LTE von Vodafone: Händler müssen LTE-800 anschieben

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München, 12. Februar 2011: Ganz still und heimlich baut Vodafone schon seit Dezember 2010 das kommerzielle LTE-800-Angebot auf dem flachen Lande aus. Somit könnten sich internet-verwaiste Landbewohner nun endlich ein rasantes LTE-Gerät samt LTE-Vertrag beim Händler auf dem Dorfe holen. Doch manch ein Händler muss erst noch in vielen Dorfgasthöfen missionieren, bevor ihm LTE 800 so richtig aus der Hand gerissen wird.

LTE bringt ganz rasantes High-Speed-Internet in bislang schlecht versorgte Landgebiete. Doch bevor die LTE-Nachfrage so richtig abhebt, müssen die Händler offenbar noch kräftig anschieben, genau wie hier die Techniker zu Zeiten des UMTS-Rollouts den Herrn Michael Schumacher erst mal aus der Box schieben mussten, bevor er voll aufs Gaspedal seines Ferrari treten konnte. Foto Harald Karcher.

 

Ein paar Millionen Haushalte in Deutschland haben ja noch immer einen schrecklich lahmen Internetzugang, weit unterhalb von 1 Mbps Downstream-Durchsatz. Viele dürfen sich in jenen weißen Breitband-Flecken schon glücklich schätzen, wenn sie über DSL-Light mit 0,384 Mbps oder per EDGE-Mobilfunk mit 0,2 Mbps in das Internet kommen. Einige haben nur ISDN mit 0,064 Mbps. Andere haben noch weniger. An derart schwachen Internet-Anschlüssen machen E-Mail, E-Shopping, YouTube oder FaceBook wenig Freude. Die Gefahr ist also groß, dass junge und mobile Menschen schon deshalb das Landleben verlassen und in die Städte flüchten. Wer als junger Mensch voll am Leben teilhaben will, braucht inzwischen mehrmals täglich einen FaceBook-Zugriff, sonst ist er von wichtigen Informationen aus dem Freundeskreis weitgehend abgeschnitten. Oder platt gesagt: „Dann kriegst Du nichts mehr mit und lebst bald nur noch hinter dem Mond“.

 

Wer also den Menschen auf dem Lande in dieser Not-Situation als erster Anbieter ein halbwegs flüssiges Internet anbieten kann, hat sie schon mal für die nächsten paar Jahre, vielleicht sogar für immer, als treue Kunden gewonnen, sollte man meinen. Denn wenn der erste Provider bereits einen LTE-Vertrag mit Privathaushalten und kleinen Firmen abgeschlossen hat, dann kommt der zweite LTE-Provider doch schon zu spät. Denn viele Kunden brauchen halt nur einen einzigen, leistungsfähigen Internet-Zugang, etwa in Form eines einzigen LTE-to-WLAN-Routers, der das ganze Haus, oder die kleine Firma, oder Beides unter einem Dach, mit Internet aus der Luft versorgt. Diesen ersten LTE-Vertrag kann doch nur einer abschließen. Und dieser EINE ist derzeit offenbar nur Vodafone, kurz VF.

 

Die Deutsche Telekom will LTE ja erst im April 2011 kommerziell starten. O2 Germany hat die Journalisten zwar schon am 16.12.2010 mit rasanten LTE-2600-Live-Demos in München bis 100 Mbps und mit ebenso eindrucksvollen LTE-800-Live-Demos in Forsting, out of Ebersberg, mit bis zu 50 Mbps Downstreams beeindruckt. Zudem wurden an jenem 16.12.2010 sehr überzeugende Videokonferenzen in die weiteren O2-LTE-Test-Netze nach Halle und nach Teutschenthal geschaltet. O2 bietet den rasanten LTE-Zugang bislang aber nur für handverlesene Friendly User in den O2-LTE-Testgebieten an, also noch ohne finale Vertragsbindung. Das kommerzielle LTE-Angebot von O2 soll erst im Sommer 2011 folgen. E-Plus indes bietet bis auf weiteres überhaupt kein LTE an.

 

Während O2 Germany den ernsthaft interessierten ITK-Fachjournalisten also einen wahren PR-Paukenschlag mitsamt eigenen LTE-Testmöglichkeiten direkt vor der Münchner Haustüre bietet, komme ich bei Vodafone in Sachen LTE nur mit großem Aufwand, sprich bislang überhaupt nicht, an derart empirische, eigene Test-Erfahrungen. So kommt es, dass ich schon über ein halbes Dutzend Tatsachen-Berichte über LTE von O2 veröffentlichen konnte, und quasi fast noch gar nichts über LTE von Vodafone. Diese einseitige Berichterstattung zugunsten von O2 hat auch schon zu Nachfragen seitens meiner Leser geführt. 

 

Also habe ich mich nun ersatzweise mehrfach zu Personen auf dem Lande hindurch telefoniert, die echte Praxis-Erfahrung mit LTE von Vodafone aus den Regionen Bayreuth, Coburg, Hof und Kronach haben, aber nicht offiziell zitiert werden wollen, was ich verstehe und respektiere. Deshalb klingen die folgenden Infos etwas gestelzt und anonymisiert. Ich erhebe auch keinen Anspruch, dass sie repräsentativ für LTE von Vodafone sind: Voila: Die ersten kommerziellen LTE-Endgeräte kamen offenbar so gegen 10. Dezember 2010 bei den ersten Händlern an: Es handelt sich laut Auskunft um einen LTE-800-to-WLAN-Router namens Vodafone B1000 von Huawei und einen LTE-800-USB-Stick von Samsung.

 

Meine Informanten haben offenbar bis zum Redaktionsschluss (RS) am 10. Februar 2011 niemals mehr als 22 Mbps an Downstream-Durchsatz live aus dem VF-LTE-Netz bekommen. Diese 22 Megabit kommen zwar tatsächlich sehr stabil und konstant, aber meine Informanten verstehen nicht ganz, warum sie bislang nirgends die vollen 50 Mbps bekommen, wie das von Vodafone-Technikern vor Ort bei den potenziellen Kunden offenbar auch kommuniziert wird. Man fragt sich dort, ob die Begrenzung auf 22 Mbps eher aus dem LTE-Funknetz, oder eher aus der Festnetz-Anbindung der Basisstation herrührt? Oder ob Vodafone den Durchsatz eventuell sogar künstlich auf 22 Mbps begrenzt? Was ja denkbar wäre, denn ein Redner der Deutschen Telekom hat bereits auf der CeBIT Preview in München am 19.01.2011 verkündet, dass man den LTE-Durchsatz auf 3 Mbps pro Kunde begrenzen wird, obwohl rein technisch ja die vollen 50 Mbps mit dem ersteigerten Frequenzbereich von 10 MHz auf dem Lande möglich wären.

 

LTE-Huawei-Router besser als LTE-Samsung-Stick?

 

Meine Informanten haben mit dem derzeitigen Huawei-Router offenbar wesentlich bessere Erfahrungen als mit dem derzeitigen Samsung-Stick gemacht. Wenn der Router direkt an einem Fenster in Richtung LTE-Basisstation stehe, sei der Vorteil ja leicht erklärlich. Doch auch in der Mitte eines Gebäudes spendiere der Huawei-Router meist schnellere und stabilere Internet-Verbindungen als der Samsung-Stick, sagen meine Informanten. Im besten Falle haben die Installations-Kundigen in einer Entfernung von 15 km von einer LTE-Basisstation immer noch 8 Mbps Dauer-Downstream aus einem Huawei-Router bekommen, und zwar sogar ohne extern angeschlossene LTE-Router-Antennen. Das klingt nicht schlecht.

 

In schwierigen Empfangs-Situationen schrauben meine Informanten vor Ort offenbar zwei Yagi-Antennen an den Huawei-Router. Man bekommt sie schon ab 60 Euro pro Stück, etwa bei Conrad Elektronik. Diese günstigen Vielzweck-Antennen seien momentan aber noch sehr breitbandig ausgerichtet, also noch nicht speziell auf LTE-800 optimiert. Die Ausrichtung auf die LTE-Basisstationen sei momentan noch etwas diffizil, denn sie sollte möglichst auf circa zwei Grad genau stimmen. Man denke daher über die Anschaffung von GPS-Peilsendern nach, denn der jeweilige Standort der LTE Basisstationen werde den Installateuren seitens Vodafone ja ohnehin genau bekannt gegeben.

 

LTE-800-Privatkunden skeptisch

 

LTE wird meinen Informanten auf dem internet-verwaisten Lande offenbar nicht aus der Hand gerissen: Es kommt demnach nur äußerst selten vor, dass potenzielle Kunden in ein Geschäft kommen und LTE von selber aktiv kaufen wollen. Man müsse vielmehr Veranstaltungen in den betroffenen, Internet-armen Gemeinden vor Ort durchziehen, etwa in ruhigen Neben-Zimmern von Dorf-Gasthäusern. Zu solchen Veranstaltungen kämen in der Regel dann 10-20 Leute, manchmal auch nur ein bis zwei, und wenn es ganz toll läuft kommen auch mal 30 Personen. Wenn davon dann 10 Personen einen LTE Vertrag abschließen, dann sei das schon ein sehr gutes Ergebnis.

Man fragt sich also dort wie hier, warum die Leute aus den betroffenen Gemeinden trotz extrem schlechter Internetanbindung von 0,0 bis 0,3 Mbps den LTE-Händlern nicht von selber aktiv die Bude einrennen. Nun denn: Einige haben offenbar eine diffuse Angst vor der Funkstrahlung, einige sorgen sich, dass so ein Internet per Funk nicht stabil genug verfügbar sei, und einigen ist das LTE Angebot von Vodafone schlichtweg zu teuer. Eine LTE-Flat mit 10 GB Inklusiv-Volumen und einem Speed-Limit von 7,2 Mbps DL kostete bei VF per RS nämlich 39,99 Euro pro Monat. 15 GB mit Deckelung bei 21,6 Mbps DL kosten 49,99 Euro, und 30 GB mit Speedlimits von 50 Mbps im DL und 10 Mbps im UL kosten 69,99 Euro pro Monat. Bei allen drei Tarifen kommt eine einmalige Anschlussgebühr von 24,99 Euro dazu.

 

Viele potenzielle LTE-Kunden auf dem Lande sind also offenbar sehr skeptisch. Die meisten, die dort wohnen, seien eben keine ausgesprochen Technologie-affinen Trendsetter, sagt eine ortskundige Person aus den besonders weißen Breitband-Flecken. Aber auch wenn die Leute dann endlich einen Vertrag und ein Endgerät für LTE in der Hand haben, komme es bei den Kunden ganz oft zu technischen Problemen. Das liege in der Regel aber weder am LTE-Netz noch an den LTE-Endgeräten von Vodafone, sondern an der sehr geringen PC-Erfahrung der Kunden. Oft seien die Rechner der Kunden softwaremäßig verkorkst und veraltet, oder die Kunden seien einfach nicht in der Lage, einen USB-Stick selber an einem Laptop zu installieren.

 

LTE-Firmenkunden wollen Fix-IP-Adresse

 

Sogar größere Firmenkunden seien oft skeptisch, ob eine Internet-Versorgung über die Funkstrecke auch wirklich nonstop rund um die Uhr zuverlässig funktioniert. Andere stören sich an der Volumenbegrenzung, weil sie für ihre Firma keine 30 GB, sondern eher 300 GB pro Monat an Datenvolumen brauchen, es dafür aber offenbar noch keinen passenden LTE-Vertrag von Vodafone gibt. Es sei denn, man kauft gleich zehn LTE-Verträge zu je 30 GB. Wieder andere brauchen eine feste IP-Adresse, was der Händler dem Kunden mit einem LTE Vertrag aber in aller Regel ebenfalls nicht bieten und nicht garantieren könne.

 

Kleine Firmen dagegen könnten zwar auch ohne feste IP-Adresse und mit dem begrenzten LTE-Flatrate-Kontingent von 10, 15 oder 30 GB klar kommen. Sie haben aber grundsätzlich oft die gleichen Bedenken und Installations-Probleme wie Privatkunden. Siehe oben.

Update 21. Februar 2011 10:55: Email von Helmut Aubermann, mdex GmbH, Bäckerbarg 6, 22889 Tangstedt: „…bin beim googlen auf Ihre Seite gestossen. Sehr informativ und gut gemacht! Feste IP Adressen für LTE gibt es hier: http://www.mdex.de/produkte/publicip/. Es ist ein kostenloser Test innerhalb von 30 Tagen möglich." Zitat Ende.

 

LTE-Stick für den Bürgermeister

 

Vodafone hat offenbar in etlichen Dörfern und Gemeinden schon ein kommerziell voll funktionierendes LTE-Netz. Offenbar bekommen die Bürgermeister der LTE-erschlossenen Gemeinden nicht selten gratis einen LTE-Test-Stick samt LTE-Test-SIM, damit sie sich selbst und ihre Gemeinde-Bürger besser vom Segen der neuen LTE-Funktechnik überzeugen können. Offenbar liegen just den gleichen VF-LTE-versorgten Bürgermeistern inzwischen aber auch schon Anschreiben von O2 Germany vor, die avisieren, dass auch O2 derzeit ein interessantes LTE-Netz technisch aufbaut und im Laufe des Sommers 2011 ein kommerzielles LTE-Angebot eröffnen wird.

 

Da der LTE-800-Absatz auf dem Lande offenbar doch nicht so ganz von selber ohne jede Anschub-Mühe anspringt, ist es erstaunlich, dass Vodafone es den Journalisten bisher so schwer macht, LTE auch selber mal in einer echten Live-Umgebung zu testen und aus eigener Erfahrung darüber zu berichten. O2 Germany fährt eine völlig andere PR-Strategie und stellt der Presse ein LTE-Testnetz direkt vor die Nase, sprich in München, also genau dort, wo sowieso gefühlte 80% aller deutschen IT-Journalisten leben und arbeiten. Doch in den internet-verwaisten Dörfern könnten die dortigen Bürger und Bürgermeister die schönen LTE-Testberichte der Schreiberlinge dann ja sowieso nicht Online lesen, solange sie noch kein DSL und auch noch kein LTE haben. Und wenn sie dann erst einmal selber LTE haben, dann brauchen sie die LTE-Testberichte der Großstadt-Journalisten sowieso nicht mehr, denn dann hat sie ja der Händler vor Ort, oder der Bürgermeister, oder ein anderer lokaler Leithammel, sowieso schon ganz alleine überzeugt.

 

Hinzu kommt, dass momentan die Endgeräte für LTE noch extrem knapp und sehr schwer lieferbar sind. Auch unter diesem Aspekt wäre zu viel positive Presse für LTE momentan sogar schädlich, denn die dadurch generierte Nachfrage würde das Liefer-Problem bei den Endgeräten ja noch zusätzlich verschärfen.

Vermutlich läuft es auch bei LTE-800 auf dem Lande mal wieder wie mit fast jeder Innovation: Zuerst müssen ein paar Leithammel eine ganze Weile damit herum laufen, dann kommt nach anfänglicher Skepsis aber bald der Neid der Anderen, und danach springt der Karren eh von selber an. Und Vorsicht: Das hier Geschriebene bezieht sich nur auf LTE-800 auf dem flachen Lande in den extrem weißen Breitband-Flecken. Ich finde es auch gut und richtig, dass die LTE-Provider nun wirklich einmal eine neue Internet-Versorgungs-Technik zuerst in den Internet-ärmsten Gegenden ausrollen (müssen) und nicht in den ohnehin schon gut versorgten Großstädten damit anfangen (dürfen). 

Wenn später dann auch LTE-2600 in den Großstädten kommt, dann werden sich dort sicher sowieso ganz viele Innovatoren, Trendsetter und frühe Nachahmer ganz schnell darauf stürzen. Auch ich freue mich schon präventiv auf meine ersten, eigenen, komplett unbeaufsichtigten LTE-Tests in einer echten Vodafone-Funkzelle: Das kann auch nicht mehr ewig dauern.

Text: Dr. Harald Karcher, 12. Februar 2011