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Leo Trotzki 19380925 Brief an Cass Canfield

Leo Trotzki: Brief an Cass Canfield

(25. September 1938)

[eigene Übersetzung nach der französischen Übersetzung, dort unter dem Titel „Problèmes du « Staline »“, Probleme mit dem „Stalin“]

Sehr geehrter Herr Canfield,

Ich schicke gleichzeitig Herrn Malamuth ein neues Kapitel (die Gesamtzahl der zur Übersetzung gesendeten Wörter beträgt etwa 45.000).

Herr Collins fragte, ob es mir nicht möglich wäre, die Arbeit rechtzeitig zur Veröffentlichung im Frühjahr abzuschließen.

Ich widme mich ausschließlich diesem Buch und bin im Moment mit meinen Mitarbeitern und dem Fortschritt meiner Arbeit zufrieden. Aber ich muss nicht weniger als 80.000 Wörter zusätzlich fertig kriegen. Bei jedem Kapitel frage ich mich oft, ob ich die Geschichte verkürzen oder vereinfachen soll, um die Arbeit zu beschleunigen. Aber jedes Mal entscheide ich mich in dem Sinne, vollständig zu sein. Ich hoffe, dass ich mindestens dieses Buches innerhalb der nächsten vier Monate (bis zum 1. Februar) fertig stellen kann. Aber ich kann nicht sagen, dass ich mir sicher bin. Es ist mir physisch und psychisch unmöglich, mehr zu arbeiten. Aber es ist natürlich möglich, eine Biographie nicht so vollständig und unangreifbar zu machen wie die, die ich zu machen versuche. Ich würde mich über Ihre Meinung dazu freuen.

Es gibt noch ein anderes Thema, das mich sehr beschäftigt. Ich habe die Übersetzung des ersten Kapitels von Herrn Malamuth erhalten. Die Übersetzung ist korrekt. Aber die jungen amerikanischen Freunde, die mit mir zusammenarbeiten, stellen fest, dass die Übersetzung stilistisch sehr arm ist und nicht den Charakter des Originals vermittelt. Aufgrund des rudimentären Charakters meines Englisch ist es nicht einfach, mir eine Meinung zu bilden. Das Thema ist jedoch für mich von großer Bedeutung. Mindestens ein Drittel meiner Arbeitszeit entfällt auf die literarische Form des Buches. Ich brauche eine perfekte Übersetzung. Was ist in dieser Hinsicht Ihr Eindruck des ersten Kapitel?

Ich habe die besten Beziehungen zu Herrn Malamuth, der mir bei meiner Arbeit hilft, nicht nur als Übersetzer, sondern auch als freundlicher Mitarbeiter. Es wäre ein schrecklicher moralischer Schlag für mich, wenn diese Übersetzung nicht gut genug wäre, aber andererseits kann ich das Schicksal dieses Buches nicht rein sentimentalen Überlegungen opfern. Insofern stimmen meine Interessen völlig mit denen des Verlages überein. Ich freue mich auf Ihr kompetentes Urteil (dieses Schreiben ist natürlich vertraulich, da ich Herrn Malamuth nicht beleidigen möchte).

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