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Leo Trotzki 19380304 Erklärung in der Herald Tribune

Leo Trotzki: Erklärung in der Herald Tribune

[eigene Übersetzung nach dem russischen Text, verglichen mit der französischen Übersetzung]

Die Aussage, die ich gestern für die „Herald Tribune" über mein angebliches Treffen mit dem Angeklagten Krestinski, dem ehemaligen Botschafter in Berlin, abgegeben habe, erfordert, wie ich erwartet habe, eine sehr wichtige Ergänzung. In den Telegrammen mexikanischer Zeitungen stand nur das Jahr meines angeblichen Treffens mit Krestinski: 1933; der Monat wurde nicht genannt: Oktober. Indessen ist dieses letztere Datum, das Freunde telegraphisch aus New York berichten, entscheidend. Die Natur aller Fälschungen ist so, dass Genauigkeit sie tötet. Der Oktober 1933 ist einer jener Monate des Lebens in Frankreich, die im Zusammenhang mit den vorangegangenen Prozessen bereits vollständig erschöpfend behandelt wurden. Vom 25. Juli bis 9. Oktober 1933 lebte ich in Saint Palais, in der Nähe des Ferienortes Royan an der Atlantikküste, unter der Aufsicht von Ärzten, Freunden und der Polizei. Am 9. Oktober brachten mich meine Freunde, wieder mit dem Wissen der französischen Polizei, als Patient nach Bagnères-de-Bigorre in den Pyrenäen, wo ich bis zum 1. November blieb. Hohen Beamten der Sûreté National, also der französische Geheimpolizei, ebenso wie den Präfekten der jeweiligen Departements1, waren sowohl meine Bewegungen als auch der Ort meines Aufenthaltes sehr genau bekannt. Wenn die französischen Behörden es aus diplomatischen Gründen nicht für möglich halten, ihre Informationen zu veröffentlichen, weigern sie sich natürlich nicht, der sowjetischen Regierung die erforderlichen offiziellen2 Informationen zu geben. Man kann jedoch keinen Zweifel daran haben, dass Herr Wyschinski keine solche Auskunft beantragen wird; da sie für die Aussage Bessonows und Krestinskis fatal wäre.

Man kann sich fragen, warum die GPU auch dieses Mal, wie in früheren Prozessen, ein so unglückliches Datum gewählt hat? Die Antwort ist einfach. Die GPU war gezwungen, sich an Krestinskis Lebensumstände anzupassen. Die Wahl eines solchen unglücklichen Datums ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Krestinski tatsächlich im Oktober 1933 in Meran war, und da die Bewegungen eines Botschafters vor den Augen der Polizei der betroffenen Länder stattfinden, musste die GPU meinen Kalender dem Kalender Krestinskis anpassen. Dasselbe galt für den berüchtigten Flug Pjatakows von Berlin nach Oslo im Dezember 1935!

Der Angeklagte Rosengolz erklärte, dass er sich 1933 in Karlsbad mit meinem kürzlich verstorbenen Sohn Leo Sedow traf und durch ihn alle möglichen kriminellen Anweisungen von mir erhielt. Die Aussage des Herrn Rosengolz ist nach Wesen und Form falsch. Ab 1926 war Rosengolz mein erbitterter Feind. Leo Sedow war nie in Karlsbad und traf Rosengolz nie. Unsere Korrespondenz mit Sedow war so intensiv, dass seine Reisen und seine Lebensweise mit der nötigen Genauigkeit bestimmt werden können. Natürlich würde er die neue falsche Anschuldigung besser und genauer widerlegen, wenn die GPU ihn nicht kurz vor dem neuen Prozess zu Tode gebracht hätte. Aber Rosengolz' falsche Zeugenaussage wird dennoch enthüllt werden.

17.00 Uhr, 4. März 1938, Coyoacán

1In der französische Fassung werden statt dessen „Charente-Inférieure“ und „Hautes-Pyrénées“ namentlich genannt.

2In der französische Fassung: „offiziös“, es werden also nicht nur der Adressat (Öffentlichkeit – sowjetische Regierung), sondern auch die Form (offiziell – offiziös) einander gegenübergestellt.

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