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Leo Trotzki 19380609 Brief an das Internationale Sekretariat

Leo Trotzki: Brief an das Internationale Sekretariat

(9. Juni 1938)

[eigene Übersetzung nach dem französischen Text, dort unter dem Titel „Problèmes d’avant conférence“, Probleme vor der Konferenz]

Lieber Freund,

1. Diegos Antwort Eiffel betreffend wurde Ihnen vor langer Zeit geschickt. Es scheint mir in Ihren Briefen ein wenig, dass sich das IS gegenüber Vereeken ein wenig in der Defensive fühlt. Das ist falsch. Man muss die Offensive ergreifen, auf ruhige, freundliche, aber kategorische und unnachgiebige Weise. Ich hätte vorgeschlagen, ein spezielles Dokument zu formulieren, das alle Fehler von Vereeken auf politischer Ebene, organisatorischer Ebene und persönlicher Ebene umfasst.

2. Sneevliet unterstrich, dass man ihm die Teilnahme an der Konferenz nur mit beratender Stimme anbot. Ich glaube, dass man in diesem Punkt sofort ein Zugeständnis machen muss, d. h. ihm das Stimmrecht anbieten muss, natürlich unter der Bedingung, dass er sich wie alle anderen verpflichtet, die gemeinsamen Beschlüsse zu respektieren. Ich habe nicht die mindeste Illusion über Sneevliets guten (vielmehr schlechten) Willen. Aber man darf ihm nicht erlauben, auch nur 1/100 der Verantwortung für den Bruch auf uns zu schieben. Man muss außerdem ein spezielles Dokument ausarbeiten, in dem alle Versuche, eine theoretische und politische Diskussion mit ihm zu führen, alle seine Fehler, alle seine falschen Anschuldigungen, seine Handlungen der Grobheit und Illoyalität gegenüber verschiedenen Sektionen und Genossen aufgeführt sind. Ein solches Dokument wäre sehr nützlich.

3. Wenn Sneevliet mir endgültig verloren für die revolutionäre Bewegung scheint (ich würde mich freuen, wenn ich falsch liege, aber es ist an Sneevliet, meinen Irrtum zu demonstrieren), habe ich noch nicht den gleichen Eindruck von Vereeken. Vielleicht habe ich noch Illusionen. In jedem Fall müssen wir einen letzten Versuch unternehmen, ihn für die Bewegung zu retten. Aber dieser Versuch kann nur unter der alleinigen Bedingung gelingen, wenn wir ihm ein für alle Mal zeigen, dass wir von seinem Sektierertum, Opportunismus, Individualismus und Anarchismus genug haben. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass wir ihn für die neue IS. akzeptieren können. Meiner Meinung nach muss er eine strenge Verwarnung erhalten

4. Was ist mit Dauge los? Ist es eine echte Krankheit oder ein interner Konflikt? Trotz all seiner aus der sozialdemokratischen Vergangenheit entspringenden Fehler ist Dauge Vereeken politisch überlegen. Obwohl er ein wenig zu viel von sich selbst spricht, haben seine Artikel immer ein politisches, das heißt Aktionsziel, während Vereeken nur abstrakte, scholastische Kommentare gibt, die zu nichts führen, was die belgische „Lutte Ouvrière“ steril macht.

5. Wie ist Lesoils Einstellung? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Vereekens Politik gegenüber der POUM, Sneevliet, etc. unterstützt.

6. Die russische Sektion muss natürlich unter den gleichen Bedingungen wie bei der vorherigen Konferenz vertreten sein. Die Freunde vor Ort müssen regeln, wer der Delegierte (die Delegierten) ist (sind). Man kann sehr wohl zwei Delegierte akzeptieren.

7. Es wäre gut, wenn das Sekretariat Diego Rivera in seiner persönlichen Eigenschaft zur Konferenz einladen könnte.

8. Ich kann mich in keiner Weise mit dem Boykott von Der einzige Weg durch die Leiter unserer deutschen Sektion solidarisieren. Was auch immer der Ursprung der Zeitschrift ist, sie existiert, sie repräsentiert die Vierte Internationale und sie ist nützlich. Deshalb muss man sie unterstützen. Aber ich solidarisiere mich in keiner Weise mit der Zusammensetzung der Redaktion und den technischen Abläufen (fünf Exemplare usw.). Ich verstehe, dass die deutschen Genossen diese Bedingungen, ihre Vertreter in die Redaktion zu schicken, nicht akzeptieren wollen. Dies ist ihr Recht bis zur Entscheidung der Konferenz. Aber das Boykottieren der bestehenden Zeitschrift, das ist kriminell. Genosse Held listete mir die Fehler der Redaktion auf. Es scheint mir in einigen Punkten mit Recht. Aber es handelt sich um zweitrangige Fragen, Redaktionsfehler und keinerlei Prinzip. Ich denke immer noch, dass die Haltung des Genosse Adolphe in dieser Frage nicht gerecht ist. Als ständiges Mitglied des IS hätte er in der deutschen Frage eine viel vorsichtigere Haltung einnehmen müssen. Ich hoffe, dass eine Sonderkommission der Konferenz diese Frage regeln kann.

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