Leo Trotzki‎ > ‎1938‎ > ‎

Leo Trotzki 19380919 Das totalitäre „Asylrecht“

Leo Trotzki: Das totalitäre „Asylrecht“

[Eigene Übersetzung nach dem russischen Text im „Bulletin der Opposition“, verglichen mit der englischen und französischen Übersetzung. Dass im „Bulletin“ nicht Trotzki als Verfasser, sondern „Clave“ als Quelle genannt wird, war sicher nur ein Mittel, den Eindruck zu vermeiden, Trotzki mische sich in die mexikanische Innenpolitik ein. Jedenfalls wird in der spanischen Ausgabe nicht „Clave“, sondern das „Bulletin“ als Quelle genannt und die englische Übersetzung zugrunde gelegt]

Die Zeitschrift Futuro dient dazu, den Lesern zu zeigen, dass Lombardo Toledano weder ein Programm noch Ideen hat. Diese Aufgabe gelingt der Zeitschrift vollkommen. In der September-Nummer erklärt Futuro, dass „im Prinzip" Lombardo Toledano für das Asylrecht sei, er aber nicht glaube, dass dieses Recht jenen gewährt werden sollte, denen Lombardo Toledano keine politische oder persönliche Zartheit entgegenbringt. Das ist die Sicht dieser Herren auf die Demokratie. Unter der Pressefreiheit verstehen sie das Recht bzw. die Pflicht der Presse, Toledano und seinen Meister Stalin zu loben. Unter dem Asylrecht verstehen sie das Recht auf Einreise nach Mexiko für Agenten der GPU. Lombardo zeigt erneut seine prinzipielle Solidarität mit Hitler. Letzterer anerkennt nicht nur das Asylrecht, sondern wendet es auch umfassend an gegenüber den Faschisten, die sich früher aus Österreich, dann aus der Tschechoslowakei oder aus den Vereinigten Staaten aus dem Staub machten. Toledano näherte sich den „Idealen" Hitlers über seinen Schutzpatron Stalin. Die Oktoberrevolution proklamierte das Asylrecht für alle revolutionären Kämpfer. Jetzt vernichtet Stalin sie zu Zehntausenden – Deutsche, Ungarn, Bulgaren, Polen, Finnen usw. usf. – nur weil ihre Ansichten nicht mit den Interessen der herrschenden bonapartistischen Clique übereinstimmen. Toledano ist noch nicht der Herr Mexikos. Er kann nicht nach dem Vorbild seines Lehrers und Patrons unbewaffnete Emigranten erschießen oder vergiften. Ihm steht ein Mittel zur Verfügung: Verleumdung und Verfolgung. Und er benutzt es so weit wie möglich.

Toledano wird natürlich wieder sagen, dass wir den CTM „angreifen". Kein intelligenter Arbeiter wird diesen Unsinn glauben. Der CTM hat als Massenorganisation alle Rechte auf Respekt und Unterstützung. Aber wie ein demokratischer Staat nicht identisch mit seinem derzeitigen Minister ist, ist eine Gewerkschaft nicht identisch mit ihrem Sekretär. Toledano hat eine totalitäre Sicht auf alle Fragen. „Der Staat bin ich!" sagte Ludwig XIV. „Deutschland bin ich!" sagt Hitler. „Die UdSSR bin ich!" sagt Stalin. „Der CTM bin ich!“ ruft der unvergleichliche Toledano. Wenn dieser zynische Herr an die Macht käme, würde er der schlimmste totalitäre Tyrann gegenüber den mexikanischen Arbeitern und Bauern werden. Glücklicherweise ist seine persönliche Nichtigkeit eine ernste Garantie gegen diese Gefahr.

(Übersetzung aus dem Spanischen aus der mexikanischen Zeitschrift „Clave").

Comments