Clara Zetkin: Antwort auf die Ehrung zu Clara Zetkins 64. Geburtstag (5. Juli 1921) [Protokoll des III. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale, Moskau 22. Juni bis 12. Juli 1921. Hamburg 1921, 17. Sitzung, S. 743f.] CLARA ZETKIN. Genossinnen und Genossen, Ihr nehmt meine Kraft von mir, wenn Ihr mich anerkennt und lobt. Wenn Ihr auf mir herumtrampelt, so fühle ich mich ganz wohl dabei, denn da meine ich, in all diesen Kämpfen diene ich der Sache: der Erringung von Klarheit für das Weitertreiben der Revolution. Aber wenn Ihr mich lobt, da fühle ich mich gedemütigt. Denn ich empfinde alles, was ich gewollt habe, und was ich nicht durchsetzen konnte; ich fühle alles, was mir das Leben, die Idee der Revolution gegeben hat, und was ich leider der Revolution schuldig bleiben musste, weil ich nicht über meine Kraft konnte. Genossinnen und Genossen, was ich getan habe, war so selbstverständlich wie nur etwas. Ich habe immer nur meiner Natur gehorcht und verdiene dafür kein Lob. Ich habe nicht anders sein können, als ich bin, nicht anders handeln können, als ich gehandelt habe. Und verdient der Fluss Lob dafür, dass er talwärts fließt, verdient der Vogel Lob, wenn er singt? Es ist ganz natürlich. Und so habe ich der Revolution gedient, weil ich aus innerer Notwendigkeit der Revolution dienen musste. Ich gehe auf all das Schöne nicht ein, was Genosse Heckert hier von mir erzählt hat. Es ist mir aber eine Pflicht, das eine hier vor Euch auszusprechen: für meine Entwicklung und für das, was ich leisten konnte, danke ich sehr viel der deutschen Theorie und Praxis, für die Praxis sehr viel der Geschichte und dem Beispiel unserer französischen und englischen Brüder. Aber die Empfindung für den Willen, den ich in den Dienst der Revolution gestellt habe, lassen Sie mich das Wort aussprechen ohne jeden bürgerlichen Beigeschmack: für meine revolutionäre Moral bleibe ich zu ewigem Dank verpflichtet dem Beispiel der russischen Revolutionäre, der russischen Sozialdemokratie und der Bolschewiki. Was ich moralisch geworden bin, das Maß der Energie, das ich an den Dienst der Revolution setze, ich verdanke es in erster Linie meinem innigen Verbundensein mit der russischen Revolution von ihren 70er Jahren an. Lassen Sie mich noch ein anderes hier aussprechen: ich kann hier nicht vor Ihnen stehen, ohne dass mich nicht die Erinnerung überwältigt an diejenige, die ein Teil meines Wesens war und bleiben wird, an Rosa Luxemburg. All das, was ich war und wirkte, es war gemeinsam Werk mit Rosa Luxemburg. Und ich kann den Schmerz nicht zurückhalten, dass sie heute nicht mehr neben mir steht, nicht unter uns ist. All diese Blumen hier, ich lege sie im Geiste auf ihr Grab. Genossinnen und. Genossen, ich bin zu ergriffen, um Euch eine schöne Rede zu halten. Ich sage, es gibt nur einen Herzenswunsch, den ich habe, und zu dessen Erfüllung Ihr alle beitragen könnt. Nämlich dafür zu arbeiten und zu kämpfen, dass ich nicht in die Grube fahre, ohne vorher noch die Revolution in Deutschland und womöglich auch in anderen Ländern gesehen zu haben. (Lebhafter Beifall.) Es gibt nur einen Entschluss für meine Arbeit, für meinen Kampf, das ist beizutragen zur proletarischen Revolution, zum Sieg des revolutionären Proletariats. (Langanhaltender, stürmischer Beifall und Applaus.) |
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