werden nicht vor 2011 erwartet: Aber starke Laptops können schon seit Frühling 2010 über den brandneuen LTE-Voice-over-IP-Standard telefonieren. Kurzfassung auf CBS Interactive ZDNET.

 

 

NSN Forschungszentrum Ulm

 

Ulm, 24. März 2010: Nokia Siemens Networks, kurz NSN, zeigte technisch motivierten Journalisten im global zentralen Ulmer Forschungszentrum eine LTE Infrastruktur mit Radio Access und Core Network Elementen, ein paar LTE-Daten-Calls auf 800 MHz via Koaxial-Kabel, ein paar echte LTE-Live-Daten-Calls auf 2,6 GHz über die Luft und ebenfalls echte LTE-Live-Voice-Calls auf 2,6 GHz over the Air.

 

In diesem TEIL-BERICHT vom Eselsberg geht es um LTE-Voice-Calls auf 2,6 GHz. Die wichtigsten Personen in den folgenden Gesprächen sind: Thorsten Robrecht, Head of LTE Product Management, Nokia Siemens Networks. Das ist der Mister LTE von NSN, der dieser Tage rund um den Globus zu großen Provider-Kunden und Interessenten der neuen LTE-Technik jetten darf, oder muss. Sowie mehrere NSN-Mitarbeiter an den Geräten, die uns Journalisten nicht namentlich vorgestellt wurden, und die ich deshalb pauschal mit NSN-Anonymus zitiere: Voila:

 

 

Photoquelle: Ausschnitt aus einem Pressefoto der Nokia Siemens Networks, Ulm, 24. März 2010.

 

Nach Ansprachen des Managements stehen wir im Innenhof, der schon von einem kommerziell finalen LTE-Mobilfunk-Netz auf einer Frequenz von 2,6 GHz bestrahlt wird. Ein NSN-Mitarbeiter steht mit seinem FSC-Fujitsu-Siemens-Laptop neben einem VW-Bus. Links ragt ein kommerzieller Samsung LTE-USB-Stick für das 2,6 GHz Frequenz-Band aus seinem Laptop heraus. Sein Head-Set mit Mikrofon und Kopfhörer steckt in der Audio-Buchse des Laptops. Auf seinem Bildschirm wartet eine Freeware-Telefonie-Software auf ihren Einsatz im LTE-Netzwerk. Gleich mutiert sein ganz normaler FSC-Laptop zu einem LTE-Voice-over-IP-Mobil-Telefon: Der NSN-Mann braucht nur noch einen Freiwilligen, der sich per LTE auf seinem Handy anrufen lässt.

 

Thorsten Robrecht, Head of LTE Product Management bei Nokia Siemens Networks, erklärt kurz ein paar Grundlagen: „Jetzt machen wir mal Voice over LTE, also die Voice-Applikation, die in Deutschland vermutlich noch im Jahre 2010 ausgerollt wird. Wir sind ja diejenigen, die den Standard für VOIP over LTE mit geformt haben, deshalb waren wir auch in der Lage, das bereits jetzt implementiert zu haben. Der Standard ist ja in Barcelona erst offiziell von der GSA verabschiedet worden, aber unsere Systeme sind jetzt schon komplett standard-konform. Die Besonderheit von NSN ist: Wenn der Netzbetreiber bereits ein Kernnetz von NSN hat, reicht ein Software-Upgrade von NSN, Fast-Track for VoLTE genannt, um Sprache und SMS standardkonform über LTE zu übertragen. Man kann mit dem heutigen Netz, das der Operator schon da stehen hat, inklusive Voice Gateway, komplett Voice over LTE machen. Wenn er volle Services bieten will, mit Multimedia-Services, dann muss er das Netz mit IMS zusätzlich aufrüsten, aber die Standard-Voice-Applikationen kann er dieses Jahr schon komplett machen, ohne gleich neue Hardware ins Netz zu bringen.

 

 

Delay beim Verbindungs-Aufbau

 

NSN-Anonymus: „Der Voice over IP Client läuft jetzt. Wenn Jemand von Ihnen mal über LTE-Call angerufen werden will? Hat Jemand grad seine Handy-Nummer im Kopf?“ Eine charmante Kollegin aus einem etablierten Funk-Medium nahe München traut sich zu Wort: “Die Nummer hätt ich schon im Kopf, aber ich hab mein Handy nicht dabei.“ Schließlich diktiert NSN-Presse-Sprecherin Christina Dinné dem LTE-Laptop-Forscher die Nummer Ihres schicken Nokia Handys frei aus dem Kopf heraus… „jetzt muss ich noch den Ton anstellen, So!“ Dazu erläutert NSN-Manager Thorsten Robrecht: „Das läuft jetzt über das echte Mobilfunknetz zu Frau Dinnés Handy.“ NSN-Anonymus: „Also einen Klingelton hör ich noch nicht…“ gespanntes Warten… NSN-Presse-Sprecherin Christina Dinné: „Hallo?“ NSN-Anonymus: “Hallo, ich kann Sie hören!“ NSN-Presse-Sprecherin Christina Dinné: „Wunderbar. Ich kann auch mal den Lautsprecher an machen.” NSN-Anonymus: „Man wird jetzt sicher einen Delay hören, denn die Decoder vom Voice over IP, vielleicht kennen Sie das ja auch vom VOIP zu Hause, da ist einfach ein Delay drin.“

 

Voice-Quality wie in der Geisterbahn

 

Frau Dinné reicht mir dankenswerter Weise Ihr Handy, und mein spontaner erster Eindruck lautet: „Das klingt ja wie daheim, auf meinem Voice-over-IP-Anschluss von 1&1“. Da freut sich der Forscher am LTE-Laptop: „Also das war jetzt ein Lob für uns?“ Karcher: „Na dann kennen Sie aber Voice over IP von 1&1 noch nicht…" 

 

 

Photoquelle: Ausschnitt aus einem Pressefoto der Nokia Siemens Networks, Ulm, 24. März 2010.

 

G.711-Telefonat mit 80 Kilobit

 

NSN-Manager Thorsten Robrecht: „Also wir waren jetzt über LTE ins kommerzielle Mobilfunknetz connected.“ NSN-Anonymus: „Das waren jetzt 80 Kilobit, das war ein ganz normales G.711-Telefonat. Wir laden jetzt ein YouTube Video aus dem normalen Internet. Genau wie der VOIP Call, der ging ja auch über das normale Internet.” Karcher: „Bei VOIP wissen sie vermutlich nie, wie viel von diesen Delays alleine schon im freien Internet entstehen?“ NSN-Anonymus: „Ja klar, bei LTE an sich haben wir ja Round-Trip-Zeiten von 20 Millisekunden. Also daher kommt das Delay sicher nicht!... Ich sehe immer noch meine 100 Megabit im Downlink…“ Karcher: „Hatten Sie diesen Power-Downstream beim LTE-Telefonat denn parallel am Laufen?“ NSN-Anonymus: „Jaja, das lief noch während dem Telefonat.“ NSN-Presse-Sprecherin Christina Dinné: „90 waren es gerade“. Karcher: „Sie meinen, da strömten 90 Megabit Daten pro Sekunde im Hintergrund auf den Laptop ein, als wir telefonierten?“ NSN-Anonymus: “Ja, ich denke, ich muss da unten mal Bescheid sagen, dass die das stoppen, sonst kriege ich ja keinen vernünftigen Durchsatz von YouTube her.“ Ein Fachjournalist fragt: „Haben Sie bei VOIP denn eine Priorisierung drauf?“

 

LTE-VoIP mit End-to-End-QoS

 

NSN-Manager Thorsten Robrecht: „Wir bieten in unserem System die Möglichkeit an, das Thema Telefonie mit einer gewissen Quality of Service zu priorisieren.“ Karcher: „Und hatten wir diese Quality of Service für Voice-Pakete denn jetzt gerade aktiviert bei unserem LTE-Telefonat?“ NSN-Manager Thorsten Robrecht: „Ja hier in unserem LTE-Netz ist doch die Bandbreite nicht das Problem.“ Karcher: „Hier im Hof vielleicht nicht, aber der Rest der Strecke?“ NSN-Manager Thorsten Robrecht: „Ja, genau. Bei QoS haben wir ja immer das Problem, wie sehr ist das immer auch End-to-End-QoS. Also in unserem Radio Network können wir dem Thema Voice schon volle Priorität geben, aber das geht dann ja noch über irgendein SIP-Gateway, und wie das dann dort gehandelt wird, das wird dann dort ja geshared mit anderen Voice Usern, die da noch ins Netz mit rein kommen.” Anmerkung: QoS ist eine Abkürzung für Quality of Service.

 

NSN-Anonymus: „Also jetzt sehen wir hier oben wieder den Throughput, und hier unten, wie das Video gestartet hat. Per Default ist das jetzt nur auf 480p eingestellt, das stellen wir jetzt mal um auf 1080 Zeilen, der streamt das jetzt aus dem Internet, und hier sehen wir, dass der Throughput jetzt auf circa 15 Megabit hoch geht. Der buffert jetzt aber, schneller als er es abspielt, und das beantwortet auch eine Frage von vorhin: Immer wenn der eine abspielt, dann buffert der Andere… und so weiter, so dass der Buffer immer gefüllt ist, und dann sieht man auch kein Ruckeln.”

 

Voice-over-100-Megabit...

 

Karcher: „Das heißt, solange man nur YouTube over LTE macht, und nicht über LTE telefonieren möchte, ist LTE ganz brauchbar?“ NSN-Anonymus: „Ich glaube, vorhin, da kam das Delay beim Telefonieren wohl dadurch, dass die LTE-Zelle schon am Anschlag war.“ Karcher: „Ja wäre die VOIP-Quality dann nicht viel besser, wenn Sie den Downstream einfach mal wegnehmen?“ NSN-Anonymus: „Wir können es ja nochmal probieren... Jaaaa, das ist jetzt aber eine ganze Ecke besser!” Karcher nimmt erneut Frau Dinnés Handy ans Ohr: „Sagen Sie doch noch mal etwas… Jaaa, das ist ja wesentlich besser. Viel besser! Und was ist jetzt anders? Haben Sie jetzt nur den 100-Megabit-Power-Downstream im Hintergrund abgeschaltet?“ NSN-Anonymus: „Ja, vorhin lief im Hintergrund ja noch der 100-Megabit-Downstream, und wie Sie vorhin gesehen haben: Wenn die LTE-Zelle mit 100 Megabit voll geladen ist, dann ist der Delay auf der Telefonie etwas größer. Jetzt hören Sie vielleicht noch 200 Millisekunden?” Karcher: „Nö, maximal 100 Millisekunden, eher sogar 50 Millisekunden, das ist ja viel viel besser als vorhin.“ Ein weiterer Kollege aus den Medien nimmt Frau Dinnés Handy ans Ohr: „Nee, es ist viel besser als vorhin!“ Karcher: „Jetzt ist es gut. Vorhin hat es geklungen wie Satelliten-Telefonie vor 20 Jahren.”

 

...nur noch kleine Knackser

 

Danach nimmt eine sehr charmante Kollegin aus einem etablierten TK-Fachblatt Frau Dinnés Handy ans Ohr: „Also kleine Knackser sind ja doch noch drin“. Karcher: „Das sind die paar Sprach-Fetzen, die über China laufen, die kommen nicht mehr schnell genug nach Ulm zurück“. NSN-Anonymus: „Wir nehmen jetzt im Bus ein zweites UE in Betrieb.“ Karcher: „Was ist ein UE?“ NSN-Anonymus: „Das ist ein User Equipment, ein Terminal. Ich hab jetzt einen Downstream gestartet, der hat so um die 15 Megabit”.

 

Ein lieber Kollege und langjähriger LAN-Experte aus dem schönen Chiemgau: „Und jetzt telefonieren wir noch mal?“ NSN-Anonymus: „Wenn Sie mögen… 017.…367… So jetzt klingelt es… Voll established… schwer zu sagen, wie viel Delay wir jetzt haben. Aber wenn man sich nicht sieht, fällt das auch weniger ins Gewicht.“ NSN-Manager Thorsten Robrecht: „Es gibt ja Operator im Ausland, die bieten verschiedene Tarife an, für Bronze, Silber und Gold User eben. Einem Business User mit Gold Status bieten die dann für - sagen wir mal - 80 Euro pro Monat auch wirklich eine garantierte Bandbreite an. Der Student User zahlt nur 15 Euro pro Monat, der kriegt dann immer das, was übrig bleibt. Trotzdem bleibt QoS ein schwieriges Thema im freien Internet, solange Sie keine dedizierten Leitungen haben.” Karcher: „Echtzeit-Telefonie können Sie halt nicht puffern wie ein YouTube-Video, da muss die Verbindung halt immer nonstop stabil bleiben.“ NSN-Anonymus: „Der Client, den wir benutzt haben, das ist halt Freeware, der macht ein ganz einfaches Coding, einfach 80 Kilobit, und jeder Provider kann natürlich andere Produkte einsetzen, und mehr Bandbreite spendieren, für seinen Voice-over-IP-Dienst. Dann wird die Qualität natürlich besser. Der könnte auch ein eigenes Backbone haben, dann muss er VoIP nicht über das offene Internet laufen lassen.” PS: Laut Foto des dpa-Fotografen wurde auf dem Laptop in Ulm vermutlich die Telefonie-Software X-Lite von CounterPath verwendet.

 

 

Fazit: Hart aber Fair...

 

Die Voice-over-IP-Calls zwischen einem 2,6-GHz-LTE-Laptop und einem 2,1-GHz-UMTS-Handy klangen im ersten Anlauf grausam, mit Echo, Hall und Klirren, wie eine Mischung aus Geisterbahn und Satelliten-Telefonie vor 20 Jahren. Gefühlte Audio-Delays: Mehr als 300 Millisekunden. Der Grund: Parallel zum Telefonat strömte auch noch ein 100-Megabit-Power-Dauer-Downstream über LTE auf den Laptop herab. Damit waren der Laptop, oder die LTE-Funkzelle, oder Beide an ihren Grenzen. Im zweiten Versuch lief nur ein einziges Voice-Telefonat über das rasante 100-Megabit-LTE-Netz. Da klangen die Stimmen sehr klar und die gefühlten Audio-Delays lagen unterhalb von 100 Millisekunden.

 

 

...Kommentar von NSN

 

Daniela Ridder, NSN-Pressesprecherin, 2010-04-29: „Netzbetreiber werden mit LTE hochqualitative Sprachqualität anbieten können. Was wir am Eselsberg sehen konnten, war eine Demonstration, wie ein beliebiger VoIP Service über LTE funktionieren kann. Aber natürlich arbeitet NSN an hochqualitativem Sprachservice über LTE und hat dies auch schon bei der CTIA Ende März 2010 erfolgreich gezeigt“.

 

 

Alternative Anbieter

 

Neben Nokia Siemens Networks, kurz NSN, gibt es weitere bedeutende LTE-Mobilfunk-Lieferanten, wie Alcatel-Lucent, Ericsson, Huawei, Motorola, NEC und ZTE.

 

 

Literatur, Further Reading

 

Oliver Helmstädter: Die Überflieger vom Eselsberg, Neu-Ulmer Zeitung, 24. März 2010

 

Oliver Helmstädter: Der drahtlose Turbo: Das mobile Internet von morgen, Augsburger Allgemeine, 25. März 2010

 

Joachim Hofer: Scharfe Filme für Smartphone und Notebook, Handelsblatt, 8. April 2010

 

Harald Karcher: LTE im Praxistest: Mobil surfen mit 80 Megabit, CBS Interactive ZDNet.de, 28. April 2010

 

 

Quellen, Credits, Sources

 

Fremde Fotos: dpa-Fotograf im Auftrag von Nokia Siemens Network.

Eigene Fotos: Wegen Fotografierverbot waren keine eigenen Fotos möglich.

Grafiken: Nokia Siemens Networks, Thorsten Robrecht.

Text: Dr. Harald Karcher und die O-Töne der Zitierten.