2016 - Ein Roadtrip durch Italien

09.08.2016 - „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“ heißt es schon 1786 in „Urians Reise um die Welt“ von Matthias Claudius. Stimmt! Venedig, Gorino Ferrarese, Imola, Arezzo, Maranello, Mailand und zum Abschluss noch Castelveccana am Lago Maggiore: insgesamt gut 3.400 km mit dem Auto quer durch Norditalien, da gab es einiges zu sehen und somit auch zu erzählen.

Wenn ich Urlaub mache, brauche ich Abwechslung. Zwei Wochen im gleichen Ferienclub mit immer gleichem Tagesablauf hatte ich schon bei meinen musikalischen Ausflügen in die Aldiana Clubs in Tunesien und Ägypten. Wären diese Trips nicht für lau gewesen, ich hätte sie wohl nie gemacht. In Ägypten war mir schon nach drei Tagen derart langweilig, dass ich in der Club-Bar jeden Tag stundenlang Klavier geübt habe, nur um irgendetwas zu tun. Den ganzen Tag am Strand liegen? Definitiv nicht mein Ding.

Die interessanteste Art einen Urlaub zu machen ist für mich nach wie vor der Roadtrip. Zum einen fahre ich gerne Auto, zum anderen ist man so stets unterwegs und sieht viel mehr von der Welt als wenn man nur auf einem Fleck sitzen bleibt. So ganz ins Blaue hinein zu fahren ist aber auch nicht so meins. Also plane ich zumindest wann ich wo übernachte. Der Rest ist ziemlich flexibel.

Der im vorangegangenen Blogeintrag schon erwähnte Zwischenstop im österreichischen Saalfelden mit dem 1. Platz beim X-Bow Sommercup folgte nach zwei Übernachtungen der nächste Trip nach Venedig. Soll man ja mal gesehen haben. War auch wirklich schön. Gestunken hat es übrigens entgegen vieler Prognosen von Freunden und Bekannten überhaupt nicht. Die Suche nach dem berühmten Markusplatz entpuppte sich dann aber als regelrechte Schnitzeljagd, irgendwann haben wir ihn dann doch noch gefunden. Abends zum Abschluss gab‘s eine romantische Runde in der Gondel (für nen schlappen Hunni, aber was soll‘s...).

Am nächsten Tag ging es dann weiter Richtung Gorino Ferrarese, ein kleines Dorf direkt am Meer, wo es ein hervorragendes Fisch-Restaurant gibt. Welches am Tag des Aufenthaltes aber leider geschlossen hatte. Wie eigentlich alles im Umkreis von 20 km: Montags Ruhetag. Die stundenlange Irrfahrt endete in einer kleinen Bar, wo der freundliche Kellner zum Star des Abends wurde, als er ein paar kalte Wraps zum Wein servierte, und das sogar kostenlos!

Nächster Stop war Imola. Hier stand ein Besuch der ehemaligen Formel-1-Strecke auf dem Programm, auf der am 1. Mai 1994 der legendäre Formel-1-Pilot Ayrton Senna tödlich verunglückte. Suchen spielte auf dieser Reise eine größere Rolle: Markusplatz in Venedig, Essen in Gorino Ferrarese, und auch hier dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis das Senna-Denkmal an der Unfallkurve zu sehen war. Das steht nämlich nicht wie vermutet auf der Außen-, sondern auf der Innenseite des Kurses. Sagt einem ja auch keiner.

Die Innenstadt von Imola ist ganz nett und abends ging es dann noch auf eine Kartbahn, wo ich zum ersten mal in einem Elektrokart gefahren bin. Hat genauso viel Spaß gemacht wie mit Benzin oder Gas. Interessant war es, einer Gruppe Italienern beim Start eines Rennens von der Tribüne aus zuzuschauen. Die Erwartungen an einen veritablen und spektakulären Crash in der ersten Kurve wurden wahrlich nicht enttäuscht... :-)

Auf der Fahrt zum nächsten Ziel ging es tags darauf dank der sonst so nützlichen „Autobahn vermeiden“-Funktion des Navigationssystems noch auf einen ungeplanten Abstecher durch den Nationalpark. Bei dieser Route hätten jedem Offroad-Fan Tränen der Freude in den Augen gestanden, aber nicht in einer normalen E-Klasse! So ging es buchstäblich im Schritttempo über Schotterpisten, die zur Hälfte nur aus Schlaglöchern bestanden. Nach einer halben Stunde schlug das Navi dann vor, mitten ins Gebüsch zu fahren. Vielleicht war da mal eine Strasse, aber davon war nichts mehr zu sehen.

Also weiter der „Strasse“ gefolgt um nach geschlagenen zwei Stunden ordentlich geschüttelt, aber nicht gerührt am gigantischen Staudamm von Ridracoli anzukommen. Das dortige Wasser-Museum bestach vor allem durch seine Abgeschiedenheit, weitere Gäste waren nicht zu sehen.

Nach der Stadt Imola stand wieder ein Dorf auf dem Plan: Meliciano. Dieses kleine Örtchen am nördlichen Rand der Toskana hat geschätzt nicht mal 100 Einwohner, deren Altersdurchschnitt im oberen zweistelligen Bereich liegen dürfte. Grund des Besuches war ein Besuch der Fattoria La Vialla. Und mehr „auf dem Dorf“ geht wirklich nicht. Die Unterkunft war eine kleine Ferienwohnung in einem mittelalterlich anmutenden Gemäuer, Gastgeberin war eine ältere italienische Dame, die mit den Händen genauso gut reden konnte wie mit dem Mund. Alles sehr urig und so, wie man sich das Leben auf dem italienischen Land vorstellt.

Die Fattoria war traumhaft. Das war nicht nur ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Hofladen, es war eine Art kleines Paradies. Landschaftlich wundervoll in die Toskana gebettet, sitzt man mit 40 weiteren Gästen vor dem großen Familienhaus im Schatten größer Bäume an einer 25-Meter langen Tafel und bekommt die Produkte des Hauses serviert, eines grandioser als das andere. Alles im Grunde „einfaches“ Essen, keine Sterne-Küche, aber doch so unglaublich gut und lecker dass ich es dem „Sterne-Schicki-Micki“ jederzeit vorziehen würde.

Nach über drei Stunden Schlemmerei gab es noch einen Rundgang durch die Fattoria, wo man sich die Herstellung aller Produkte anschauen konnte. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass man für die Herstellung einer einzigen Flasche Oliven-Öl die Ernte eines ganzen Baumes benötigt? Ich nicht.

Am Abend verwandelte sich unser kleines Dorf dann plötzlich in eine Party-Meile mit geschätzt weit über 1000 meist jugendlichen Gästen, die genau an diesem Tag zur einmal jährlich stattfindenden „Meliciano Sound-Party“ mit live Konzerten gekommen waren. Was für ein Timing. Die Party ging dann ungefähr bis morgens um vier und bei den Mengen Gras, die dort geraucht wurden konnte man das ganze wohl noch in Arezzo riechen.

Apropos Arezzo: diese Stadt kannte ich noch aus den Zeiten meines Abiturs, wo es im Musik-LK mal um den Erfinder der Notenschrift ging. Das war ein gewisser Guido Monaco (991-1033 n.Chr.), der aufgrund seiner Herkunft auch als „Guido von Arezzo“ bekannt wurde. Es folgte also ein kleiner Abstecher in diese Stadt, nur um mal zu schauen ob es einen Hinweis auf ihn gibt. Gibt es, die riesige Statue war gar nicht zu übersehen. Also ein schönes Foto mit dem lieben Guido gemacht und dann weiter zum nächsten Ziel, zu Ferrari nach Maranello. :-)

Hier war ich ja schon einmal, aber zwischen diesem und dem letzten Besuch im Jahr 2002 liegen satte 14 Jahre. Bis auf die neueren Ferrari, die jetzt durch Maranello fahren, hat sich in dieser Zeit aber eigentlich so gut wie nichts verändert. Ein schöner Zufall wollte es, dass Sebastian Vettel genau an diesem Tag die neuen breiteren Reifen für die kommende Formal 1-Saison auf der Teststrecke in Fiorano ausprobierte und man ein bisschen zuschauen konnte.

Wer denkt, Maranello sei ein Provinznest wo es außer Ferrari nicht viel gibt, liegt nicht unbedingt falsch, sollte aber mal gut 30 Kilometer weiter nach Sant‘ Agata Bolognese fahren, wo Lamborghini seinen Firmensitz hat. DAS ist wirklich ein Dorf, da ist Zieverich ja größer! Auch das Werk und das angeschlossene Museum sind verglichen mit Ferrari wirklich klein. Sehenswert war es aber trotzdem und im Lamborghini Store waren zumindest die Preise überhaupt nicht klein: ein Carbon-Koffer für schlappe 13.000 €. Ja, ein Koffer, kein Auto.

Weiter gings nach Mailand. Auch kein billiges Pflaster, aber diesen berühmten Mailänder Dom soll man ja mal gesehen haben. War auch beeindruckend, wenn auch die versprochene Beleuchtung am Abend ausblieb und stattdessen Myriaden Killermücken anrückten. Ansonsten: eine schöne Stadt, viele alte Gebäude und Sehenswürdigkeiten, aber noch mal muss ich da nicht hin.

Dann schon lieber noch mal an den wunderschönen Lago Maggiore, das letzte Ziel auf dieser Reise. Das Timing war wieder perfekt, am Abend gab es Live-Musik und einen Ochsen am Spieß, aber hier war eine Nacht einfach zu wenig. Also ein guter Grund noch mal wiederzukommen. :-)