Leo Trotzki: Brief an Jan Frankel (18. Juni 1938) [Eigene Übersetzung nach der französischen Übersetzung, dort unter dem Titel „Garde et secrétariat“, Wache und Sekretariat] Lieber Freund, 1. Gottschalk schrieb einen Artikel für die Zeitschrift der Universität von Chicago über meine Geschichte der Russischen Revolution in extrem feindseliger parteiischer Manier. Er schickte mir seinen Artikel und bat mich um eine Antwort. Ich habe diesen Brief nicht beantwortet, weil ich dachte, es sei eine stalinistische oder faschistische Provokation. Was bedeutet dann sein Interesse an meinem Archiv? Ich habe keinerlei Vertrauen in diese Initiative. 2. Moustakis kann hier etwa drei Monate bleiben. Ich weiß nicht, ob diese ganze Zeit notwendig sein wird, denn die deutsch-österreichischen Genossen in Paris wie in Frankreich befinden sich in einer sehr schlechten Lage. Jeder will nach Mexiko kommen. Unter diesen Bedingungen wäre es absurd, einen amerikanischen Genossen von seiner Parteiarbeit abzuziehen und einem deutschen Exilanten Obdach und Brot zu entziehen. In den nächsten zwei Monaten kann es jedenfalls nicht darum gehen, dass ein neuer amerikanischer Genosse hierher für die Wache kommt. Der Dienst, den mir die amerikanischen Genossen in dieser Angelegenheit erweisen können, besteht darin, Otto und Gertrud die Ankunft so schnell wie möglich zu erleichtern. Der andere Dienst ist es, einen offiziellen Brief an Moustakis zu schreiben, in dem man ihn offiziell einlädt, mindestens die nächsten zwei Monate hier zu bleiben. Er ist sehr gewissenhaft und persönlich angenehm. Er ist auch ein guter Fahrer. 3. Die sehr wichtige Frage, die wichtigste von allen, ist, eine ständige russische Schreibkraft zu finden. Wenn das junge tschechische Mädchen eine gute Schreibkraft ist, bin ich bereit, sie sofort zu akzeptieren. Politische Befürchtungen sind in ihrem Fall nicht sehr gravierend. Ein achtzehnjähriges Mädchen kann sich in unserem Haus nicht verschwören: Wir sind stärker. In zwei oder drei Monaten wäre sie vollständig assimiliert. Ich bitte alle Freunde, ihre Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu richten, nicht auf die Wache. Mit Hank, der ausgezeichnet ist, mit Moustakis und Otto sind wir für die nächste Zeit absolut sicher. 4. Was wir brauchen, ist ein Ersatz für Joe im September. Demby bietet Stiler an. Ich kenne ihn nicht. Er wird mir von Leuten empfohlen, die ihn als begabten Genossen kennen, aber wir brauchen einen guten Stenographen und einen kompetenten „Bürokraten". Für diese Position würde ich persönlich eine Frau bevorzugen, nicht einen Mann, denn alle meine Erfahrungen über einen langen Zeitraum zeigen, dass diese Arbeit von Frauen unvergleichlich besser gemacht wird. Aber diese Frage ist nicht so dringend und auch nicht so wichtig: meine Arbeit auf Englisch wird in der nächsten Zeit sehr begrenzt sein. Ein englischer Sekretär könnte in einem Fall von großem Wert sein – wenn er direkt aus dem Russischen ins Englische übersetzen könnte, weil Sara und Van jetzt zu beschäftigt für englische Übersetzungen sind und ich es vorziehe, russische Manuskripte direkt nach New York zu schicken. |
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