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Leo Trotzki 19370320 Die geplante Barcelona-Konferenz

Leo Trotzki: Die geplante Barcelona-Konferenz

20. März 1937

[Veröffentlicht im Information Bulletin des Internationalen Büros für die Vierte Internationale, Juli 1937. Nach Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, S. 238-241]

Ich bin nicht sicher, ob die Barcelona-Konferenz, von den Zeitungen für den 1. Mai angesagt, angesichts der Ereignisse in Spanien und anderswo, tatsächlich stattfinden wird. Es ist für mich sehr schwierig, mich zu dieser geplanten Konferenz zu äußern, denn meine Information ist nicht nur lückenhaft, sondern so gut wie nicht vorhanden. Ich kann nur einige allgemeine Erwägungen anstellen.

Der Lauf der Ereignisse unterwirft alle Gruppen, Tendenzen und Fraktionen schrecklichen Prüfungen. Wir haben die Ultralinken reinsten Wassers (die Bordigisten) unter dem aus Spanien kommenden Schock explodieren sehen. In unseren eigenen Reihen haben wir erlebt, wie sich formale Unversöhnlichkeit in wenigen Wochen in jämmerliche Fahnenflucht verwandelt (die Gegner des Entrismus Schmidt, Stein de Zeeuw, Muste). Wir haben auch andere unversöhnliche Eintrittsgegner erlebt, die gestern mit Schmidt, Stein de Zeeuw und Muste zusammen gegen uns ein Bündnis schlossen und sich jetzt nach politischer Unterstützung gegen uns seitens der opportunistischen Führung der POUM umsehen (Sneevliet und Vereecken). Dies sind die wichtigsten Lehren. Aber es gibt noch andere.

Die ILP und die SAP werden genau in dem Augenblick stalinistisch, wo sich der Stalinismus als die wahre Syphilis der Arbeiterbewegung erweist. Das Londoner Büro, mit dem nicht nur Schmidt, sondern auch Sneevliet und Vereecken flirteten, zerfällt oder ist dabei, zu schließen. Die verschiedenen von ihrer eigenen Unbeständigkeit erschrockenen Zwischengruppen suchen in der letzten Minute Unterstützung bei der spanischen Revolution. Als all die Führer der ILP und der SAP Nin gegen uns unterstützen, haben sie alles ihnen Mögliche getan, um den Sieg in Spanien zu verhindern. Jetzt meinen sie, ihren endgültigen Bankrott im Schatten des heroischen spanischen und katalanischen Proletariats verbergen zu können. Umsonst. Der Sieg ist nur auf dem Wege zu erzielen, den wir immer wieder aufgezeigt haben. Entweder müssen Nin, Andrade und Gorkin ihre Politik radikal ändern, den Weg Martows für den Weg Lenins aufgeben, oder sie werden die POUM in eine Spaltung oder vielleicht sogar in eine entsetzliche Niederlage hineinfuhren. Revolutionäre Phrasen (Leitartikel, feierliche Reden usw.) bringen die Revolution keinen Schritt weiter. Der Kampf der POUM-Arbeiter ist großartig, aber er kann ohne eine entschlossene Führung nicht zum Sieg führen. Es gilt, die Massen mit äußerstem Mut gegen die verräterischen Führer zu mobilisieren. Da liegt der Hund begraben.

Man muss mit der Schattenbourgeoisie brechen, die nur in der Volksfront bleibt, um die Massen daran zu hindern, ihre eigene Revolution zu machen – das wäre der erste Tagesbefehl. Man muss die Anarchisten, Stalinisten, Sozialisten gegen ihre Führer mobilisieren, die nicht mit den bürgerlichen Ministern brechen wollen – jenen Vogelscheuchen zum Schutz des Privateigentums. Das wäre der zweite Schritt. Ohne dieses Vorgehen bleibt alles andere nur große Worte, Geschwätz und Lügen. Fünf Jahre haben sie vergeudet, in denen sie keine leninistische Politik machten. Ich bin nicht sicher, ob ihnen noch fünf Monate oder fünf Wochen für den Versuch bleiben, die begangenen Fehler zu korrigieren.

Wenn Sneevliet – nach seinem Flirt mit London – jetzt versucht, mit Nin eine neue Internationale zu schaffen – umso schlimmer für ihn. Er wird nur noch mehr kompromittiert aus diesem Unternehmen hervorgehen.

Ihr wollt an der Barcelona-Konferenz teilnehmen, wenn sie wirklich stattfindet. Dieser Beschluss erscheint mir richtig. Es wäre unsinnig, die „Nicht-Entristen" um jeden Preis zu imitieren. Wir werden eintreten oder nicht – je nach Umständen. Das ist nicht die entscheidende Frage. Wir müssen wissen, was wir auf dieser Konferenz wollen. Im Stile Vereeckens oder Sneevliets teilzunehmen, wäre fatal. Es gilt, in voller Unabhängigkeit teilzunehmen, ohne die geringste Konzession bei prinzipiellen Fragen und ohne im Geringsten die Mängel und Verbrechen der anderen Teilnehmer mit Nachsicht zu behandeln. Natürlich muss die Form unserer Anprangerungen und unsere Kritik der spanischen Situation und der Mentalität der Arbeiter angepasst sein, die noch nicht bei uns sind. Mir scheinen die Moskauer Prozesse der Prüfstein für jede Gruppe zu sein, die auf revolutionäre Prinzipien Anspruch erhebt. Der durchschnittliche Arbeiter mag sich über diese Prozesse keine Meinung gebildet haben; wir werden ihm geduldig die Wahrheit erklären. Aber „Führer", die sich zutrauen, eine neue Internationale zu schaffen, können keine Ausflüchte machen und sich insgeheim mit der GPU solidarisieren – wie es das Pack um Brandler und Walcher macht. Das mindeste, was Sie von der Konferenz verlangen könnten, wäre eine völlige Unterstützung für eine internationale Untersuchungskommission. Sollte die Mehrheit dagegen sein, so muss man die Konferenz demonstrativ verlassen. Unterstützt die Mehrheit diesen Antrag, so müssen Sie schonungslos die Minderheit, die dagegen gestimmt hat, brandmarken – in einer Erklärung, in der alle Agenten der GPU aufgezählt und charakterisiert sind. Die Betrüger sollen uns nicht erzählen können, man dürfe im Interesse der spanischen Revolution keine Debatte über die russische Frage beginnen, oder – wie dieser elende Lakai Malraux sich ausdrückt – über „persönliche Fragen". Genau im Interesse der spanischen Revolution und angesichts des nahenden Krieges ist es notwendig, deutlich zu unterscheiden, wo die Revolutionäre – selbst die ehrlichen Halbrevolutionäre-Halbzentristen – und wo die Fälscher sind, jene Agenten der bonapartistischen Clique, die durch die Moskauer Prozesse gezeigt hat, dass sie in jeder Minute bereit und imstande ist, die obersten Interessen des Proletariats zu verraten, um ihre Privilegien zu retten.

Die Diskussion über programmatische und politische Fragen – bei Bewahrung unserer völligen Unversöhnlichkeit – kann gleichzeitig sehr ruhig und selbst sehr freundschaftlich gegenüber den Elementen geführt werden, die zumindest den Mut aufbringen, sich den Bonapartisten von Moskau zu widersetzen. Den anderen müssen wir bei jeder passenden Gelegenheit Peitschenhiebe austeilen.

Ich spreche nur über taktische Fragen, denn unsere Genossen sind ausreichend bei theoretischen und politischen Punkten gewappnet. Sie brauchen nichts zu ändern, nichts zu revidieren. Es handelt sich nur darum, was wir durch Erfahrung erworben haben, der gegenwärtigen Situation anzupassen. Das sind die wenigen Bemerkungen, die ich von hier aus zu der Barcelona-Konferenz machen kann.

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