2008 - Finanzkrise - oder "Das Wort zum Sonntag"

12.10.2008 - Meine Bankausbildung habe ich 1996 abgeschlossen, die BWV-Ausbildung war 2003. Danach habe ich mich ganz der Musik gewidmet. Trotzdem werde ich noch von Freunden und Bekannten gefragt was ich von dieser und jener Anlageform halte oder wie ich Situationen einschätze. So auch in Zeiten der schwersten Finanzkrise seit 1929. Ich schreibe hier deshalb mal ein paar grundsätzliche Dinge zum Thema Geld. Geschrieben am Sonntag, 12. Oktober 2008 nach einer katastrophalen Börsenwoche, aufgrund der Finanzkrise herrscht regelrechte Weltuntergangsstimmung.

Ich denke, dass uns diese Krise noch etwas länger begleiten wird und wir dies als recht einschneidendes Erlebnis auch noch in vielen Jahren betrachten werden. Deshalb habe ich den letzten Tag der Herbstferien mal genutzt, um einige Dinge zu formulieren, die mir derzeit so durch den Kopf gehen.

Ich bin mit Sicherheit kein Börsenfachmann. Ehrlich gesagt interessiert es mich gar nicht mal so sehr, welche "charttechnischen Signale" von irgendwelchen "Analysten" wie auch immer gedeutet werden. Jetzt mag sich der ein oder andere fragen, warum ich dann eine Bankausbildung gemacht habe. Der Grund ist so simpel, dass es fast wie ein Witz klingt: ich hab damals nicht geglaubt, die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule bestehen zu können und mir unter den Alternativen das "kleinstmögliche Übel" ausgesucht, frei nach dem Motto "lern ich mal was Anständiges".

Nun ja. Mittlerweile kenne ich viele Musiker, die anständiger sind als so manche Bank- und Versicherungskaufleute, aber das nur nebenbei. Früher wurde ich dafür bezahlt meine "Weisheiten" unters Volk zu bringen, heute mach ich das auf diesem Weg mal kostenlos und unverbindlich ;-). Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: es liegt mir fern, hier Anlageempfehlungen auszusprechen. Es geht mir um viel grundsätzlichere Dinge, um eine Anschauung, die allerdings für jemanden, der mal als Finanzberater gearbeitet hat, eher unüblich sein dürfte. Und darum hol ich auch etwas weiter aus.


1. Grundsätzliche Gewichtung von Geld

Wir vergessen allzu oft, wie gut es uns allen eigentlich geht. Wir alle zählen zu den reichsten 10% der Menschheit, selbst wenn man von Hartz IV lebt hat man noch 100 Mal mehr Geld als die wirklich Armen auf dieser Welt, die auf Müllhalden in Wellblechhütten auf einem Stück Pappkarton schlafen und von einer Hand Reis am Tag leben. Gerade in Krisenzeiten wie diesen sollte man sich dessen bewusst werden und statt zu klagen einfach mal dankbar sein für das was man hat! Und man sollte sich auch mal über ein paar grundsätzliche Dinge im Bezug Geld auf Gedanken machen.

Was ist eigentlich wichtig im Leben? Kommt Geld da wirklich an erster Stelle? Wer das denkt, ist meiner Meinung nach zu bemitleiden. Doch die Mehrzahl der Menschen denkt ja auch gar nicht so, zumindest wo die Grundbedürfnisse gedeckt sind und niemand Hunger und Durst leiden muss, weil er arm ist. Was ist also wirklich wichtig? Ich behaupte: Gesundheit, Glück und Liebe. Ein einfaches Beispiel: stellt euch vor, ihr seid reich. Richtig reich. Multimillionär. Ihr bräuchtet nicht zu arbeiten und könntet Euch allein von den Zinsen eures Vermögens alles kaufen, was ihr wollt. Schöne Vorstellung, nicht? Bei einer Routineuntersuchung erfahrt ihr, dass ihr Krebs habt. Unheilbar, weil die Metastasen bereits im ganzen Körper gestreut haben. Der Arzt gibt Euch maximal noch ein Jahr, bis ihr sterbt. Wer würde da nicht sein gesamtes Vermögen hergeben, um wieder gesund zu sein?

Die meisten Menschen behaupten auch zu wissen, dass Geld nicht glücklich macht, aber manche rennen ihm dennoch hinterher, als wäre es der heilige Gral. Dabei stimmt es, und es wurde mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen: Geld macht nur bis zu dem Punkt glücklicher, an dem alle Grundbedürfnisse gedeckt sind. Darüber hinaus macht Geld nicht glücklicher. Wenn das stimmen würde, müsste Bill Gates ja millionenmal glücklicher sein als 99,99 % aller Menschen. Wer glaubt das? Jeder Mensch will glücklich sein. Wer etwas anderes behauptet, lügt. Doch Glück ist nicht käuflich und steht deshalb über dem Geld. Gesundheit ist zu einem gewissen Maß käuflich, denn viel Geld ermöglicht eine bessere medizinische Versorgung. Doch auch hier gibt es Grenzen (siehe Beispiel oben). Gleiches gilt für Liebe: als reicher Mensch fragt man sich wahrscheinlich des öfteren: werde ich oder nur mein Geld geliebt? Dieter Bohlen und Paul McCartney haben da so ihre Erfahrungen gesammelt...


2. Was ist Geld?

Auch wenn Geld nicht das Wichtigste im Leben ist, können wir ja mal über ein paar grundsätzliche Eigenschaften dieser Nebensache nachdenken. Lest mal die Wikipedia-Artikel zu Geld und der Geld-Theorie. Dort steht, dass Geld ein Zwischentauschmittel ist. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Im Grunde möchte ich also mit dem was ich habe und kann etwas von anderen Menschen, die etwas anderes haben und können. Das geht prinzipiell auch ohne Geld, z.B. in Tauschkreisen. Aber da Geld sich im Laufe der Zeit als globales Tauschmittel etabliert hat, ist es natürlich wesentlich praktischer. Dennoch sollte man sich stets vor Augen führen: Geld bzw. sein Wert ist lediglich ein Versprechen auf eine Gegenleistung, das auf Vertrauen beruht. Versprechen aber können gebrochen werden, und dann verschwindet der Wert des Geldes. Das ist schon mehrfach passiert, z.B. in der Hyperinflation im 3. Reich

Man sollte sich also bewusst sein, dass ein hoher Kontostand lediglich eine Summe von Versprechen ist, die jederzeit gebrochen werden können. Darum ist es bei der Geldanlage wichtig, sich nicht nur auf Versprechen zu verlassen, sondern auch "handfeste" Gegenwerte zu ertauschen. Damit meine ich Dinge, die man anfassen kann und einen Materialwert an sich besitzen. Dazu zählt z.B. ein Haus, das auch noch steht, wenn Geld an sich den Wert verloren hat. Oder Edelmetalle wie Gold, das aufgrund des begrenzten Vorkommens immer einen Wert hatte und haben wird. In Krisenzeiten wird dies den Menschen immer wieder bewusst, wie man am aktuellen Goldkurs sehen kann. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie wichtig ihm reale Gegenwerte im Vergleich zu Versprechen wert sind. (Das kriegt man in der Bank so i.d.R. nicht erklärt ;-) ).


3. Das Streben nach mehr

Für viele Menschen ist Geldanlage ja gar kein Thema: sie geben einfach alles sofort aus. Wer wenig verdient hat oft gar keine andere Wahl, aber auch Besserverdienende wählen ihren Lebensstandard manchmal so, dass am Ende des Monats "die Null steht". Andere jedoch sammeln fleißig Versprechen (auch "sparen" genannt), sei es für eine größere Anschaffung oder als "Polster" für die Zukunft. Dies sollte möglichst effektiv geschehen und damit sind wir beim Thema: dem Streben nach mehr.

Im Prinzip ist dieses Streben nichts Verwerfliches. Das Streben nach Verbesserungen hat die Menschen ja zumindest wirtschaftlich und technologisch vorangebracht. Was Umwelt und Natur sowie die Menschlichkeit an sich angeht, habe ich da meine Zweifel. Problematisch wird die Sache, wenn aus dem Streben nach mehr die Gier wird. Gier ist oft der Auslöser für Krisen wie wir sie grade erleben. Warum? Unter dem Einfluss von Gier vertrauen die Menschen wissentlich oder unwissentlich Versprechen, die nicht gehalten werden können. Da Geld ein globales Wertesystem darstellt, ist es dann auch egal, wer wem was versprochen hat, wenn das Vertrauen erst mal weg ist. Und genau das passiert grade (mal wieder).


4. Grundregeln

Wie schon eingangs betont: ich bin kein so genannter "Börsenprofi". Aber es gibt ein paar Grundregeln, die immer gelten und die jeder kennen sollte. Also: Geld ist nicht das wichtigste im Leben und kann auch ohne eigenes Verschulden jederzeit zum Verschwinden gebracht werden. So viel ist klar. Doch auch Sachwerte können verschwinden: ein Haus kann einstürzen, Gold kann gestohlen werden. Was bleibt dann eigentlich noch übrig?

Stellt Euch mal vor, ihr hättet im Keller eine echte Geldmaschine. Also eine, die keine Blüten, sondern wirklich echtes Geld herstellen kann. Unrealistisch? Dann ratet doch mal wer die Geldmaschine ist! Das seid ihr und eure Arbeitskraft! Wissen und Können sind Vorraussetzungen, um Geld zu verdienen (natürlich bieten sich hier wieder Witze und Hinweise auf unfähige Mitmenschen an, die trotzdem gutes Geld verdienen oder reich geboren wurden, aber die lassen wir mal außen vor, geht ja ums Prinzip...). Wenn Wissen oder Fähigkeiten verschwinden, hat man ein ernstes Problem. Man kann kein neues Geld verdienen. Darum ist die Absicherung der Arbeitskraft (Berufsunfähigkeitsversicherung) wie eine Versicherung der Geldmaschine im Keller. Könnte eventuell sinnvoll sein, denkt mal drüber nach.

Wo wir grade beim Thema Versicherungen sind: nach §823 BGB haftet jeder, der seinen Mitmenschen einen Schaden zufügt, in UNBEGRENZTER HÖHE. Meistens sind diese Schäden nicht so groß, dass sie die wirtschaftliche Existenz eines Menschen bedrohen. Aber stellt Euch mal vor, ihr verschuldet einen Unfall, aufgrund dessen der andere Betroffene nicht mehr arbeiten kann. Ihr haftet für den Schaden und zahlt diesem Menschen die umfangreiche ärztliche Behandlung, Reha-Therapien und ein Leben lang eine Invaliden-Rente. Dann hat sich das Thema Geldanlage für euch erledigt. Da wären die schlappen 50 € im Jahr für eine Privathaftpflichtversicherung mit größtmöglicher Deckungssumme keine schlechte Investition gewesen.

Ich gehe also mal davon aus, dass ihr diese beiden Grundrisiken abgesichert habt. Wer sie in Kauf nimmt, soll sich später bitte nicht beschweren, ich hätte nichts gesagt.


5. Von Zielen, Anlagehorizont und einem magischen Dreieck

Warum häufen Menschen Geld an? Die meisten tun dies, um bestimmte Ziele zu verwirklichen oder sich Wünsche zu erfüllen. Das können kurzfristige Ziele (z.B. der nächste Urlaub), mittelfristige Ziele (z.B. ein neues Auto) oder langfristige Ziele (z.B. Altersvorsorge) sein. Wer Geld anlegen will, sollte vorher festlegen, welche Ziele er damit verfolgt und in welchem zeitlichen Rahmen (Anlagehorizont) sich diese befinden.

Hier ist die Richtung immer von kurz nach lang, soll heißen: als erstes sollte man sich eine kurzfristige "Kriegskasse" (Girokonto oder Tagesgeld, dazu später mehr) anlegen, an die man jederzeit rankommt, damit man "flüssig" ist, falls mal etwas Unvorhergesehenes passiert (z.B. Auto kaputt). Einige tausend Euro sind hier in der Regel ausreichend. Ist die Kriegskasse gefüllt, kann man beginnen mittelfristige Ziele (Zeitrahmen 2-6 Jahre) anzusparen. Parallel sollte man in regelmäßigen Raten für langfristige Ziele (>7 Jahre in der Zukunft) sparen.

Sind die Ziele definiert, sollte man sich darüber klar werden, was einem bei der Geldanlage wichtig ist. Die drei meist genannten Punkte sind Sicherheit, Rentabilität (Zinsen) und Liquidität (Verfügbarkeit). Doch diese drei Punkte schließen sich gegenseitig aus. Man spricht deshalb auch vom "magischen Dreieck“. Bewegt man sich auf eine der drei Ecken zu, entfernt man sich zwangsläufig von den anderen beiden. Es gibt leider keine hochverzinsliche Anlage, die jederzeit verfügbar und 100% sicher ist! Ich habe meine Kunden früher immer einen Punkt in dieses Dreieck machen lassen, der zeigen sollte, wo sie sich sehen. Sozusagen eine bildhafte Standortbestimmung, die jeder versteht. Kennt man die Ziele und die persönliche Anlegermentalität, kann man die geeigneten Finanzprodukte auswählen (natürlich immer unter Berücksichtigung dessen, was jemand schon an Verträgen und Anlagen hat).


6. Wer die Wahl hat...

Zunächst mal herzlichen Glückwunsch, wenn ihr Geld übrig habt und es anlegen wollt. Das ist ja nicht selbstverständlich. Aber jetzt fangen die Luxusprobleme an (und wir sehen, warum Geld nicht unbedingt glücklich macht, sondern oft das Gegenteil bewirken kann). Es gibt eine schier unüberschaubare Anzahl von Finanzprodukten, angefangen vom einfachen Sparbuch bis hin zu Optionsscheinen und hochkomplexen Derivaten, die oft nicht mal die Verkäufer selbst verstehen (das ist wirklich kein Witz: es gab vor gar nicht allzu langer Zeit einen Test, wo nur 40% der "Fachleute" ein solches Produkt richtig darstellen und erklären konnte...).

Wenn schon die Fachleute nicht verstehen, was sie da verkaufen, wie soll es dann der Laie kapieren? Deshalb die oberste Grundregel: legt Geld nur in Produkten an, die ihr 100%ig verstanden habt, wo ihr wisst wie sie funktionieren. Sollte auch nur eine Kleinigkeit unklar sein, nur eine Frage unbeantwortet, nur eine kleine Unsicherheit bestehen, lasst die Finger davon!!! Wenn ihr nicht verstehen könnt, wie Aktien funktionieren, dann kauft doch einfach keine!

Ein weiterer wichtiger Punkt: breite Streuung vermindert das Risiko. Das gilt überall, angefangen von der Wahl der Vertragspartner. Wer all sein Geld einer einzigen Bank anvertraut sieht ganz schön alt aus, wenn diese Bank pleite geht. In Deutschland gibt es drei Säulen: Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken. Hinzu kommen die Versicherungen, die ja auch in großem Stil als Kapitalanleger fungieren. Dieses System ist weltweit einzigartig und im Vergleich mit anderen Systemen wie Amerika oder England ziemlich stabil, wie sich jetzt grade wieder zeigt.

Ich habe in der Finanzbranche gearbeitet und weiß daher, dass es das Ziel eines Beraters (Verkäufers) sein soll, den Kunden komplett zu betreuen. Mehr Verträge, mehr Geschäft, mehr Provision. Das wird dem Kunden gerne als "ganzheitliche Beratung" und "Allfinanzkonzept" verkauft. Richtig ist: der Berater muss alles was der Kunde hat KENNEN. Nur so ist eine korrekte Einschätzung der Situation möglich. Es bedeutet aber nicht, dass der Kunde sein gesamtes Geld bei einem einzigen Anbieter ANLEGEN muss. Im Gegenteil: teilt euer Geld auf! Legt einen Teil bei der Sparkasse an, einen Teil bei der Volksbank, einen Teil bei einer Großbank usw.

Was für die Wahl der Anbieter gilt, gilt auch für die Wahl der Finanzprodukte: aufteilen! Auf welche Produkte und in welchen Verhältnissen hängt von euren Zielen und eurem Anleger- und Risikoprofil ab (siehe Punkt 5).


7. In medias res: hinter den Kulissen

Ihr habt tatsächlich bis hier gelesen? Danke für soviel Interesse! Dann will ich jetzt auch mal ein bisschen ins Detail gehen und einige Geldanlagen näher beleuchten. Ich tue dies ohne den Anspruch Richtigkeit und Vollständigkeit. Grundsätzlich gilt: wenn ihr etwas unterschreibt, lest immer auch das Kleingedruckte. (Das macht kaum einer! Glaubt mir, ich habe viele Kunden betreut, die mir einfach VERTRAUT haben! In den kleingedruckten Vertragstexten hätte wer weiß was stehen können...!)

Fangen wir mal mit einem Konto an, das eigentlich gar nicht zur Geldanlage, sondern zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs dient: dem Girokonto. Ich behaupte: es ist DAS zentrale Konto, das auch extrem wichtig für die weitere Geldanlage ist! Die Bank, bei der der Kunde sein Girokonto hat, ist sein zu Hause. Die meisten Menschen haben bei dieser Bank auch den Großteil ihrer Geldanlagen oder Kredite. Alle Zahlungen laufen über dieses Konto: Gehalt, Miete, Strom, Abonnements usw. Mittlerweile wird sogar ständig mit einem kostenlosen Girokonto um Kunden geworben, und diese Kunden bekommen teilweise sogar Startguthaben in Höhe von 100 € und mehr "geschenkt"! Warum? Wenn es kostenlos ist verdient die Bank doch nichts dran, mag man denken. Weit gefehlt!

Hinter den Kulissen läuft der Hase nämlich so: dieses Konto gibt es zunächst mal gar nicht für alle, sondern nur für Kunden, die einen regelmäßigen monatlichen Geldeingang von z.B. mindestens 1.200 € vorweisen können (d.h. Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger will man hier aus gutem Grund nicht). Der Wechsel des Girokontos ist mit einem ziemlichen Aufwand verbunden (man denke nur an all die Firmen, denen man die neue Bankverbindung mitteilen muss). Deshalb scheuen viele diesen Wechsel und manche bleiben gar ein Leben lang bei ein und derselben Bank. Das wissen die Banken natürlich. Wie oft habt ihr denn schon die Bank gewechselt? Wer das Girokonto hat, hat den Kunden! Und wie: im bankinternen Computersystem steht ja ALLES! Das heißt, wenn mal jemand mit seiner EC-Karte im Beate-Uhse-Shop einkaufen war: der Bankberater weiß es! Alles was auf Kontoauszügen steht, steht auch im Computer.

Wundert Euch also nicht, wenn der Berater anruft und sagt: "Ich möchte Ihnen gerne einen Beratungstermin anbieten": der hat im PC gesehen, dass ihr auf eurem Girokonto grade etwas mehr Geld draufhabt, dass er gerne für euch anlegen möchte (Provision). Oder dass ihr grade in den Miesen seit und einen Kredit benötigt (Zinsen & Provision). Und genau darum geht es! Dann verdient die Bank Geld. Das Girokonto ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschäftsbeziehung. Es ist schon einige Jahre her, seit ich die Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht habe, aber schon damals wurde intern der Wert eines Girokontos für die Bank im Laufe der gesamten Geschäftsbeziehung auf durchschnittlich 30.000 € geschätzt!

Doch zurück zum Thema Geldanlage: auf Girokonten gibt es manchmal auch Zinsen, aber die sind so gering, dass sie nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen, d.h. der Verlust der Kaufkraft ist höher als der Zugewinn durch Zinsen. Unterm Strich bleibt also ein Minus: man kann nach einem Jahr für sein Geld plus Zinsen weniger kaufen als vor einem Jahr mit dem Geld ohne Zinsen. Das gilt leider auch für das Tagesgeldkonto und das altbekannte Sparbuch. Dafür sind diese Anlageformen sicher, da sie der Einlagensicherung unterliegen. Dies gilt auch für Termingeld (Festgeld). Hier sind die Zinsen höher, aber die Verfügbarkeit eingeschränkt. Will man vor dem vereinbarten Ablauftermin an sein Geld, muss man der Bank eine Entschädigung zahlen bzw. der vereinbarte Zinssatz wird nicht bezahlt.

Sparbücher gibt es in allen möglichen Formen, alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Ich möchte nur auf eine besondere Form eingehen: den Sparplan, auch Bonus- oder Vorsorgeplan genannt. Eine Mogelpackung, die ganz bewusst darauf angelegt ist, dem Anleger den effektiven Zins (und nur um den geht es letztendlich) zu verschleiern! Meist sieht das dann wie folgt aus: der Sparer kann bis zu 25 Jahre einen regelmäßigen monatlichen Betrag sparen und erhält mit zunehmender Laufzeit einmal jährlich eine Bonuszahlung in Höhe von anfänglich 2% bis hin zu 50% ab dem 15. Sparjahr. Klingt gigantisch, nicht? In Wahrheit wird dieser tolle Bonus nur auf die Sparleistung EINES JAHRES berechnet, und das Gesamtkapital wird nur mit dem niedrigen Grundzins von ca. 2% verzinst! Ich habe mir mal den Spaß gemacht und den Effektivzins ausgerechnet. Der lag mit ca. 3,25% niedriger als bei Termingeldern mit Einjahresfrist! Besonders schlimm: der Zinseszinseffekt ist nur minimal!

In den beschriebenen Anlageformen gibt man der Bank Geld, die es dann an jemand anderen weiter verleiht und durch die Zinsdifferenz ihren Gewinn macht. Eine weitere Form Geld anzulegen ist, es jemandem direkt zu leihen. Sei es der Bank selbst, einem anderen Unternehmen oder gar dem Staat. Man ist dann der Gläubiger dieser Schuldner. Nichts anderes sind Inhaberschuldverschreibungen. Diese sind meist mit einem festen Zins ausgestattet. Wenn ihr sowas machen wollt: überlegt euch gut, wem ihr wirklich Geld leihen würdet und ob derjenige es auch zurückzahlen kann.

Interessanterweise gilt grade der deutsche Staat, der jedes Jahr Milliarden neue Schulden auch in Form von Bundeswertpapieren macht, und nun mit 470.000.000.000 (470 Milliarden) Euro als Bürge für die angeschlagenen Banken in die Bresche springt, als Schuldner mit besonders guter Bonität. Aktueller Schuldenstand der Bundesrepublik Deutschland 2008 ohne die Bürgschaften für die Kreditkrise: ca. 1.500.000.000.000 Euro In Worten: 1,5 Billionen Euro = 1.500 Milliarden Euro = 1,5 Millionen mal 1 Million Euro. Bundeswertpapiere (z.B. Bundesschatzbriefe) sind nach allgemeiner Auffassung eine sehr sichere Geldanlage. Hier zeigt sich, dass (blindes) Vertrauen viel wichtiger ist als die Fakten. Meine persönliche Logik setzt an dieser Stelle jedenfalls aus und deshalb werde ich das hier nicht weiter kommentieren.


8. Aktien und Fonds

Nachdem die bislang genannten Anlageformen ja nicht besonders gut weggekommen sind, erwartet ihr bestimmt ein Loblied auf Aktien und Fonds. Aber da ich erstens nicht besonders gut singen kann und mir auch grad die Melodie entfallen ist, spar ich mir das und gehe die Sache nüchtern an. Wer der Meinung ist, dass Aktien und Fonds Teufelszeug sind, wer sich in dieser unveränderlichen Meinung auch durch die aktuelle Krise bestätigt sieht und glaubt, die Welt geht nun unter: ihr könnt hier aufhören zu lesen, denn der weitere Text ist dann uninteressant. Danke für die Aufmerksamkeit und viel Spaß bei der Beerdigung der Zivilisation so wie wir sie kennen. Alle anderen lade ich ein, noch ein bisschen weiter zu lesen und zumindest mal drüber nachzudenken, wie Wirtschaft funktioniert, wie Werte geschaffen und vernichtet werden.

Was stellen Aktien eigentlich dar? Im Grunde leiht man auch hier jemandem Geld. In diesem Falle einem Unternehmen. Dieses Unternehmen kann mit diesem Geld arbeiten und Gewinne erwirtschaften. Oder auch Verluste. Das Unternehmen kann auch pleite gehen. In diesem Fall ist das investierte Geld weg und dessen sollte man sich bewusst sein. Wer allein mit der Existenz dieser Möglichkeit nicht leben kann sollte die Finger von Aktien lassen, so einfach ist das.

Wer aber ein bisschen nachdenkt, kommt zu dem Schluss, dass man sein Geld nur auf ausreichend viele Unternehmen verteilen muss, um diese Gefahr zu minimieren. Das hatten wir schon mal: risikoarme breite Streuung, ihr erinnert euch? Das Problem ist, dass die meisten Menschen nicht genügend Geld haben, um es in ausreichendem Maße zu streuen, und es macht aufgrund der Gebühren keinen Sinn, immer nur eine Aktie eines Unternehmens zu kaufen. Erst ab einem Kaufauftrag von ca. 3.000 € stehen die Abwicklungsgebühren in einem vernünftigen Verhältnis zur Anlagesumme. Will man sein Geld auf nur fünf Unternehmen verteilen, muss man schon 15.000 € investieren! Das können und wollen die wenigsten.

Und jetzt kommt die Fonds-Idee ins Spiel. Ein Aktienfond ist nichts anderes als ein Sammeltopf für Aktien verschiedener Unternehmen. Ein Anleger kann auch mit kleinen Summen Anteile dieses Fonds und somit aller in diesem Fonds befindlichen Unternehmen (oft weit über hundert) erwerben. So erreicht man eine große Risikostreuung auch mit kleinen Beträgen. Geht jetzt eines dieser Unternehmen pleite, gibt es noch viele andere und der Wert des Anteils sinkt nur minimal oder wird durch die Gewinne der anderen Unternehmen sogar aufgefangen.


9. Der Weltuntergang

Noch mal zurück zur Finanzkrise: ein Kunde fragte mich völlig verunsichert und mit einem Anflug von Panik, was denn passiere, wenn nun alle großen Firmen pleite gehen, weil sie keine Kredite mehr bekommen. Nun, spielen wir dieses Szenario mal durch. Das würde bedeuten:

  • kein Mensch trinkt mehr Coca-Cola, Limo, Bier (nur dann gehen alle Getränkehersteller pleite)
  • kein Mensch geht mehr zu McDonalds oder Burger-King (nur dann gehen diese Firmen pleite)
  • kein Mensch kauft mehr Lebensmittel bei Aldi, Lidl & Co. (nur dann gehen diese Firmen pleite)
  • kein Mensch kauft mehr ein neues Auto (nur dann gehen alle Automobilhersteller pleite)
  • kein Mensch kauft einen neuen PC (nur dann gehen alle Computerhersteller pleite)
  • kein Mensch kauft mehr Medikamente (nur dann gehen alle Pharma-Firmen pleite)
  • kein Mensch verbraucht mehr elektrischen Strom (nur dann gehen alle Energiehersteller pleite)
  • ...

Merkt ihr was? Wenn das alles passiert, sind wir in steinzeitlicher Anarchie angekommen und schlagen uns als Jäger und Sammler durch die Wildnis. Es gibt keine modernen Städte mehr (kein Strom), keine Mobilität (keine Autos/Mofas/Fahrräder), keine Kommunikation (Telekom/Internet-Firmen), weil es ja keine einzige große Firma mehr gibt, es wird ja nichts mehr hergestellt. NICHTS. Ich halte es für 1000 Mal wahrscheinlicher, dass der Klimawandel viele von uns die Existenz kosten wird, als eine Wirtschaftskrise. Im Gegenteil: der Klimawandel wird zunächst für einen gigantischen Wirtschaftsaufschwung sorgen, weil neue Technologien entwickelt und vermarktet werden.


10. Die Realität / Fazit

Es wird immer wieder Schwankungen an den Aktienmärkten geben, auch sehr große, bei denen die Bewertung der Unternehmen sinken werden. Das heißt aber lediglich, dass viele Menschen nun GLAUBEN, dass diese Firmen weniger wert sind. Es heißt nicht, das sie es tatsächlich sind!

Erinnert ihr euch an den Anfang dieses kleinen Aufsatzes? Geld ist nicht das Wichtigste im Leben. Ich behaupte: ein gesundes Maß an Gelassenheit, das einem diese Erkenntnis gibt, ist gerade in hektischen Zeiten von Vorteil. Gut, nicht jeder kann solchen Gleichmut aufbringen und ich gestehe, dass auch ich manchmal ein flaues Gefühl im Magen habe, wenn ich mir die Wertentwicklung meines Depots in solchen Zeiten anschaue. Aber wenn man wie ich nicht zu den Zockern gehört und ständig Aktien kauft und verkauft, gibt es einen wesentlichen Faktor, der bei Anlagen im Aktienbereich enorm wichtig ist: Zeit.

Schon damals habe ich meinen Kunden erklärt, dass man sich vom Geld, was man in Aktien(fonds) investiert, auf viele Jahre einfach geistig verabschieden sollte. Wer jeden Tag auf den Wert seiner Anlagen schaut, läuft Gefahr, im Falle einer Krise wie jetzt die Nerven zu verlieren und zu Schleuderpreisen seine Anteile zu verkaufen. Keine Sorge: es gibt immer Leute, die euch dann die Anteile oder Aktien abkaufen, z.B. Warren Buffett: der reichste Mann der Welt ist grade auf großer Einkaufstour... Ich denke, er weiß was er tut ;-)


Nachträge:

06.01.2009

Heute ging eine Nachricht über den Ticker, die gleich in zweifacher Hinsicht auf die hier beschriebenen Dinge Bezug nimmt. Der Unternehmer Adolf Merckle (Gründer von Ratiopharm) hat sich das Leben genommen, weil er sich mit VW-Aktien verspekuliert hatte (er hatte auf fallende Kurse gesetzt). Merckle war Multimilliardär (!!!) und der fünftreichste Mann Deutschlands. Auch nach der Fehlspekulation war er mit Sicherheit kein armer Mann. 1.) Den VW-Wahnsinn konnte auch er nicht vorhersehen. 2.) Jetzt behaupte noch einer, Geld mache glücklich...


17.04.2009

Ein halbes Jahr später: der DAX ist innerhalb von einem Monat von 3.666 schon wieder auf 4.600 (+25%) geklettert, und das obwohl alle Wirtschaftsdaten grottenschlecht sind. Es ist die größte Rezession seit dem 2. Weltkrieg. Alles liegt am Boden, sogar der größte Autobauer der Welt, General Motors, ist pleite. Aber die Börse steigt. Begründung: es werden ja wieder bessere Zeiten kommen. Ach was, ehrlich? Und das wusste man vor zwei Monaten noch nicht? So was aber auch! Die Frage ist wie immer: wann glaubt die Mehrzahl, dass es wieder aufwärts geht?


22.04.2009

Der nächste Selbstmord: David Kellermann, Finanzvorstand des schwer angeschlagenen amerikanischen Immobilien-Finanzierers Freddie Mac, hat sich mit gerade mal 41 Jahren das Leben genommen. Er hat sich im Keller seiner Luxus-Villa erhängt.


29.05.2009

Die Wirtschaftskrise erreicht auch die Formel 1. Seit Wochen wird über eine Budget-Obergrenze gestritten, es muss an allen Ecken und Enden gespart werden. Folgendes Zitat fand ich sehr bemerkenswert: "Wenn es ganz extrem kommen würde und es im nächsten Jahr keine Formel 1 mehr geben würde, dann würde ich wieder in der Firma meines Vaters als Gerüstbauer anfangen. Ganz einfach. Ich habe damit kein Problem, was soll ich denn machen? Mich hinsetzen und Däumchen drehen? Davon wird's auch nicht besser." (Timo Glock, Formel-1-Fahrer für TOYOTA). DAS ist eine Einstellung, die mir gefällt! Wenn alles weg ist: Ärmel hochkrempeln und neu anfangen / weitermachen!


24.07.2009

Der DAX steht mittlerweile wieder bei 5.300 Punkten (+45% seit dem Tiefstand vor nur 120 Tagen), der IFO-Geschäftsklima-Index steigt kontinuierlich und mittlerweile glauben immer mehr Menschen, dass die Welt doch (noch) nicht untergeht. Viele Banken machen schon wieder Milliarden-Gewinne (in erster Linie verdienen sie am Geschäft mit Anleihen, die die Staaten auflegen mussten, um marode Banken vor dem Bankrott zu retten. Wenn das nicht pervers ist) und die Millionen-Boni für die Manager fließen auch schon wieder in Strömen. Alle fallen in das alte Muster zurück und es scheint, als hätten viele aus dieser Krise rein gar nichts gelernt. Nur der Steuerzahler ist wie so oft der Dumme, hat die Risiken getragen und letztlich auch bezahlt.


18.01.2011

Die Jahre gehen ins Land, mittlerweile gibt es die Euro-Krise, Staaten stehen vor dem Bankrott und können nur durch "Rettungsschirme" mit einer unvorstellbaren Größenordnung vor Spekulanten geschützt werden. Allerdings steht der DAX stand heute wieder bei 7.100 Punkten, hat also seit meinem letzten Eintrag vor knapp 1,5 Jahren nochmals um über 30% zugelegt und sich damit innerhalb von nicht mal zwei Jahren verdoppelt. Heute fand ich auf der ARD-Seite die Meldung, dass sich die Stimmen von Analysten mehren, der DAX könnte sogar noch in diesem Jahr auf 9.000 Punkte steigen. Was lernen wir daraus? Es geht wahrscheinlich bald wieder runter... ;-)


27.09.2013

Wie witzig, grade hab ich noch mal meine alten Blogeinträge durchgelesen und die Prognose vom 18.01.2011 gesehen. Tatsächlich fiel der DAX Mitte des Jahres 2011 von 7.500 Punkten schlagartig bis auf 5.200 Punkte runter! Seitdem schwingt er sich zu immer neuen Höchstständen und ist heute bei ca. 8.600 Punkten angelangt. Ist jetzt natürlich blöd für alle, die ihr Geld für sagenhafte 0,8% auf der Bank liegen haben und sich durch den Kaufkraftverlust durch die Inflation in der Tat ärmer sparen. Aber jetzt noch Aktien kaufen? Wo sie doch sooo teuer sind? Da sag ich mal: „LOL“. Jetzt kann‘s auf einmal nicht schnell genug runter gehen. Und wenn es dann endlich runter geht, haben wieder alle Schiss, wetten? :-) Die Bankenkrise ist in meinen Augen übrigens immer noch nicht vorbei, es redet nur keiner mehr drüber. Aber das nur am Rande.


27.01.2016

Ich glaube zwar kaum, dass einer im Jahr 2016 noch einen so langen Blog-Eintrag aus dem Jahr 2008 bis zum Ende durchliest, aber ich notiere den Stand der Dinge ja auch für mich selbst um später meine Einschätzungen noch einmal durchlesen und mit der Realität abgleichen zu können. Realität im Jahr 2016: Der DAX steht bei knapp 10.000 Punkten. Liest man sich diesen Blog durch könnte man meinen: das ist doch toll! Seit dem letzten Eintrag vor gut zwei Jahren nochmals über 1.400 Punkte / 16 Prozent Plus! Aber im Moment ist die Stimmung eher schlecht, weil: der DAX war ja zwischenzeitlich schon mal bei 12.000 Punkten... :-)

Hier noch ein Video in dem Volker Pispers messerscharf das Finanzsystem und Geld erklärt. Wer denkt, das sei nur „Comedy“ der irrt: genau SO ist es. Er beschreibt einfach nur die Realität. Und die kommt uns so komisch vor, dass wir lachen müssen. Obwohl es eigentlich nicht lustig ist.

06.11.2017

Der DAX markiert ein neues Allzeit-Hoch und geht mit 13.478 Punkten aus dem Handel. Vor 8 Jahren waren es knapp 10.000 Punkte weniger. Der Wert hat sich also in nur 8 Jahren nahezu vervierfacht. Und die Deutschen legen ihr Geld immer noch vorzugsweise mit zurzeit 0,01 Prozent pro Jahr auf dem Sparbuch an und sind froh, keine negativen Zinsen zahlen zu müssen: herzlichen Glückwunsch! Sollte überhaupt noch jemand außer mir diesen Text hier jemals lesen: schreib mir doch einfach mal eine Mail... ;-)