Im Gegensatz zu vielen Tasten-Kollegen...

...habe ich nicht Klavier, sondern Hammondorgel studiert. Fasziniert vom einzigartigen Sound dieses Instrumentes kaufte ich 1994 eine Hammond A-100 und begann mich damit auseinanderzusetzen. 1997 begann ich mein Musikstudium am Konservatorium Enschede, Hauptfach Hammondorgel bei John Hondorp. Im Jahr 2001 schloss ich das Studium mit dem Diplom erfolgreich ab. 2017 wurde mir die Ehre zuteil, das Eröffnungskonzert beim 12. Internationalen Orgelfestival der Stadt Düsseldorf zu spielen. Da mir die Hammond am Herzen liegt, räume ich ihr auch auf meiner Homepage Platz ein.

Der König der Orgeln: Die Hammond B-3

Hört man auf Schallplatten oder CD eine Orgel, egal ob im Jazz, Blues, Pop, Rock oder welcher Stil auch immer: die Chancen stehen gut, dass es sich um eine Hammondorgel oder zumindest die Simulation einer solchen handelt. In der Geschichte gab es hunderte verschiedener Orgeln, aber die B-3 ist bei weitem die bekannteste. Seit über 70 Jahren begeistert ihr einzigartiger Sound die Menschen.

Die B-3 bringt 160 Kilo auf die Wage (210 Kilo mit Pedal und Bank). Nicht zu vergessen auch das 75 Kilo schwere Leslie 122, das wesentlichen Anteil am Erfolg der B-3 hat. Um mit einer B-3 auf Tour zu gehen, braucht man eine Roadie-Crew (teuer) oder zumindest drei starke Freunde (kostenlos!) und die eigene Kraft, um das Teil durch die Gegend zu wuppen. Denn das sollte jedem klar sein: um die B-3 durch die Gegend zu schleppen muss man entweder begeistert sein oder ein Masochist. Bevor man nicht selbst auf einer Hammond gespielt hat, kann man kaum verstehen, warum dieses Biest eine solche Anziehungskraft auf so viele Menschen ausübt.

Die Hammond B-3 war eine von vielen elektrischen Orgeln, die die Hammond Organ Company zwischen 1930 und 1970 baute. Obwohl bis heute Orgeln mit dem Namen Hammond entstehen, waren die Orgeln der ersten 40 Jahre etwas besonderes. Sie unterscheiden sich in der Art ihrer Klangerzeugung von den modernen Orgeln. Die Tonerzeugung der neueren Orgeln basiert auf der Sampling-Technologie, die alten Hammonds haben eine elektromagnetische Tonerzeugung. Dabei drehen sich kleine stählerne, gezackte Rädchen, die so genannten "Tone-Wheels", in 12 verschiedenen Geschwindigkeiten, von 16 bis hin zu 31 Umdrehungen pro Sekunde. Je mehr Zacken ein Rädchen hat (2, 4, 8, 16, 32, 64, 128 oder 192, was einem Tonumfang von 8 Oktaven entspricht) desto höher ist der erzeugte Ton. Jedes Rädchen hat seinen eigenen Tonabnehmer zur Verstärkung.

Der Spieltisch weist zwei Manuale mit 5 Oktaven auf, eine sechste, inversiv dargestellte Oktave links der beiden Manuale dient als Anwahlmöglichkeit von Preset-Klängen der 9 Zugriegel. Insgesamt gibt es vier solcher Sets, jeweils zwei für das Ober- und Untermanual. Bewegt man diese während des Spiels, ändert sich der Sound. Mit einem 25er-Vollpedal und einer Sitzbank ist die Orgel komplett. Was ist nun das Besondere einer B-3 und anderer Tone-Wheel-Orgeln? Das wichtigste ist der Klang: er ist lebendiger und organisch als der einer elektronischen Orgel. Der Sound ist warm und voll, musikalisch und inspirierend.


Das Leslie

Der Sound der frühen Orgeln war recht statisch, also suchten die Hammond-Techniker nach Lösungen, den Klang lebendiger zu machen. Die B-3 erhielt Vibrato- und Chorus-Effekt, aber die beste Ergänzung zum Hammondsound kam von außerhalb der Fabrik in Form eines Kabinetts mit rotierenden Lautsprechern, entwickelt von Don Leslie.

Laurens Hammond war von dieser Tatsache ganz und gar nicht begeistert: wie konnte es jemand außerhalb seiner Firma wagen, seine Produkte zu verbessern! Musikalisch passten Hammond und Leslie perfekt zusammen, doch für viele Jahre führten die Unternehmen einen Kleinkrieg. Hammond hätte Leslies Idee kaufen können, ignorierte sie aber stattdessen und verbot seinen Händlern den Verkauf von Leslie-Speakern. Und die Händler hielten sich an diese Abmachung. Jeder, der in den Laden kam und ein Leslie kaufen wollte, erntete böse Blicke und wurde nach Hause geschickt.

Dabei entwickelt die Hammond in Verbindung mit ein oder zwei Leslies eine brillante neue Persönlichkeit. Das beliebteste Leslie besteht aus einem Hoch- und einem Tieftöner, beide mit rotierenden Elementen versehen. Der Hochtöner strahlt seinen Klang über ein Doppelhorn ab, wobei nur eine Seite geöffnet ist, die andere Seite dient lediglich dem Gleichgewicht. Der Sound des Tieftöners wird durch eine drehende Box verteilt. Die rotierenden Elemente können sich langsam und schnell drehen, Beschleunigung und Verzögerung sind einstellbar. Ein vollständiger Stop ist möglich, was nötig wird, falls eine Gitarre mitspielt. 

Ein charakteristisches Merkmal des Leslies ist die Erzeugung des so genannten Doppler-Effektes. Den hat jeder schon einmal gehört, wenn ein Krankenwagen vorbei fährt: das Signal des Wagens ändert sich je nachdem, ob er sich nähert oder entfernt. Dieser Effekt verbessert den Sound der Hammond radikal, besonders, wenn er an neuralgischen Punkten einer Performance hinzugeschaltet wird. Wie kam Don Leslie auf die Idee mit den drehenden Elementen? Beim Anhören der klassischen Pfeifenorgel kam ihm die Idee: die Pfeifen selbst lagen weit auseinander, bis zu 4 Metern. Das führte dazu, das der Ursprung der verschiedenen Töne variierte: ein lebendiges Stereobild war das Ergebnis.

Das Leslie wurde entwickelt, um den Sound weicher zu machen und die Töne im Raum zu verteilen. So sollte der Eindruck von im Raum verteilten Pfeifen entstehen. Naja, das ist zumindest die Theorie. In Wahrheit ist es doch viel hipper als eine Pfeifenorgel! Kein Zweifel: B-3 und Leslie-Speaker waren eine magische Kombination. Seit mehrere Leslies von einer einzelnen Hammond betrieben werden können, gibt es auf dem Markt zur Zeit jedoch einen Engpass bei alten authentischen Leslies.


Lang lebe der König!

Unglaublich, aber wahr: es gab eine Zeit, in der viele Musiker glaubten, ihre Hammonds nicht weiter zu brauchen. Heute wissen alle: die Hammond wird Bestand haben. In den frühen 80er Jahren wurden Keyboarder von japanischen Synthesizern beeinflusst. Viele wurden dieser Sounds jedoch schnell überdrüssig und entdeckten, dass die B-3 genau das war, wonach sie eigentlich gesucht hatten.

Als die ersten Synthesizer auf den Markt kamen, verkauften viele ihre Hammond für ein Taschengeld, ganz nach dem Motto: "Das ist ja bloß ein dickes, altes Stück Mist. Ich hab hier eine alte Hammond und für 100 Dollar gehört sie Dir." Heute sehnen viele diese Zeit wieder herbei, denn wirft man heute einen Blick in die Verkaufsannoncen alter Hammonds, so liegen die Preise für eine C3 oder eine A-100 irgendwo zwischen 3.000 und 6.000 Dollar. Jeder suchte nach besseren Alternativen, aber es gibt keine besser Methode als die Tone-Wheels. Die Leute sagten: jetzt können wir es besser, weil die alte B-3 zu schwer, zu groß und ein Möbelstück ist. Wir können diesen Sound nachbilden. Und wisst ihr was: wir können es nicht! Sie haben es beim ersten Mal richtig gemacht.

 

Die mechanische Seele der Hammond B-3

Vor einiger Zeit war die Hammond der absolute König im Lager der nicht-akustischen Keyboards. Es war der elektrische Keyboardsound der Popmusik, in gewisser Weise ist er es immer noch. Höchstens ein Fender Rhodes, die Wurlitzer E-Pianos oder das Hohner-Clavinet besitzen eine ähnliche Authentizität. Am Sound der Tone-Wheels musste sich der Rest messen lassen. Es dauerte viele Jahre, bevor Keyboarder sich mit dem Sound der portablen Orgeln von Vox und Farfisa einigermaßen anfreunden konnten, doch es blieb der Spruch: "Aber es klingt nicht wie eine B-3."

Ein Hauch von Mythos umweht die Hammond, besonders die B-3. Pianos klingen wie Pianos. Vox- und Farfisa-Orgeln klingen nach was auch immer, je nachdem, welches Preset eingestellt ist. Aber Hammonds Tone-Wheel-Orgeln - die B3, C3, A-100, RT-3 usw. - ließen dem Spieler viele Freiheiten beim Sounddesign. Durch ziehen oder drücken der Zugriegel konnte man den Sound unmittelbar modellieren. Wollte man einen helleren Sound, musste man nur die oberen Zugriegel herausziehen. Sollte er dunkler sein, schob man sie wieder hinein. Wollte man seine Zuhörer wegblasen, musste man nur alle Zugriegel herausziehen.

Heutzutage, wo eigentlich jedes Geräusch, das es auf dieser Welt zu hören gibt, auf Sound-CDs zu finden ist, erscheinen die unterschiedlichen Variationen der Drawbar-Settings seltsam: in modernen Ohren klingen alle Sounds mehr oder weniger wie Variationen eines Grundsounds. Keine dieser Registrationen bildet irgend etwas nach, sondern steht für sich selbst. Dabei hat jede Hammond ihre eigene Charakteristik, die sich im Spielgefühl, kleinen Soundnuancen, unterschiedlich lauten Key-Clicks und tausenden anderer Kleinigkeiten bildet.

Wie funktioniert nun die Klangerzeugung? Da wären zunächst die "Tone-Wheels": jedes dieser kleinen Rädchen hat einen Durchmesser von 2 Inch, alle sind am Rand mit Zacken versehen und drehen sich mit konstanter Geschwindigkeit. Am Rand jedes Rädchens befindet sich die Spitze eines Stabmagneten, der zur Spitze hin mit Draht umwickelt ist.

Immer wenn eine Spitze des Rädchens den Magneten passiert, ändert sich das Magnetfeld, was zu einer kleinen Spannung im Stab führt. Je mehr Zähnchen den Magneten pro Sekunde passieren, desto höher ist die Tonhöhe. Die Stabdicke ist dabei auch ganz entscheidend für die Tonhöhe. Tiefe Töne benötigen dicke Stäbe, je höher die Töne werden, desto dünner werden auch die Stäbe. Das Ausgangssignal eines jeden Tone-Wheel ist einem Sinuston sehr ähnlich. Unerwünschte harmonische Nebengeräusche werden von analogen Filtern unterdrückt.

Die 96 Tone-Wheels verteilen sich auf zwei Reihen a 48 Räder. Beide Reihen werden von einer Einheit in der Mitte angetrieben. Eine variable Übersetzung der Rädchen sorgt für unterschiedlich hohe Umdrehungszahlen, die neben der Anzahl der Zacken auch für die Tonhöhe verantwortlich sind. So gibt es 12 verschiedene Übersetzungen, eine für jeden Ton der chromatischen Tonleiter.

Obwohl sich in einer B-3 insgesamt 96 Rädchen drehen, erzeugen nur 91 von ihnen wirklich Töne. In der Spitze der höchsten Oktave befinden sich 5 blanke Rädchen, die nur der mechanischen Balance dienen. 96 funktionierende Rädchen kamen erst später in den Modellen H-100 und X-77.

Bei so vielen drehenden Teilen innerhalb der Orgel ist eine regelmäßige Ölung nötig, damit alles läuft "wie geschmiert". Natürlich kann man nicht den Motor öffnen und jedes einzelne Element ölen. Deshalb entwickelte man bei Hammond ein Ölungssystem: über dem Generator befinden sich zwei kleine Behälter, in die man ein paar Tropfen Öl einfüllen kann. Durch Wollstreifen wird dieses Öl nun an die entsprechenden Stellen geleitet und nach einigen Minuten hat sich das Öl gleichmäßig verteilt. Diese Ölung war zunächst alle drei Monate, später noch einmal jährlich nötig. Manche Spieler ölten ihre Hammond jahrelang nicht und sie lief trotzdem weiter. 

 

Laurens Hammond (1895-1973)

Geboren wurde Laurens Hammond am 11. Januar 1895 in Evanston, Illinois (USA) als Sohn von William Andrew and Idea Louise Strong Hammond.

Kurz nach dem Tod des Vaters 1898 zog die Familie nach Europa. In den folgenden 11 Jahren lebte man in Genf, Dresden und Paris. Der 14jährige Laurens sprach fließend Deutsch und Französisch als die Familie 1909 nach Evanston zurückkehrte. In diesem Jahr stellte Thaddeus Cahill übrigens sein Telharmonium vor, auf dem der Hammond-Tone-Wheel-Generator basiert. Zu dieser Zeit hatte Hammond eine automatische Kraftübertragung für Autos entwickelt. Seine Mutter schlug vor, diese Erfindung dem Chefingenieur der Renault Motor Company in Paris vorzustellen, er vernachlässigte dies jedoch.

Hammond schloss die Cornell-Universität 1916 als Ingenieur ab. Nach seinem Kriegsdienst, den er während des ersten Weltkrieges in Frankreich absolvierte, arbeitete er als Chefingenieur für die Gray Motor Company in Detroit, die Schiffsmotoren herstellte. 1920 erfand er die federgetriebene Uhr. Der Verkauf dieses Patentes ermöglichte ihm, seinen Job bei Gray an den Nagel zu hängen und ein Appartement in New York City anzumieten, wo er den Synchron-Motor entwickelte, den er später bei seinen elektrischen Uhren und Tone-Wheel-Orgeln verwendete.

Uhren und Orgeln waren nicht die einzigen Gebiete, die von der erfinderischen Genialität des Laurens Hammond profitierten. Unter seinen Patenten war zum Beispiel auch die 3D-Brille mit roten und grünen Gläsern. Hammond erfand auch einen automatischen Bridgetisch, der die Karten mischte. 1932 verkaufte er 14.000 dieser Tische zum Stückpreis von 25 Dollar. Im Zuge der wirtschaftlichen Depression brachen die Verkaufszahlen jedoch ein und die Produktion wurde eingestellt.

Die Hammond Clock Company führte ihre Geschäfte bis in das Jahr 1937, als sie in Hammond Industrial Company umbenannt wurde. Dieser Name hatte bis 1953 Bestand, dann wurde daraus die Hammond Organ Company. 1933 konzentrierte sich Hammond auf die Produktion einer elektrischen Orgel. Er kaufte ein gebrauchtes Klavier für 15 Dollar und entfernte alles bis auf die Tastatur, die er als Controller benutzte, um damit zahlreiche Experimente mit verschiedenen Tonerzeugungsarten durchzuführen, bevor er sich für den Tone-Wheel-Generator entschied.

Da Laurens Hammond kein Musiker war, verließ er sich, was die Beurteilung der Soundqualität anging, auf seinen Assistenten und Kassenwart W.L. Lahey, der auch als Organist an der St. Christopher´s Episcopal Church in Oak Park in Illinois tätig war. Hammond hatte den Vorteil, bereits viele Erfahrungen in der Herstellung gesammelt zu haben, sodass der Tone-Wheel-Generator sehr ausgereift war, als er in die Produktion ging. Hammond meldete sein Patent am 19. Januar 1934 an. Laut dem The Music Trades-Magazin war die Arbeitslosigkeit damals so groß, dass das Patentamt in der Hoffnung, möglichst schnell neue Jobs zu schaffen, das Patent bereits einige Monate später erteilte.

Während des zweiten Weltkrieges half Hammond bei der Rüstungs-Entwicklung und erhielt Patente auf infrarot- und lichtgesteuerte Geräte zur Raketensteuerung, einem Vorläufer der heutigen Steuerungen in Atom-U-Booten. Gerüchte besagen, das Atom-U-Boote damals für die Freizeitgestaltung für eine unbestimmte Zeit mit Hammond-Orgeln ausgestattet wurden.

1955 stellte Hammond seinen Posten als Präsident seiner Firma zur Verfügung, um sich ganz auf die Forschung zu konzentrieren. Am 12. Februar 1960 zog er sich im Alter von 65 Jahren ganz aus dem Geschäft zurück. Zu diesem Zeitpunkt besaß Hammond ein Anwesen in Laizet, Frankreich sowie Villen in Montevideo, Uruguay,  Antigua sowie ein Penthouse in der Parl Avenue in New York City. Hammond unterhielt außerdem eine Residenz in Cornwall, Connecticut, wo er am 3. Juli 1973 (andere Berichte behaupten am 1. Juli) im Alter von 78 Jahren starb. Zum Zeitpunkt seines Rücktrittes hatte er 90 Patente inne, weitere 20 meldete er vor seinem Tod an.

 

Kauf und Unterhalt einer B-3

Lust bekommen auf eine B-3? Und wie steht´s mit dem Leslie? Jede gebrauchte Orgel sollte man sich vor dem Kauf sorgfältig ansehen. Worauf muss man dabei achten? Da man ja nicht über Nacht zum Antiquitäten-Experten werden kann, sollte man die Lebensaufgabe, alles Wissen über die B-3 in Erfahrung zu bringen, damit beginnen, sich die Meinung einiger Experten anzuhören. Mein Tipp: Michael Ansorge, www.hamtech.de


Die Grundlagen

Bevor man sich eine B-3 kauft, sollte man wissen, wie dieses Instrument funktioniert: seine mechanischen Aspekte wie den Tone-Wheel-Generator, die Röhren, die Tastaturen, die Zugriegel, die Effekte usw. Der Käufer sollte so viel wie möglich darüber wissen, denn das erspart ihm eine Menge Geld und Lauferei. Ohne dieses Wissen ist der Käufer eindeutig im Nachteil. Man muss wissen, worauf man zu achten hat, ansonsten steigen die Kosten für Reparaturen ins Astronomische. Jeder, der sich eine Hammond kaufen will, sollte darüber mit einem Techniker sprechen, der sein Leben lang Hammondorgeln restauriert und repariert hat. Man muss sich immer bewusst sein, was man im Begriff ist zu kaufen: eine gebrauchte Orgel, die 60 oder mehr Jahre alt ist! Selbst wenn man eine der letzten gebauten Hammonds kauft, ist diese schon über 50 Jahre alt! Natürlich möchte man eine möglichst wenig benutzte Orgel.

Zunächst ist es natürlich wichtig zu wissen, welches Modell man erstehen möchte. Da hilft es nicht gerade weiter, dass alle älteren Hammonds mit Tone-Wheels ziemlich gleich aussehen (2 Manuale mit 61 Tasten sowie ein Pedal mit 25 bzw. 32 Tönen). Die Modellnummer steht auf einem schwarzen Schildchen auf der Rückseite der Orgel. Es ist wichtig, dass dort "B-3" steht und nicht etwa B-2, BV oder BC. Denn dabei handelt es sich um frühere Modelle ohne Percussion und/oder Vibrato.

Wie kann man nun die älteren von den neueren B-3 unterscheiden? Es gibt eine ganze Anzahl kleinerer Merkmale. Sehr späte Modelle sind an einem Schlüsselloch zu erkennen, mit dessen Schloss die Tastaturabdeckung abschließen kann. Frühere Modelle haben ein kleines gelbes Licht zwischen den Start- und dem Run-Schalter. Auch die Form der Zugriegel gibt Aufschluss über das Alter: sind diese bei den älteren Modellen etwas abgerundet, so haben die neuen B3-Modelle kantigere Zugriegel, in die zusätzlich die Fußlage eingestampft ist.

Bei ganz frühen Modellen war der Gehäuseteil zwischen den beiden Manualen aus Holz, bei späteren aus schwarzem Kunststoff gefertigt. Auch ein Blick ins Innere der Orgel gibt Aufschluss: der Transformator des Vorverstärkers war bei frühen Modellen von B-3, C-3 und A-100 silbern, später war er schwarz.


Die geschundene Tour-Orgel

Um festzustellen, ob die Orgel nur im Stillen Kämmerlein oder auf den Rockbühnen dieser Welt gespielt wurde, empfiehlt sich zunächst ein Blick auf die inversen Preset-Tasten: wenn sich darauf Aufkleber befinden, war es wahrscheinlich eine Heimorgel. Diese sind meist gut erhalten und gepflegt. Man will ja keine alte Braut, die 25 Jahre Bühnengeschichte auf dem Buckel hat. Bei diesen Orgeln ist meist vieles verschlissen und kaputt. Abdrücke von Biergläsern auf dem Deckel sind natürlich ebenfalls kein gutes Zeichen, liegt doch der Verdacht nahe, dass sich im Laufe der Jahre mindestens ein Bier im Inneren der Orgel verteilt hat, was zu wirklich großen Problemen führen kann.


Checkliste

Welche Tests machen nun Experten mit einer unbekannten Orgel, um ihren Zustand zu testen? Zunächst wird jeder einzelne Zugriegel komplett herausgezogen und alle 61 Tasten durchgespielt um zu sehen, ob alle Töne funktionieren und ob die Kontakte sauber sind. Erklingt bei einer Taste kein Ton, so deutet dies auf einen Problem im Generator oder in der Verkabelung zwischen Generator und Tastatur hin. Innen befinden sich rund 600 kleine Drähte, 9 an jeder Taste, die zu Bündeln zusammen gefasst sind. Da kann schon mal ein Draht brechen und der Kontakt verloren gehen. Neben Defekten an den Start- und Run-Schaltern sind gebrochene Kontakte die häufigsten Probleme an einer B-3.

Wenn ein Ton nicht spielt, kann es aber auch daran liegen, dass einfach nur der Kontakt verschmutzt ist. Ein häufiges Benutzen der Taste hat mit der Zeit einen Selbstreinigungseffekt zur Folge. Sollte dies nicht reichen, so kostet eine Reinigung der Kontakte rund 300 Euro.

Hammonds sind in der Reparatur sehr arbeitsintensive Geräte, sie sind nun mal nicht leicht konstruiert. Um die "Bus-Bars" zu reinigen, muss der gesamte Spieltisch ausgebaut werden (Bild oben), was bedeutet, dass über 100 Drähte gelöst und später wieder angeschlossen werden müssen. Sollten die Bus Bars defekt sein, wird es richtig teuer: sie kosten pro Stück zwischen 30 und 40 Euro, insgesamt gibt es 18 davon. Da wird die Rechnung länger... Und wenn der Vorverstärker der Orgel abraucht, muss man für die Reparatur zwischen 100 und 300 Euro hinlegen.

Beim Check sollte man auch alle Vibrato- und Chorus-Effekte durchschalten, um zu sehen, ob sie richtig funktionieren. Gleiches gilt für die Percussion mit all ihren Einstellmöglichkeiten. Grundsätzlich gilt: Langsam und systematisch alle Funktionen der Orgel ausprobieren. Es kann sein, dass einige Röhren ersetzt werden müssen, es sei denn, der Verkäufer hat einen Nachweis, dass dies schon geschehen ist. Ein Austausch der Röhren kostet ca. 60 bis 100 Euro. Welche Hammonds sind nun besser, die neueren oder die älteren? Generell lässt sich dies nicht beantworten, da jeder Orgel ihre eigene Geschichte und Charakteristik hat. Die Kalibrierung des Generators ist dabei wichtiger als alles andere. Und die ist bei neueren Modellen entgegen landläufiger Meinungen oft besser gelungen als bei den älteren.


Der Tone-Wheel-Generator

Der Tone-Wheel-Generator gilt technisch als sehr ausgereift. Trotzdem: wo immer Technik drehende Teile hat, wird eine Flüssigkeit benötigt, damit alles läuft "wie geschmiert".

Alan Young, der als Techniker bei Hammond arbeitete, berichtete folgendes: "Bevor ich zu Hammond kam, wurde jede Orgel mit einem Kännchen Öl in der Sitzbank ausgeliefert. Dazu gab es die Anweisung, die Orgel alle drei bis vier Monate zu ölen. Ich wette, man würde das Öl aus der Orgel tropfen sehen, wenn man sich daran halten würde: das Öl wurde einfach nicht aufgebraucht. Auf meinen Vorschlag hin wurde das Ölungsintervall auf einmal pro Jahr verlängert."

Zudem fungieren die Behälter über dem Generator nur als Trichter, also bitte nicht voll machen! Auch der Motor links braucht von Zeit zu Zeit etwas Öl. Dabei sollte nur Original Hammond-Generator-Öl benutzt werden, das man im Fachhandel in kleinen Tuben für unter 4 Euro bekommt. Leider geht diese kleine Öltube schnell verloren, daher bietet es sich an, ein paar Gummis im Inneren der Orgel anzutackern und die Tube darin zu befestigen. Öffnet man nun die Orgel, um sie zu Ölen, hat man das Öl immer sofort zur Hand. In der Bank sollte sich der Ölnachweis befinden, ein Chart, auf dem die Daten der Ölungen vermerkt sind.

Was nun, wenn die Orgel für lange Zeit nicht geölt worden ist? Altes Öl kann sehr wachsartig werden, was Einfluss auf die Funktion der Orgel haben kann. So kann es sein, dass sich eine Orgel nicht mehr starten lässt, unregelmäßig oder nach unten verstimmt spielt. Wenn die Orgel startet, kann sie noch eine Weile gut laufen, fängt dann aber aufgrund der trockenen Träger an zu heulen. Falls das geschieht, sollte man die Orgel unverzüglich ausschalten und Öl nachfüllen, weil die Träger sonst nach ganz kurzer Zeit den Geist aufgeben. Auch nach der Ölung kann es bis zu zehn Tagen dauern, bis das Öl an alle wichtigen Stellen gelang ist. Hat man nicht soviel Zeit oder sollte das Problem auch dann noch auftreten, so kann man den gesamten Generator ausbauen und ihn direkt ölen, was aber auch mit rund 250 Euro ins Budget schlägt. Wenn ein Generator irreparabel beschädigt ist, muss er ausgetauscht werden. Gebrauchte Generator sind für 400 bis 800 Euro zu haben. Als man sie noch bei der Fabrik beziehen konnte, kosteten sie neu um die 2000 Euro. Meist lassen sich die recht robusten Generatoren jedoch wieder in gang setzen.


B-3 und Transportabilität - geht das?

Damit eines klar ist: man muss sich in jedem Fall mit dem Gewicht der Teile auseinandersetzen, insbesondere dem Tone-Wheel-Generator. Dennoch lassen sich umgebaute Hammonds um vieles leichter transportieren als die Originalgehäuse: steckt man ein solches in einen Frachtbehälter, muss dieser schon ziemlich groß sein. Er passt dann durch keine Flugzeuggepäcktür mehr, sodass man schon beim buchen des Flugzeugs drauf achten muss, eine entsprechend ausgelegte Maschine zu buchen. Die B-3 ist zudem sauschwer, man muss also hoffen, dass die Packer vorsichtig mit dem Behälter umgehen und ihn nicht einfach die Laderampe runterrutschen lassen, was schon vorgekommen ist.

Die Umbauten machen die Orgel nicht nur leichter sondern auch kleiner. Damit sind sie leichter und billiger zu transportieren und passen nicht nur durch jede Flugzeugtür, sondern auch in den Kofferraum einiger Kombis mit umgeklappter Rückbank. Oft werden beim Umbau auch speziell für den Live-Auftritt benötigte Features mitinstalliert, zum Beispiel ein Line-Ausgang oder der Leslie-Kontrollschalter innerhalb der Spielkonsole. Ein Umbau kostet inklusive des neuen Gehäuses aber ohne die zusätzlich benötigten Teile und Materialien um die 2.500 Euro.


Wird die Hammond Organ Company eines Tages wieder auferstehen?

Seit 1988 befindet sich der Name Hammond im Besitz der japanischen Firma Suzuki. In den USA firmiert die Gesellschaft unter dem Titel "Hammond Suzuki Instruments Manufacturing Inc. USA". Kaum zu glauben: aber Suzuki kaufte den Namen zu dieser Zeit, obwohl die ursprüngliche Hammond Company bereits zwei Jahre zuvor gestorben war.

Als Hammond 1986 den Geschäftsbetrieb einstellte, hatte die Firma noch Garantie-Verpflichtungen, weil der "Verkauf der Firma" nur den Namen beinhaltete. Dadurch wurde das Inventar erhalten, doch das Hauptziel war, die Garantie-Verpflichtungen zu erfüllen. Als dies geschehen war, wurde jedoch noch eine Zeit lang weiter mit Ersatzteilen gehandelt. Neue Orgeln aus diesen Teilen zu bauen war allerdings nicht möglich, da es sich meist nur um Service- und Verschleißteile wie Tasten, Kontakte, Röhren usw. handelte. Natürlich gibt es noch das benötigte Öl sowie alle Bedienungsanleitungen. Leider geht der Trend aber wohl dahin, dass die einzige Möglichkeit, Ersatzteile zu bekommen in Zukunft darin bestehen wird, andere Hammonds "auszuschlachten" und diese Teile zu verbauen.


Midifizierung

Der ein oder andere mag sich für eine Midifizierung seiner B-3 interessieren. Sollte dies mit dem Hintergedanken die Orgel in ein Sequenzer-Setup einzubinden der Fall sein, hat man allerdings Pech. Es gibt bis dato niemanden, der es geschafft hat einer Tone-Wheel-Orgel beizubringen, wie sie eintreffende Midi-Daten zu verarbeiten hat. Dies ist sehr schwierig, weil sich die einzelnen Töne innerhalb der Manuale wiederholen. Man müsste jeden einzelnen Ton und jede Noten kontrollieren. Vielleicht wäre es machbar, aber die Nachfrage ist nicht groß genug und die Entwicklung eines Prototypen würde viel Zeit in Anspruch nehmen und Unsummen verschlingen.

Solange man allerdings nur mit seiner Hammond andere Midi-Geräte ansteuern will, hat man Glück: es gibt einige Fachbetriebe, die solche Aufrüstungen vornehmen. Das erste Manual kostet dann rund 650 Euro, das zwei 450 Euro und die Pedale nochmals 50 Euro. Die Pedale sind dann allerdings nicht anschlagdynamisch. Ein optionaler Controller zur Übermittlung von Programmwechselbefehlen kostet nochmals um die 150 Euro.


Hören und Sehen

Alles rund um Hammondspieler und Aufnahmen findet Ihr auf einer hervorragenden Seite von Jürgen Wolf aus Köln. Bereits seit 1966 sammelt er alles rund um das Thema Hammond, daraus ist seit 1996 ein fantastisch umfangreiches Internet-Archiv entstanden. Aus 20 Seiten wurden seit dieser zeit über 5.000. Man findet u.a. ein nach Ländern geordnetes Register aller mehr oder weniger bekannten Hammondspieler weltweit und ein CD-Archiv, das ständig auf dem neuesten Stand gehalten wird, Neuerscheinungen werden hinzugefügt. Sehr gefreut habe ich mich, als Jürgen 2024 anfragte, ob er mich hinzufügen dürfte. Die Antwort war natürlich ja, es ist mir eine Ehre! :-) http://www.iajo.org