FAQ

Im Juli 2023 werde ich mich bzw. meine Arbeit als Künstler in Kassel im Kulturzentrum Schlachthof beim Zeichenclub vorstellen. Dann wird natürlich auch gemeinsam gezeichnet. Um mich darauf vorzubereiten, habe ich die Community auf Facebook und Instagram gefragt: "Wenn ihr dabei sein könntet, was würde euch interessieren, was sollte ich zeigen und erzählen? Was würdet ihr gerne wissen?" Hier sind einige der Fragen und meine Antworten: 

Wie kommst du auf diese abgefahrenen Ideen?

Meine eigene Idee dazu ist: Nicht ich komme auf die Ideen, sondern die Ideen kommen auf mich, sie "fallen" mir von irgendwo zu, deshalb werden sie ja oft auch Einfälle genannt :-) Wie das funktioniert, weiß ich nicht genau ...

Viele Ideen entstehen durch äußere Einflüsse, manchmal durch Zufall.

Ein Beispiel: Vor ein paar Tagen habe ich eine Zeichnung gemacht, auf der eine kopflose Figur mit einem Kittel zu sehen ist und darüber der Schriftzug "Ruhezone". Das war eigentlich gar keine Idee. Sondern das hat sich im Prinzip so ergeben: Ich habe vor längerer Zeit ein Foto gesehen, das mich angeschaut hat, auf dem eben eine Person mit so einem Kittel zu sehen war. Das war mir eine Skizze wert.

Aus irgendwelchen Gründen, die ich nicht mehr weiß, habe ich beim Zeichnen (ausnahmsweise) nicht mit dem Kopf angefangen, sondern mit dem Kittel und den Füßen. Als dann der Kopf "dran" war, habe ich kurz innegehalten und beschlossen, dass die Zeichnung so bereits ihren Witz hat und fertig ist. Diese Zeichnung (also ohne den Schriftzug) habe ich auch schon auf Insta und Facebook gepostet. 

Vor ein paar Tagen kam dann der Zufall ins Spiel. Wegen einer für den Sommer geplanten Ausstellung in Kassel im Hugenottenhaus, beschäftigt mich schon seit einiger Zeit der Begriff "Zone", da die Ausstellungsfläche in viele Zonen aufgeteilt ist. Seitdem schwirren mir immer wieder Wörter zu "Zone" durch den Kopf. Diesmal "Ruhezone". Das fand ich besonders schön. Um das Wort nicht zu vergessen, suchte ich sofort einen Block, um es aufzuschreiben. Als ich einen aufschlug und darin blätterte, sah ich die Kittelzeichnung ... und da war mir klar, was zu tun war.

Das Beispiel ist vielleicht etwas enttäuschend, aber das ist nicht ungewöhnlich :-) 

Welche Themen speisen Deine Arbeit? 

Ich zeichne fast immer realistisch, deshalb kann man wohl auch von "Themen" sprechen, obwohl ich mich ein wenig gegen diesen Begriff sträube, ohne genau erklären zu können, warum :-) Also, mein großes Thema ist der Mensch, das ist meiner Meinung nach sowieso das Thema der Kunst. Seit ein, zwei Jahren wird dies "flankiert" vom Thema "Natur", da ich seitdem regelmäßig in einer Zeichengruppe zeichne, die gemeinsam in der Natur (im weitesten Sinne) zeichnet.


Haben Sie ein Thema, vielleicht sogar ein Lieblingsthema? Und falls ja, warum dieses?

Hier dazu ein Text aus dem "Lager", den ich manchmal nutze, wenn ich meine Arbeit irgendwo kurz charakterisieren soll:

"Seit einigen Jahren widme ich mich als Künstler fast ausschließlich der Zeichnung. Ihr Gegenstand ist zumeist der Mensch: "Ein Zeichen sind wir, deutungslos." (Hölderlin)

Bilder und Gedanken, die mir in irgendeiner Weise zufliegen, sind in der Regel ihr Ausgangspunkt. Von da aus gehen die Blätter ihre eigenen Wege. Was geschieht, folgt, wenn es gelingt, der Eigenlogik des Bildes. Irgendetwas ist "da draußen", was aufs Papier drängt. Die Zeichnungen sind fertig, wenn sie etwas zeigen und erzählen, was sich nicht anders nacherzählen lässt. Die Idee der Poesie und der Schönheit sind ihr heimliches Gravitationszentrum."


Ihre Inspirationen, Ihr vielschichtiges Storytelling

Ich lese viel, vor allem philosophische Texte, und ich denke, das spiegelt sich in gewissem Maße in meiner Arbeit wider. Aber ich habe kein System. Glück und Zufall sind ein Teil davon.

Deine Methode finde ich sehr interessant. Was geht dir beim Auswählen, ausdenken und zeichnen deiner Motive durch den Kopf :)

Wie viele andere Künstlerinnen und Künstler sammle ich Fotos. Fotos, die mich irgendwie anschauen, die mir auffallen. Was geht mir durch den Kopf, wenn ich diese Bilder sehe? Eigentlich nichts, denn dann schaue ich mir ja diese Bilder an :-)

Wenn ich zeichne, bin ich meistens sehr fokussiert auf das, was ich gerade mache. Im Kopf passiert dann nicht viel, alles bewegt sich irgendwo zwischen dem, was ich gerade zeichne, dem Blatt, dem Stift, dem Arm und der Kunstgeschichte :-) Am Ende muss alles "stimmen". Die Schönheit ist wichtig, aber der "Inhalt", wenn man davon sprechen kann, muss auch einen gewissen Witz (man setze hier einen passenden Begriff ein) haben.

Wie "beendet" man eine Zeichnung? Ich meine, wann ist es genug, wann ist der Punkt erreicht, an dem man aufhören sollte? Für mich ist das immer noch am schwierigsten herauszufinden, und oft denke ich, dass ich die Arbeit "ruiniert" habe, weil ich zu früh aufhöre, weil ich Angst habe, sie zu zerstören, oder weil ich zu viel mache und es bereue. Was wäre Ihr Vorschlag oder Ratschlag?

Wann ein Werk fertig ist, ist eine der schwierigsten Fragen überhaupt, denke ich! Ich habe natürlich keine Regel dafür, es ist einfach das Gefühl, dass es fertig ist.  In ein paar Tagen oder Wochen kann es ganz anders aussehen. Ich arbeite oft an Zeichnungen weiter, von denen ich dachte, sie seien fertig.

Wo bist Du gerne zum Zeichnen? Welche Arbeitsbedingungen schätzt Du?

Da ich fast nur kleine Arbeiten mache, etwa A4, bin ich mit meinen Arbeitsbedingungen bescheiden - ich brauche nicht viel Platz. Ich schätze die Stille beim Zeichnen, ich kenne auch Leute, die gerne zu Musik zeichnen, aber das mache ich fast nie. Meistens zeichne ich für mich allein, aber in der Zeichengruppe mag ich es auch, wenn Kolleg:innen um mich herum sind - da kann man später über die Arbeiten reden.


Was können Deine Zeichnungen bewirken? 

Schwierige Frage! Ich finde es nicht schlecht, wenn Leute meine Zeichnungen anschauen, sie mögen und sich inspirieren lassen. Was die Zeichnungen angesichts der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, bewirken, kann ich nicht sagen, da ist Bescheidenheit angesagt. Aber ich glaube, wenn sich viele Künstlerinnen und Künstler einem Thema widmen, zum Beispiel der Natur, dann können sie gemeinsam etwas erreichen.


Wie empfindest Du selbst Deine Entwicklung als Zeichner?

Letztes Jahr hatte ich eine relativ große Einzelausstellung in Saarbrücken, wo ich als Kind und Jugendlicher viele Jahre verbracht habe. In diesem Zusammenhang habe ich viele ältere Arbeiten von mir wiedergesehen, die ich mit 17 oder 18 Jahren gemacht habe, und da gibt es durchaus eine Entwicklungslinie zu dem, was ich jetzt mache. Was hat sich verändert? Nach meinem eigenen Empfinden ist meine Arbeit in den letzten Jahren poetischer geworden. Aber das ist natürlich für mich selbst schwer zu sagen, das müssen andere beurteilen. 

In deinen Zeichnungen sehe ich oft Texte. Was inspiriert dich normalerweise dazu, Texte einzufügen? Und gibt es dabei irgendwelche Regeln, bewusst oder unbewusst? 

Vielleicht gibt es Regeln. Aber ich bin mir nicht sicher, welche. Wichtig ist mir, dass der Bezug zum Rest des Bildes nicht zu flach ist, sondern offen, vielleicht sogar irritierend oder witzig. Auf keinen Fall soll die Zeichnung eine Illustration des Textes sein. Nicht, dass ich etwas gegen Illustrationen hätte, aber für meine eigene Arbeit gehe ich einen anderen Weg. Fast immer (ich führe keine Statistik) entsteht zuerst die Zeichnung und dann der Text. Der Text - und das ist mir wichtig - ist in den meisten Fällen Teil des Bildes und nicht der Titel, auch wenn ich ihn manchmal als Titel verwende. 


Warum bist du Zeichner?  

Ich bin Zeichner, das gehört einfach zu mir, das habe ich mir nicht irgendwann ausgesucht, das liegt einfach in meiner Natur. 

Was möchtest Du "zeigen" und wie machst Du das?

In der Regel (es gibt natürlich immer Ausnahmen) möchte ich nichts Bestimmtes zeigen, sondern ich hoffe, dass sich mir beim Zeichnen selbst etwas zeigt. Wie mache ich das? Ein Aspekt des "Wie" ist, dass ich Bilder sammle, meistens Fotos, die mir irgendwie gefallen. Das sind für mich Ausgangspunkte, ich beginne mit dem Foto und hoffe, dass es mich irgendwohin führt. Wenn ich Glück habe, übernimmt irgendwann die Zeichnung die Führung und ich folge ihrer inneren Logik, d.h. ich schaue und zeichne und hoffe, dass sich der richtige Weg zeigt. 

Es gibt aber auch Zeichnungen, bei denen ich vorher eine gewisse Vorstellung habe, wie sie aussehen soll, das kommt auch vor :-)

Bist Du hauptberuflich Zeichner? Wieviel Zeit verbringst Du mit und für Deine Kunst? Du musst doch sicher auch viel Zeit damit verbringen, zu lesen...einiges aus Zeitgeschehen, Philosophie, Psychologie, und den Wissenschaften erscheint immer wieder in Deinen wunderbaren Zeichnungen. 

Ich bin von Beruf Zeichner und betrachte das auch als meinen Hauptberuf. Aber dazu brauche ich noch einen Brotberuf. Natürlich verbringe ich viel Zeit mit dem Zeichnen, irgendwie ist es immer präsent. Aber trotzdem schaffe ich es nicht jeden Tag zu zeichnen, ganz banal, weil ich abends oft müde bin :-) Außerdem bin ich noch in verschiedenen Initiativen tätig, zum Beispiel im Hugenottenhaus, einem Ausstellungsort in Kassel, und in der Produzentengalerie kunstbalkon in Kassel. Das ist natürlich auch sehr zeitaufwendig, wer das schon mal gemacht hat, weiß das :-)

Was arbeiten sie eigentlich tagsüber?

Mein Brotjob ist "Marketer". Dazu gehören Design, Social Media, Text, Video etc.