Poesie




Welches Tier, wenn nicht du ...

Welches Tier, wenn nicht du, verdient meine Kritik! Aus dem geringsten Anlass verfolgst du mich. Nicht wie der Straßenköter in Wadenhöhe, dass ich dich mit Tritten verscheuchen könnte. Nein, du lebst eine Handbreit entfernt von meinen Schultern im Wind der Haare, im Atem der Brust. Niemand hat dich je gesehen. Auch bellst du nicht, keiner dreht sich nach dir um, mein Freund Harvey. Einmal, vielleicht zweimal sind wir uns begegnet, das gibt dir nicht das Recht, mich zu belästigen! Was ist dein Ziel? Willst du mich mit Tingeltangel quälen? Oder bist du bloß auf der Suche nach einem Wirt? Du brauchst mich für deine eigene banale Existenz.

Immer wenn es hell wird ...

Immer wenn es hell wird und ich mich aus dem Schlafbaum löse und den großen Gesang hinter mir lasse, fliege ich zu der Birke vor deinem Steinbaum ohne Äste. Du lebst in dem Baumloch ohne Rundung. Ganz oben, obwohl du keine Flügel hast. Ich kenne dein schnabelloses Gesicht. Ich warte. Ich warte bis du aus der Höhlung kommst und auf dem flachen Ast erscheinst. Du krallst dich nicht fest und fällst doch nicht. Deine Augen stehen so eng, ob du mich sehen kannst?

Dann hebst du deinen Krallenflügel - er hat keine Federn - und wirfst drei goldene Nüsse ins Gras.

Ich stürze hinterher, will sie fangen in ihrer Bahn. Es gelingt nicht. Doch ich finde sie schnell. Denn sie schauen mich an aus dem feuchten Grün. Zwei kann ich tragen. Das ist nicht leicht. Ich fliege sie ins Versteck, hoch oben in einen anderen Steinbaum. Dorthin wo die Schnabellosen nie erscheinen. Dann kehre ich zurück, hämmere die letzte Nuss auf und esse die Kerne.

Morgen sehen wir uns wieder.


Immer

Immer ist dieses alte
Gesicht bei mir

Und schaut durch
Meine Augen

Beim Blick
In den Spiegel

Erschrickt
Es


Beim Rasieren

Beim Rasieren schaue ich
In den Spiegel und
Mein Opa sieht mich an

Ich muss ihm
Meine Hände zeigen
Von beiden Seiten

Er fragt mich
Ob ich noch zeichne
Ich nicke vorsichtig



WG

An: meine Wohngemeinschaft
Die ihr nicht mehr: lebt

Briefe: glücklich nicht gegangene Wege ...
Küchentische: Laute Biergespräche ...

Harald sang: alles Rhythmus!
Manfred malte: alles Schwarz!

Der Mond: ist eine alte Kartoffel
Wenn man ihn unterpflügt: keimt er?

Der Himmel schweigt

Die Vögel wissen nichts davon
Deine Brust hebt sich
Du bist da


Auf dem Balkon

Rechts Presslufthammer Basketball
Links Autorauschen
Hinter mir die Maschine
Im Handy bellt Trump Biden an

Nur aus dem Buch kommt etwas Stille ...


Niedrig auflösendes Gedicht

9 Zeilen
In 72 dpi
geschrieben

Niedrig
Aufgelöst
Hochgeladen

Nichts
Zu sehen
Für alle



Abzählreim

Ich muss sterben
Du darfst leben
Sie muss sterben
Er darf leben
Wir müssen sterben
Ihr dürft leben
Sie müssen sterben
Ich darf leben

Über ein ungenanntes Kunstwerk

Ich weiß wohl, was soll es bedeuten
ich kenne die ganze Geschicht',
die Glocken hör' ich laut läuten
und daher erreicht es mich nicht ...



Nur manchmal

Nur manchmal
Wenn du außer dir bist
Kommst du zu dir

Ich wache auf, steige aus dem Bett und suche mein Ohr, so wie ich sonst meine Pantoffeln suche. Ich gehe geduldig in jedes Zimmer, aber ich finde es nicht. Ich rufe nach ihm, aber es hört mich nicht...