LTE von o2: Interview mit Marcus Thurand

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München, 25. Februar 2011: Welche Erkenntnisse zieht o2 aus den LTE Friendly User Trials in München, Ebersberg, Halle, Teutschenthal? Wann startet o2 das kommerzielle LTE-Funknetz? Wo soll LTE 800 funken? Wo LTE 2600? Gibt es genug Endgeräte für Daten und für Sprache-over-LTE? Keiner weiß das besser als Marcus Thurand, Head of Mobile Access im Bereich Access & Transport von Telefónica O2 Germany.

 

Marcus Thurand, Head of Mobile Access im Bereich Access & Transport von Telefónica O2 Germany, auf dem Mobile World Congress 2011 in Barcelona. Foto o2 & Canon EOS 1000D, 2011-02-15, 16:23.

 

Harald Karcher: Herr Thurand, Ihre Firma ersteigerte im Mai 2010 ein enormes Frequenz-Spektrum von fast 100 Megahertz für 1,4 Milliarden Euro. Mit allen Chancen für ein superschnelles Netz, aber auch mit der Verpflichtung, zuerst das flache Land mit mobilem Breitband zu versorgen. In welchen Stufen wollen Sie das deutsche LTE-Netz denn jetzt konkret ausrollen?

 

Marcus Thurand: Bereits im August 2010 startete o2 den Aufbau der beiden LTE-Pilotnetze mit jeweils ungefähr 20 Sites in München und in Halle. Diese Pilotnetze dienen zur Verifizierung der LTE-Eigenschaften in einer Life-Umgebung mit Friendly Usern als Nutzern. Doch auch den Aufbau seiner Netze für die kommerzielle LTE-Nutzung hat o2 bereits zu Beginn dieses Jahres 2011 gestartet. Die Einführung von o2 LTE-Produkten für Endkunden ist bereits für das erste Halbjahr 2011 geplant. Zuerst versorgen wir ländliche Gebiete wie beispielsweise Klein Wanzleben und Alsleben in Sachsen-Anhalt sowie weitere Orte mit der neuen Funktechnik. o2 unterstützt damit die Breitband-Initiative der Bundesregierung, die ländlichen Gebiete mit schnellen Internetzugängen auszustatten. Die Erschließung dieser weißen Flecken ist aber nur der erste Schritt. Sobald die Auflagen der Bundesnetzagentur erfüllt sind, werden wir LTE 800 auch in den Städten anbieten. Schon in wenigen Monaten könnte es so weit sein.

 

Harald Karcher: Für die neue Funktechnik sollen zwei verschiedene Frequenzen genutzt werden. Wo setzt man LTE 800 ein? Und wo LTE 2600?

 

Marcus Thurand: Die Frequenzen bei 800 Megahertz werden zunächst nur in den sogenannten White Spots genutzt, bis die entsprechenden Lizenzauflagen erfüllt sind. Danach wird der Roll-Out bedarfsgerecht in den übrigen Gebieten erfolgen. Die Frequenzen bei 2,6 Gigahertz dagegen werden zunächst in den sogenannten Daten-Hot-Spots wie etwa Flughäfen und Bahnhöfe verwendet, in denen es einen erhöhten Bedarf an mobiler Breitband-Nutzung gibt. Nach Erfüllung der Lizenzauflagen wird 800 Megahertz auch in Städten zur Versorgung mit LTE innerhalb von Gebäuden eingesetzt und 2,6 Gigahertz zur Versorgung von Datenhotspots mit einem erhöhten Kapazitäts- und Durchsatzbedarf.

 

Harald Karcher: Haben Sie schon Erkenntnisse aus Ihren Friendly User Trials?

 

Marcus Thurand: Die ersten Wochen des Friendly User Trials waren für uns sehr aufregend und wir haben unglaublich viele Daten gesammelt, die wir zur Zeit noch auswerten. Allerdings zeichnet sich schon das eine oder andere Ergebnis ab. So haben wir festgestellt, dass der Nutzer zu Anfang sehr große Downloads startet, um einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit von LTE zu bekommen. Danach fällt er dann in ein normales Nutzungsschema zurück. Die bisherigen Tests im Netz bestätigen unsere Erwartungen an das Potential von LTE, aber wir haben auch noch ein bisschen zu tun, um unseren Kunden das perfekte LTE-Erlebnis zu präsentieren. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, jeden Tag besser zu werden und der Friendly User Trial hilft uns dabei enorm.

 

Harald Karcher: Wie man hört, gibt es noch wenig finale Endgeräte für Daten over LTE?

 

Marcus Thurand: LTE-Daten-Dongles für 2,6 Gigahertz und 800 Megahertz sind bereits kommerziell erhältlich. LTE-to-WLAN-Router für 800 Megahertz und für 2,6 Gigahertz stehen bisher nur als Vorserienmodelle zur Verfügung. Kommerziell verfügbar sind diese LTE-to-WLAN-Router wohl frühestens im zweiten Quartal 2011. LTE-Laptops mit einem fest eingebauten LTE-Funk-Modul sind uns überhaupt noch nicht bekannt.

 

Harald Karcher: Und wann kommen Endgeräte für Sprache over LTE?

 

Marcus Thurand: Noch in diesem Jahr. Bei LTE muss die Sprachkommunikation mit Voice over IP, also mit VoIP, realisiert werden. Daher gelten sehr ähnliche Zusammenhänge wie beim Telefonieren über DSL, sodass unsere DSL-Serviceplattform auch für LTE eingesetzt werden kann. Dies bietet nicht nur Vorteile wegen der einheitlichen und wiederverwendbaren Netzwerktechnik, sondern auch im Hinblick auf kommende konvergente Dienste zeichnet sich ein enormes Potential ab, das wir nutzen wollen. Als Netzbetreiber können wir natürlich einen hochwertigen Sprachdienst anbieten. Gerade bei der Dienstgüte werden wir uns von anderen Voice-over-Internet-Anbietern unterscheiden. Aktuell arbeiten wir an der Erweiterung unserer beschriebenen IP-Serviceplattform, um noch 2011 in Gebieten ohne DSL neben Daten- auch Sprachdienste über LTE anzubieten. Noch 2011 werden wir die passenden Endgeräte dafür in die o2-Shops bringen. Eine VoIP-Unterstützung in Mobilfunktelefonen sehen wir für 2012 als realistisch an.

 

Harald Karcher: Werden Sie Fallback-Mechanismen auf Voice over GSM und Voive over UMTS einbauen?

 

Markus Thurand: Beide Fallbackvarianten existieren bereits in der Spezifikation und werden nächstes Jahr in den Systemtechniken zur Verfügung stehen. Weil es bisher aber noch keine LTE-Mobiltelefone in Deutschland gibt, konnten auch keine Interoperabilitätstests durchgeführt werden. Diese Fallbacks für einen kommerziellen Sprachdienst werden voraussichtlich erst 2012 technisch möglich sein. Allerdings gibt es auch andere Standards, die ein Fallback überflüssig machen.

 

Harald Karcher: Und wie läuft es mit LTE in anderen Ländern der Welt?

 

Marcus Thurand: In der Telefónica-Gruppe ist Deutschland das erste Land mit einem passenden Funkspektrum für LTE. In den kommenden Monaten und Jahren wird es aber weitere Frequenzversteigerungen in anderen Ländern geben. In Europa werden voraussichtlich 800 Megahertz und 2,6 Gigahertz einheitlich für LTE vergeben. In einigen Ländern Lateinamerikas kommen, wie in den USA, die Frequenzen bei 700 Megahertz zum Einsatz sowie auch 2,6 Gigahertz. Das Bild in China und Indien ist noch nicht so klar. Dort erwarten wir einen stärkeren Fokus auf LTE-TDD, während in Europa und den USA eher LTE-FDD bevorzugt wird.

 

Harald Karcher: Werden die Menschen in den weißen Breitband-Flecken das rasante Internet aus der Luft denn genau so begeistert aufnehmen, wie die Smartphone-Trendsetter in den großen Städten?

 

Marcus Thurand: Das werden wir sehen. Ich bin mir sicher, dass vor allem junge Nutzer sehr interessiert sind. Wer LTE einmal ausprobiert hat, will danach meistens nichts anderes mehr nutzen. Das zeigen unsere Friendly User Trials. Einen schnellen Internet-Anschluss will heute jeder haben, dazu muss man kein Trendsetter sein.

 

Harald Karcher: LTE bringt hohe Bandbreiten über Funk. Welche Vorteile bietet der UMTS-Nachfolger noch?

 

Marcus Thurand: LTE bringt auch extrem geringe Latenzzeiten. Die neuen Netze bieten höchste Übertragungsleistungen und sind dennoch mobil nutzbar. Unseren Kunden eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten, wie Online-Spiele oder Videokonferenzen, für die bisher immer ein DSL-Anschluss nötig war. Außerdem eröffnet LTE gleichzeitig stationäre, nomadische und mobile Anwendungsformen in einem einzigen Netz. Dadurch können wir neue konvergente Dienste anbieten, die verschiedene Aspekte des bisherigen Festnetzes und des Mobilfunks kombinieren.

 

Harald Karcher: Vielen Dank für das Interview, Herr Thurand.