TODESURSACHE

Schweizerisches rechtsmedizinisches Gutachten (2010) in der Kritik

Der Tod des Flüchtlings führte immerhin zu einem völligen Stop der Ausschaffungen auf Level IV. Zusammen mit dem Rechtsvertreter des Verstorbenen erhoben wir in einem viel beachteten Artikel in der Schweizerischen Aerztezeitung erhebliche Zweifel an den Argumenten der Staatsanwaltschaft (mehr...). Insbesondere wiesen wir die postulierte Todesursache einer hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) zurück.

Deutsches rechtsmedizinisches Gutachten (2011) in der Kritik

Im Auftrag der Staatsanwaltschaft und dank unserer Interventionen wurde ein weiteres, nun unabhängiges, deutsches Gutachten zur Todesursache verfasst. Dieses wies im Grundsatz die Todesursache einer HOCM ebenfalls zurück. Hingegen wurde eine im ersten rechts-medizinischen Gutachten nicht vorbeschriebene Erkrankung eines Herzgefässes (fibromuskuläre Dysplasie, FMD, eines Septalastes!) als Todesursache postuliert. Leider müssen wir auch hier unsere Kritik anbringen (mehr...).

Merkwürdige Widersprüche

Das rechtsmedizinische Gutachten 2010 behauptet, der Tod sei durch eine schwere Herzkrankheit (HCOM) verursacht worden.

Das rechtsmedizinische Gutachten 2011 behauptet, der Tod sei durch eine schwere Herzkrankheit (FMD) verursacht worden.

Medizinisch betrachtet handelt es sich um zwei völlig inkongruente Diagnosen. Damit ist bewiesen, dass sich die Gutachter weder betreffend Todesursache noch betreffend Schweregrad der Herzkrankheit einig sind.

Aus klinischer Sicht ist das Vorliegen einer schweren Herzkrankheit auch in Kenntnis der patho-anatomischen Befunde nicht erwiesen.

Tatsachen

Die beiden rechtsmedizinischen Gutachten vermuten als eigentliche Todesursachen zwei medizinisch nicht vereinbare Krankheiten (HOCM versus FMD) und widersprechen sich damit, entgegen den Verlautbarungen der Staatsanwaltschaft, in der grundsätzlich postulierten Todesursache.

Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft zum Zweitgutachten ist medizinisch-klinisch nicht angebracht und damit medizinisch unprofessionnel und letztlich irreführend (mehr...).

Diese medizinisch erwiesene Widersprüchlichkeit ist ein Beweis dafür, dass die Diagnose der Todesursache in diesem Fall nicht mit patho-anatomischen rechtsmedizinischen Methoden geklärt werden kann.

Neben der Rechtsmedizin existiert jedoch gleichberechtigt die klinische Medizin.

Die Umstände des Todes des Flüchtlings müssen aus Sicht des Klinikers kaum auf okkulte Herzkrankheiten zurückgeführt werden. Vielmehr weisen alle verfügbaren Indizien darauf hin, dass der äusserst geschwächte Flüchtling dem Stress des Ausschaffungsprozedere nicht gewachsen war.

Aufgrund der verfügbaren Informationen erlitt der Migrant anlässlich der Ausschaffung in sitzender Position an einen Rollstuhl gefesselt eine Synkope vasovagaler Genese. Wird der Migrant nicht sofort umgelagert (hochgelagerte Beine, Kopftieflage) kann die Folge bleibender Hirnschaden oder Tod lauten. Genau dies ist beim Migranten Alex Khemma geschehen (basierend auf den Einvernahmeprotokollen und den divergierenden Beurteilungen der Forensik).

Dass zudem während der Krise des Flüchtlings nicht einmal ein Arzt verfügbar war, beweist die unglaublich unprofessionellen Zustände der Ausschaffung dieses Flüchtlings auf dem Level IV.

Es kann nicht sein, dass die Schweiz Flüchtlinge mit medizinisch und ethisch nicht vertretbaren Ausschaffungen zu Tode bringt.