SICHERHEIT

Bericht des SEK zur Ausschaffungsflügen vom 12.03.2012

Der Bericht wirft zahlreiche Fragen auf, insbesondere erscheint medizinisch betrachtet die Sicherheit des Migranten nicht in ausreichender Weise gewährleistet. Mehr...

Offener Brief an BR S. Sommaruga

Wegen der schon aus medizinischen Gründen abzulehnenden Ausschaffung LEVEL IV richten wir einen offenen Brief an unsere Justizministerin Simonetta Sommaruga, den Sie unterzeichnen können. Mehr...

Medizinische Aspekte zur Gewährleistung der Ausschaffungssicherheit

Die aerztliche Begleitung einer Ausschaffung, mithin also die Übernahme der medizinischen Verantwortung durch den Arzt gegenüber dem Ausschaffungshäftling tangiert medizinische, ethische und rechtliche Aspekte.

Zwangsausschaffung

Hier geht es um das Problem der Zwangsausschaffung, welche per se mit der Anwendung von Gewalt gegenüber dem Auszuschaffenden verbunden ist.

Diese Gewaltanwendung kann für den Auszuschaffenden schwerwiegende gesundheitliche Folgen - psychisch und physisch - oder den Tod zur Folge haben.

Da in der Regel die Vollzugsbehörde von der Rechtsmässigkeit der Ausschaffung überzeugt ist, können renitente Auszuschaffende erhebliche Aggressionen beim Personal auslösen.

Das Bundesgesetz über die Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes äussert sich in Artikeln 27 zu „Rückführungen auf dem Luftweg“:

Art. 27 Vorbereitung von Rückführungen auf dem Luftweg

1. Die zwangsweise Rückführung von Personen auf dem Luftwege ist von den zuständigen Behörden jeweils aufgrund der konkreten Umstände vorzubereiten.

2. Die betroffenen Personen sind vorgängig zu orientieren und anzuhören, soweit der Vollzug selbst dadurch nicht in Frage gestellt wird; es ist ihnen insbesondere Gelegenheit zu geben, dringliche persönliche Angelegenheiten vor der Rückführung

zu erledigen oder erledigen zu lassen.

3. Eine betroffene Person ist vor Beginn des Transportes ärztlich zu untersuchen, wenn:

a. die betroffene Person dies verlangt;

b. Anzeichen für gesundheitliche Probleme feststellbar sind.

Artikel 27, Abs 3, belegt, dass die Erstehungsfähigkeit der Rückführung vom Zufall abhängig gemacht wird: wer soll den "Anzeichen für gesundheitliche Probleme" feststellen?

INSERT

Prävalenz psychischer Störungen bei sich illegal in der Schweiz aufhaltenden Personen in Auschaffungshaft und Validierung eines Screening Instrumentes

"Wenig ist bekannt zur Prävalenz psychischer Störungen bei Personen in sogenannter Ausschaffungshaft. Im Juni 2007 begannen wir eine Studie im Basler Ausschaffungsgefängnis mit folgenden Zielen: Erhebung der Prävalenz psychischer Störungen in Ausschaffungshaft und Kreuzvalidierung eines Screening Instruments mit 8 Fragen mit einem strukturierten diagnostischen Interview für ICD,, dem CIDI. Bis jetzt wurden 60 Insassen in die Studie eingeschlossen, erste Resultate wurden an der WHO - Europe Conference in Trençin und am DGPPN Kongress in Berlin 2007 präsentiert.

Kontakt: Dr. med. Peter Wermuth"

Link

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Hilfestellung in Notsituationen ungenügend

Treten beim Auszuschaffenden erhebliche gesundheitliche Störungen auf, kann schnell die Situation der Reanimationsbedürftigkeit entstehen.

Soweit bekannt, ist das Equipment betreffend Material und Personal in keinem Fall ausreichend - auch nicht aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen - eine lege artis Reanimation durchzuführen. Ob die Inanspruchnahme der Dienste der SOS-Aerzte hier ausreichend ist,

müsste durch eine unabhängige Begutachtung des Leistungsumfanges beurteilt werden. Auf der Homepage http://www.sos-aerzte.ch sind keine entsprechenden Einträge sichtbar. Aus ethisch-medizinischer Sicht muss jedoch eine Notsituation präventiv verhindert werden. Gewaltsame Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte des Flüchtlings sind nur bei Fremd- oder Selbstgefährdung statthaft. Ohnehin ist eine Zwangsausschaffung als psycho-physische Ausnahmesituation zu betrachten, welche per se eine lebensbedrohliche Stressreaktion zur Folge haben kann. Es ist deshalb auch zu fragen, wieweit die SOS-Aerzte Zwangshandlungen gegenüber dem Flüchtling selber vornehmen, beispielsweise die Injektion von Beruhigungsmitteln. Hier stellt sich somit die Frage, wie genau der Auftrag der Behörden and die SOS-Aerzte lautet und welche Grenzen in der Bewältigung dieses behördllichen Auftrages die Organisation SOS Aerzte sich selber setzt. Es wäre sehr hilfreich, wenn die SOS-Aerzte diese Fragen offen auf der Website erklären würden. Solange dies nicht der Fall ist, betrachten wir die die "Hilfestellungen" der SOS Aerzte als problematisch. Zudem sind die SOS-Aerzte gemäss Homepage besonders geschult im Umgang mit Notsituationen ohne vorgängige Hintergrundinformationen. Folgendes ist nun genau das, was aerztliches Handeln ausserhalb der Notfall-Situation qualitativ ausmacht, und die Ausschaffung ist ja keine Notfallmassnahme sondern eine geplante: die Vorabklärungen zum Gesundheitszustand. Ohne solche Vorabklärungen ist die Hilfestellung im Ausschaffungsprozess von Flüchtlingen medizinisch-ethisch äusserst problematisch.

Vorabklärungen Gesundheitszustand

Es ist völlig unbegreiflich, wie eine Person im März 2010 nach mehrwöchigem Hungerstreik auf Level IV ausgeschafft werden konnte. Diese Tatsache allein beweist hinlänglich, dass der Tod durch den Ausschaffungsvollzug in diesem Fall verursacht wurde.

Aus ärztlicher Sicht sind alle medizinischen Aspekte, insbesondere auch psychische Krankheiten, ausreichend abzuklären um sicher zu stellen, dass der Auszuschaffende durch die Ausschaffung keinen Schaden nimmt. Ist diese Frage nicht ausreichend geklärt, ist eine Ausschaffung aus ärztlicher Sicht unmöglich.

Verweigerungsmotiv.

Wenn SOS-Aerzte ohne diese Vorinformationen die Ausschaffung begleiten, handeln sie medizinisch nicht korrekt. Die REGA würde jedenfalls ohne Vorabklärungen nie einen Patienten repatriieren ohne hinreichend genau sicherzustellen, dass die Repatriierung für den Patienten nicht im Desaster endet.

Die Frage, warum eine Ausschaffung verweigert wird, ist zentral. Tatsache ist, dass die meisten Auszuschaffenden dies geschehen lassen. Es müssen also besondere Gründe vorliegen, wenn hier eine Verweigerung stattfindet. Diese Gründe können durchaus verständlich und nachvollziehbar sein - wenn man bereit ist, dem Auszuschaffenden als Mensch zu begegnen.

Die Aufgabe des Arztes wäre also vielmehr, die Behörden über die medizinisch korrekte Beurteilung aufzuklären und die gewaltsame Ausschaffung damit zu verhindern.

In diesem Fall urteilt der Arzt separat und unabhängig von der Justiz. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass offensichtliche juristische Fehlbeurteilungen nicht auch noch ärztlich legitimiert werden.

In diesem Sinn ist der Arzt im Ausschaffungsvollzug wahrscheinlich die letzte Instanz, welche die Gefahr des willkürlichen und vorverurteilenden Ausschaffungsgrundes in Frage stellen kann und muss. Er handelt damit in der Tradition unseres Landes humanitär. Eine rein begleitende aerztliche Handlung anlässlich der Ausschaffung ist medizinisch unprofessionell und widerspricht ethischen Grundsätzen medizinischen Handelns.