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Leo Trotzki 19380126 Brief an Jan Frankel

Leo Trotzki: Brief an Jan Frankel

(26. Januar 1938)

[Eigene Übersetzung Léon Trotsky, Œuvres 16, janvier 1938 – mars 1938. Institut Léon Trotsky, Paris 1983, p. 116 f., Titel „Inquiétudes“, Sorgen]

Lieber Freund,

Ich schicke Ihnen eine Kopie meines Briefes an Wendelin Thomas. Sein Brief an mich ist äußerst dumm und arrogant. Selbst jetzt behauptet er weiter, die Kommission könne nicht darauf verzichten, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, die stalinistische Politik sei das Ergebnis des Bolschewismus. Wie kann man solche Aussagen machen, nachdem die Entscheidung getroffen wurde?

Das beunruhigt mich ein wenig, besonders im Zusammenhang mit Deweys Rede. Entgegen der Meinung einiger Genossen muss ich sagen, dass es vom „Alten" nicht sehr loyal war, im Auftrag der Kommission seine eigenen politischen Ansichten zu äußern. Es war doppelt illoyal, weil ich ihm das Verlesen meines Telegramms anvertraut hatte, das leider keinerlei politische Aussage enthielt. Was Dewey sagte, repräsentierte nicht die Entscheidung der Kommission und widersprach der Meinung einiger ihrer Mitglieder: Rosmer, Zamora, zu einem großen Teil Rühle und, wie ich glaube, auch Tresca.

Nicht alle Mitglieder waren Liberale. Nicht alle glauben, dass der Niedergang und die Degeneration der Sowjetbürokratie den Kommunismus disqualifizieren und dass der Niedergang der Demokratie die Vitalität des Liberalismus beweist.

Ich werde das in einem gegen Dewey geschriebenen Artikel erklären, aber ich bin etwas besorgt über die Hypothese, dass es Wendelin Thomas gelungen sein könnte, einige „Naivitäten" dieser Art in den Text der Kommission einzubringen. Es ist absolut notwendig, den Text von diesem Standpunkt aus zu überprüfen. Wenn der Text unter liberalen Gesichtspunkten politisch verzerrte Tendenzen enthält, ist es notwendig, die Bearbeiter zu warnen, dass wir dies für einen Vertrauensbruch halten würden und dass wir an Rosmer, Zamora, Rühle appellieren werden, den entsprechenden Teil des Textes zu überarbeiten. Ich hoffe, meine Angst ist unbegründet; umso besser! Aber die sorgfältigste Überprüfung ist notwendig.

Es ist überflüssig zu sagen, dass dies alles streng vertraulich ist und dass ich sehr unglücklich wäre, meine freundschaftlichen Beziehungen zu den Mitgliedern der Kommission durch eine unvorsichtige Initiative zu stören. Bitte sprechen Sie auch mit Genossen Cannon über diese Frage.

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