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Leo Trotzki 19380929 Gespräch über die Aufgaben der amerikanischen Gewerkschaften

Leo Trotzki: Gespräch über die Aufgaben der

amerikanischen Gewerkschaften

[eigene Übersetzung nach dem russischen Text im „Bulletin der Revolution“, verglichen mit der französischen Übersetzung]

Der Unterzeichnete nahm am Gespräch einer der ausländischen Persönlichkeiten der Vierten Internationale mit einem prominenten Organisator der US-Gewerkschaftsbewegung (CIO) teil. Das Gespräch dauerte mehrere Stunden und betraf die wirtschaftliche Lage der Vereinigten Staaten, den bevorstehenden Krieg, die Aufgaben des CIO und so weiter. Ich möchte hier den Teil des Gesprächs wiedergeben, der ein allgemeines Interesse haben könnte.

Der Einfachheit halber wird der Gewerkschaftsorganisator A., der Vertreter der Vierten Internationale B. genannt.1

A.2 - Die Politik unserer Gewerkschaft zielt darauf ab, vollständige Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Wir haben die Verteilung der Arbeit auf alle Mitglieder der Gewerkschaft unter Beibehaltung der alten Tarife erreicht.

B.3 - Und welchen Teil des alten Lohnes bekommen Ihre Arbeiter jetzt?

A. - Ungefähr 40%.

B. - Aber das ist ungeheuerlich! Sie haben eine gestaffelte Arbeitszeit unter Beibehaltung der alten Tarife erreicht, aber das bedeutet nur, dass die Arbeitslosigkeit all ihre Schwere auf die Arbeiter selbst legt. Sie befreit die Bourgeoisie von der Notwendigkeit, ihre Mittel für die Arbeitslosen auszugeben, indem jeder Arbeiter 3/5 seines Einkommens opfert?

A. - Da ist etwas Wahres dran4. Aber was ist zu tun?

B. - Nicht etwas Wahres, sondern die ganze Wahrheit!5 Der amerikanische Kapitalismus ist krank an einer chronischen und unheilbaren Krankheit. Können Sie Ihre Arbeiter mit der Hoffnung trösten, dass die gegenwärtige Krise vorübergehend Charakter hat und in naher Zukunft eine neue Epoche der Prosperität beginnt?

A. - Ich persönlich mache mir solche Illusionen nicht. Viele in unserer Umgebung6 verstehen, dass der amerikanische Kapitalismus in die Epoche des Niedergangs eingetreten ist.

B. - Aber das bedeutet, dass eure Arbeiter morgen 30% ihres bisherigen Lohnes erhalten, übermorgen 25%, etc. Episodische Verbesserungen sind in der Tat möglich, ja unvermeidlich; aber die generelle Linie führt zu Verfall, Degradierung, Armut. Marx und Engels sagten dies schon im Kommunistischen Manifest voraus. Was ist das Programm Ihrer Gewerkschaft und des CIO im Allgemeinen?

A. - Sie kennen leider nicht die Psychologie der amerikanischen Arbeiter. Sie sind es nicht gewohnt, an die Zukunft zu denken. Sie sind an einer Frage interessiert: Was kann man jetzt sofort tun? Unter den Anführern der Gewerkschaftsbewegung gibt es natürlich auch solche, die sich klar über die drohende Gefahr Rechenschaft ablegen. Aber sie können nicht sofort die Psychologie der Massen neu gestalten. Gewohnheiten, Traditionen, Ansichten der amerikanischen Arbeiter binden und beschränken unsere Möglichkeiten. All dies kann nicht an einem Tag geändert werden.

B. - Sind Sie sicher, dass die Geschichte Ihnen viele Jahre der Vorbereitung bescheren wird? Die Krise des amerikanischen Kapitalismus hat „amerikanisches" Tempo und Maßstab. Ein starker Organismus, der die Krankheit nicht kannte, beginnt ab einem bestimmten Moment sehr schnell zu zerfallen. Der Zusammenbruch des Kapitalismus bedeutet gleichzeitig die direkteste und unmittelbarste Bedrohung für die Demokratie, ohne die es keine Gewerkschaften geben kann. Denken Sie zum Beispiel, dass Mr. Hague* ein Zufall ist?

A. - Oh, nein. Ich glaube das überhaupt nicht. Ich habe in letzter Zeit viele Gespräche mit Gewerkschaftsfunktionären zu diesem Thema geführt. Meiner Meinung nach haben wir in jedem Staat bereits – unter der einen oder anderen Flagge – eine vorgefertigte reaktionäre Organisation, die morgen zum Rückgrat des Faschismus auf nationaler Ebene werden kann. Wir müssen nicht 15-20 Jahre warten. Der Faschismus bei uns kann in drei oder vier Jahren gewinnen.

B. - Was dann....?7

A. - Unser Programm? Ich verstehe Ihre Frage. Die Lage ist schwierig, wir brauchen große Maßnahmen. Aber ich sehe nicht die notwendigen Kräfte, die notwendigen Führer dafür.

B. - Aber das bedeutet kampflose Kapitulation?

A. - Die Lage ist schwierig. Es muss anerkannt werden, dass die meisten Gewerkschaftspersönlichkeiten die Gefahren noch nicht sehen oder nicht sehen wollen. Unsere Gewerkschaften sind, wie Sie wissen, innerhalb kürzester Zeit enorm gewachsen. Es ist natürlich, wenn die Leiter der CIO die Psychologie der Flitterwochen erleben. Sie sind gewohnt, leicht mit Schwierigkeiten fertig zu werden. Die Regierung respektiert sie nicht nur, sondern flirtet auch. Daran sind sie in der Vergangenheit nicht gewöhnt. Natürlich, wenn ihnen im Kopf etwas schwindelig ist. Dieses angenehme Schwindelgefühl fördert das kritische Denken nicht. Sie genießen den heutigen Tag und denken nicht an morgen.

B. - Gut gesagt! Hier stimme ich Ihnen vollkommen zu. Aber der Erfolg des CIO ist ein vorübergehender Erfolg. Das ist nur ein Symptom dafür, dass die Arbeiterklasse der Vereinigten Staaten sich in Bewegung gesetzt hat, mit der Routine gebrochen hat, nach neuen Methoden sucht, um sich vor dem Abgrund zu retten, der sie bedroht. Wenn Ihre Gewerkschaften keine neuen Methoden finden, werden sie pulverisiert. Hague ist heute stärker als Lewis, weil Hague trotz seiner Beschränkungen klar weiß, was er will; und Lewis weiß es nicht. Die Sache kann damit enden, dass Ihre Führer aus dem „angenehmen Schwindelgefühl" erwachen werden.... im Konzentrationslager?

A. - Leider hat die vergangene Geschichte der Vereinigten Staaten mit ihren unbegrenzten Möglichkeiten, mit ihrem Individualismus, unsere Arbeiter nicht an soziales Denken gewöhnt. Es genügt, Ihnen zu sagen, dass zu den Gewerkschaftsversammlungen bestenfalls 15 % der organisierten Arbeiter kommen. Denken Sie sich in dieses Faktum hinein!

B. - Aber kann nicht der Grund für die Abwesenheit der 85% der Umstand sein, dass die Redner … den Massen nichts zu sagen haben?

A. - Ähm … Das ist bis zu einem gewissen Grad wahr. Die wirtschaftliche Lage ist so, dass wir gezwungen sind, die Arbeiter zurückzuhalten, die Bewegung zu verlangsamen und zurückzuweichen. Den Arbeitern gefällt es natürlich nicht.

B. - Das ist es ja gerade. Nicht die Masse ist schuld, sondern die Führer. Auch in der klassischen Epoche des Kapitalismus befanden sich die Gewerkschaften während einer Krise in einer schwierigen Lage, mussten sich zurückziehen, verloren einen Teil ihrer Mitglieder und gaben ihre Anlagefonds8 aus. Aber damals gab es zumindest die Zuversicht, dass der nächste Aufschwung es ermöglichen würde, alle Einbußen im Überfluss wettzumachen. Jetzt gibt es nicht die geringste Hoffnung darauf. Die Gewerkschaften werden von Stufe zu Stufe absteigen. Ihre Organisation, CIO, kann so schnell zusammenbrechen, wie sie entstanden ist.

A. - Was soll man tun?

B. - Erstens muss man den Massen klar sagen, was es ist. Es ist unzulässig, Verstecken zu spielen. Sie kennen die amerikanischen Arbeiter natürlich besser als ich. Dennoch erlaube ich mir, mit Gewissheit zu sagen, dass Sie sie durch eine alte Brille betrachten. Die Massen sind unermesslich besser, mutiger und entschlossener als die Führer. Das Faktum selbst der schnellen Entstehung und des Wachstums des CIO, zeigt, dass sich der amerikanische Arbeiter an der Wurzel verändert hat unter dem Einfluss der schrecklichen wirtschaftlichen Stöße der Nachkriegsperiode, insbesondere des letzten Jahrzehnts. Als ihr eine kleine Initiative in der Sache der Schaffung kämpferischerer Gewerkschaften zeigtet9, reagierten die Arbeiter sofort und gaben euch außergewöhnliche, in der Geschichte beispiellose Unterstützung. Sie haben kein Recht, sich über die Masse zu beschweren. Und die sogenannten „Sitzstreiks"? Nicht die Führer erfanden diese Streiks, sondern die Arbeiter selbst. Ist dies nicht ein unverkennbares Zeichen für die Bereitschaft der amerikanischen Arbeiter, zu entschlosseneren Kampfmethoden überzugehen? Mr. Hague ist das unmittelbare Ergebnis der Sitzstreiks. Leider wagte es in den oberen Gewerkschaftsrängen niemand, aus der Verschärfung des sozialen Kampfes ebenso mutige Schlussfolgerungen zu ziehen, wie die kapitalistische Reaktion. Darin liegt der Clou der Lage10. Die Führer des Kapitals denken und handeln unermesslich fester, konsequenter, mutiger als die Führer des Proletariats, diese Skeptiker, Routiniers, Bürokraten, die die Kampfmoral der Massen dämpfen. Daher wächst die Gefahr des Sieges des Faschismus, obendrein in sehr kurzer Zeit. Die Arbeiter kommen nicht in eure Meetings, weil sie instinktiv die Unzulänglichkeit, Haltlosigkeit, Leblosigkeit, direkte Falschheit eures Programms spüren. Die Gewerkschaftsführer halten sie mit allgemeinen Phrasen hin, während jeder Arbeiter die Katastrophe über seinem Kopf spürt. Man muss eine Sprache finden, die den realen Bedingungen des verrottenden Kapitalismus entspricht und nicht bürokratischen Illusionen.

A. - Das habe ich Ihnen schon gesagt: Ich sehe die Führer nicht. Es gibt verschiedene Gruppen, Sekten, aber ich sehe niemanden, der die Arbeitermassen vereinen könnte, auch wenn sie mit Ihnen übereinstimmen, dass die Massen bereit sind zu kämpfen.

B. - Die Sache handelt sich nicht um die Führer, sondern um das Programm. Das richtige Programm wird nicht nur die Massen heben und vereinen, sondern auch die Führer erziehen.

A. - Was halten Sie für das richtige Programm?

B. - Sie wissen, dass ich Marxist bin, noch genauer: Bolschewist. Mein Programm hat einen sehr einfachen und kurzen Namen: die sozialistische Revolution. Aber ich verlange von den Führern der Gewerkschaftsbewegung nicht, dass sie sich sofort das Programm der Vierten Internationale zu eigen machen. Was ich von ihnen verlange ist, dass sie aus ihrer eigenen Arbeit, aus ihrer eigenen Position Schlüsse ziehen, damit sie sich selbst und der Masse mindestens zwei Fragen beantworten: 1) Wie rettet man den CIO vor Bankrott und Ruin? 2) Wie rettet man die Vereinigten Staaten vor dem Faschismus?

A. - Was würden Sie selbst heute in den Vereinigten Staaten tun, wenn Sie Gewerkschaftsorganisator11 wären?

B. - Erstens sollten die Gewerkschaften die Frage der Arbeitslosigkeit und der Löhne ansprechen. Die gleitende Skala der Arbeitszeit, wie bei Ihnen, ist richtig: Jeder sollte eine Arbeit haben. Aber die gleitende Skala der Arbeitszeit sollte durch eine gleitende Skala der Tariflöhne ergänzt werden. Die Arbeiterklasse kann nicht einen ständigen Niedergang ihres Lebensstandard zulassen, denn das wäre gleichbedeutend mit dem Tod der menschlichen Kultur. Als Ausgangspunkt muss man die höheren Einkommen am Vorabend der Krise von 1929 nehmen. Die von den Arbeitern geschaffenen mächtigen Produktivkräfte sind nicht verschwunden, sie sind nicht zugrunde gegangen, sie sind vorhanden. Für die Arbeitslosigkeit sind diejenigen verantwortlich, die diese Produktivkräfte besitzen und über sie verfügen. Die Arbeiter können und wollen arbeiten. Die Arbeit sollte auf alle Arbeiter verteilt werden. Das Einkommen eines jeden Arbeiters sollte nicht niedriger sein als das in der Vergangenheit erreichte Maximum. Das ist die natürliche, notwendige und dringende Forderung der Gewerkschaften. Andernfalls werden sie von der historischen Entwicklung weggefegt, wie Kehricht.

A. - Ist dieses Programm realisierbar? Schließlich bedeutet es den Ruin der Kapitalisten. Ein solches Programm könnte die Entwicklung des Faschismus beschleunigen.

B. - Natürlich beinhaltet dieses Programm Kampf, nicht Lähmung der Kraft. Die Gewerkschaften haben zwei Möglichkeiten: entweder Lavieren, Manöver, Rückzug, Schließen der Augen und Stück für Stück Kapitulation, um nicht die Herren zu „verärgern" und nicht die Reaktion zu „provozieren". Auf diese Weise versuchten sich deutsche und österreichische sozialdemokratische und Gewerkschaftsbeamte vor dem Faschismus zu retten. Sie kennen das Ergebnis: Sie haben sich den Hals gebrochen. Der andere Weg: den unerbittlichen Charakter der gegenwärtigen sozialen Krise zu verstehen und die Massen in die Offensive zu führen.

A. - Aber Sie haben immer noch nicht die Frage nach dem Faschismus beantwortet, also nach der unmittelbaren Gefahr, die die Gewerkschaften durch radikale Forderungen auf sich ziehen.

B. - Ich vergesse das nicht für eine Minute. Die faschistische Gefahr ist schon jetzt offensichtlich, vor der Aufstellung radikaler Forderungen. Sie folgt aus dem Zerfall und der Auflösung des Kapitalismus. Ich räume ein, dass sich das unter dem Druck eines radikalen Gewerkschaftsprogramms für einige Zeit verstärken könnte. Man muss die Arbeiter offen davor warnen. Man muss sie aufrufen, die Gewerkschaften zu schützen. Man muss jetzt praktisch mit der Bildung spezieller Verteidigungsorganisationen beginnen. Einen anderen Weg gibt es nicht! Man kann sich auch nicht vor dem Faschismus mit Hilfe von demokratischen Gesetzen, Resolutionen oder Appellen retten, so wenig man sich mit diplomatischen Noten vor einem Kavalleriekorps retten kann. Wir müssen die Arbeiter lehren, ihr Leben und ihre Zukunft gegen die Gangster und Banditen des Kapitals mit Waffen in der Hand zu verteidigen. Der Faschismus wächst schnell in einer Atmosphäre der Straflosigkeit. Man kann keinen Augenblick daran zweifeln, dass die faschistischen Helden sofort ihren Schwanz einziehen werden, wenn sie sich überzeugen, dass die Arbeiter bereit sind, gegen jedes ihrer „Korps"12 zwei, drei und vier ihrer Korps aufzustellen. Die einzige Möglichkeit, nicht nur die Arbeiterorganisationen zu retten, sondern auch die unvermeidlichen Opfer auf ein Minimum zu bringen, besteht darin, rechtzeitig eine starke Organisation der Arbeiterselbstverteidigung zu schaffen. Darin besteht die wichtigste Pflicht der Gewerkschaften, wenn sie nicht unrühmlich sterben wollen. Die Arbeiterklasse braucht eine Arbeitermiliz!

A. - Aber was ist die weitere Perspektive? Wohin werden die Gewerkschaften letztendlich mit diesen Kampfmethoden kommen?

B. - Natürlich reicht eine gleitende Skala und eine Arbeiterselbstverteidigung nicht aus. Das sind nur die ersten Schritte, notwendig, um die Arbeiter vor dem Hungertod und vor faschistischen Messern zu schützen. Das sind Mittel der elementaren und zwingenden Selbstverteidigung. Aber sie für sich allein entscheiden die Frage nicht. Die Hauptaufgabe besteht darin, den Weg für ein besseres Wirtschaftssystem zu ebnen, für eine richtigere, vernünftigere und ehrlichere Nutzung der Produktivkräfte im Interesse des gesamten Volkes.

Die üblichen, „normalen", routinemäßigen Methoden der Gewerkschaften können dies nicht erreichen. Dem kann man nicht widersprechen, denn unter den Bedingungen des kapitalistischen Niedergangs können isolierte Gewerkschaften die weitere Verschlechterung der Lage der Arbeiter nicht einmal verzögern. Man braucht entschlossenere und tiefgreifendere Methoden. Die Bourgeoisie, die die Produktionsmittel und die Staatsmacht beherrscht, brachte die Wirtschaft in eine völlige und hoffnungslose Zerrüttung. Man muss die Bourgeoisie zum zahlungsunfähigen Schuldner erklären und die Wirtschaft in frische und redliche Hände geben, d.h. in die Hände der Arbeiter selbst. Wie macht man das? Der erste Schritt ist klar: Alle Gewerkschaften müssen sich zusammenschließen und ihre eigene Arbeiterpartei gründen. Nicht die Partei Roosevelts und die La Guardias, nicht nur dem Namen nach eine „Arbeiter“partei, sondern die wirklich unabhängige politische Organisation der Arbeiterklasse. Nur eine solche Partei ist fähig, die verarmten Bauern, kleinen Handwerker und Kleinhändler um sich zusammenzuschließen. Aber dafür muss sie einen unversöhnlichen Kampf führen gegen Banken, Trusts, Monopolisten und ihre politischen Agenten, d.h. die Republikanische und Demokratische Partei. Die Aufgabe der Arbeiterpartei sollte es sein, die Macht, alle Macht in die eigenen Hände zu nehmen und Ordnung in der Wirtschaft zu schaffen. Das bedeutet: die gesamte nationale Wirtschaft nach einem einzigen vernünftigen Plan zu organisieren, der nicht auf eine Handvoll Ausbeuter abzielt, sondern auf die materiellen und geistigen Interessen von 130 Millionen Menschen.

A. - Viele unserer Persönlichkeiten beginnen zu verstehen, dass sich die politische Entwicklung auf eine Arbeiterpartei zubewegt. Aber Roosevelts Popularität ist immer noch zu groß. Wenn er sich bereit erklärt, seine Kandidatur für die Präsidentschaft zum dritten Mal vorzuschlagen, wird die Frage der Arbeiterpartei um weitere vier Jahre verschoben.

B. - Das ist das Unglück, dass die Führer nicht nach unten, sondern nach oben schauen. Der aufziehende Krieg, der Zerfall des amerikanischen Kapitalismus, das Wachstum von Arbeitslosigkeit und Armut, all diese grundlegenden Prozesse, die direkt das Schicksal von Dutzenden und Hunderten von Millionen Menschen bestimmen, sind völlig unabhängig von der Kandidatur oder „Popularität" Roosevelts. Ich versichere Ihnen, dass er viel populärer ist unter gut bezahlten Beamten13 des CIO als unter Arbeitslosen. Indessen gibt es Gewerkschaften doch für die Arbeiter und nicht für die Beamten14. Wenn die Idee des CIO Millionen von Arbeitern für eine gewisse Periode entflammte, dann kann die Idee einer unabhängigen kämpferischen Arbeiterpartei, die der wirtschaftlichen Anarchie, Arbeitslosigkeit und Armut ein Ende setzen will, um das Volk und seine Kultur zu retten, kann die Idee einer solchen Partei zig Millionen entflammen. Es versteht sich von selbst, dass die Agitatoren einer Arbeiterpartei den Massen in Worten und Taten15 sofort zeigen müssen, dass sie nicht die Wahlhelfer von Roosevelt, La Guardia und Co. sind, sondern echte Kämpfer für die Interessen der ausgebeuteten Massen. Wenn die Redner die Sprache von Arbeiterführern und nicht von Agenten des Weißen Hauses sprechen, werden 85% der Mitglieder zu den Treffen kommen, und hinter der Türschwelle bleiben 15% Konservative, Alte, Arbeiteraristokraten und Karrieristen. Die Massen sind besser, mutiger, entschlossener als die Führer. Die Massen wollen den Kampf. Den Kampf bremsen die Führer, die hinter den Massen zurückgeblieben ist. Ihre Unentschlossenheit, ihren Konservatismus, ihre bürgerlichen Vorurteile verdecken die Führer mit Hinweisen auf die Unvorbereitetheit der Massen. Das ist jetzt die aktuelle Lage der Dinge.

A. - In dem, was Sie sagen, ist vielleicht vieles wahr. Aber … aber wir reden das nächste Mal darüber.

16Crux.

29. September 1938

1Die Einleitung fehlt in der französischen Übersetzung

2In der französischen Übersetzung: „Plotkin“

3In der französischen Übersetzung: „Trotzki“

4In der französischen Übersetzung: „Das ist teilweise wahr“

5 In der französischen Übersetzung: „Das ist ganz wahr, nicht ,teilweise'“

6 In der französischen Übersetzung: „Die meisten von uns“

* Bürgermeister von Jersey City, der mit Erfolg rein faschistische Methoden gegen Arbeiterorganisationen anwendet.

7 In der französischen Übersetzung: „In diesem Fall, was ist Ihr …“

8 In der französischen Übersetzung: „Reserven“

9 In der französischen Übersetzung: „Wann immer Sie eine Initiative zur Schaffung neuer aktiver Gewerkschaften ergriffen haben“

10 In der französischen Übersetzung: „Das ist die Ursache des Problems“

11 In der französischen Übersetzung: „Gewerkschaftsführer“

12 In der französischen Übersetzung: „Stoßbrigaden“

13 In der französischen Übersetzung: „Funktionären“

14 In der französischen Übersetzung: „Bürokraten“

15 In der französischen Übersetzung: „in Taten und nicht nur in Worten“

16 In der französischen Übersetzung fehlt die Unterschrift

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