Leo Trotzki: Brief an Alexis Bardin (9. Juni 1938) [eigene Übersetzung nach dem französischen Text, dort erschienen unter dem Titel „L’Obstacle moliniériste“, Das molinieristische Hindernis, verglichen mit der englischen Übersetzung] Lieber Genosse, Ich schreibe Ihnen diesen Brief nach langem Zögern, denn meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass es sehr schwierig ist, französische Freunde von der Notwendigkeit eines vorsichtigen und energischen Manövers gegen diesen oder jenen Gegner zu überzeugen. Man lässt sich von seinen Gefühlen, von psychologischer „Unnachgiebigkeit" mitreißen und langt beim Ergebnis Null an. Es handelt sich immer die Molinier-Organisation. Diese ist das größte Hindernis für die Entwicklung unserer Sektion. Dieses Double wirft ein äußerst ungünstiges Licht auf die Vierte Internationale und stößt die Arbeiter ab. Man sagt sich: Ja, die Ideen sind gut, aber sie sind zu nichts fähig. Man muss wissen, wie man die nächste Konferenz nutzen kann, um mit diesem schmerzhaften Thema umzugehen. Ich nehme an, Molinier wird den Versuch machen, an der Konferenz teilzunehmen. Unsere Sektion wird sich dem natürlich widersetzen. Aber das reicht nicht aus. Eine rein negative Einstellung würde alles so lassen, wie es jetzt ist, das heißt, in einem sehr schlechten Zustand. Außerdem könnte die internationale Konferenz einer Organisation, die ihre Mitgliedschaft anbietet, nicht mit einer einfachen Ablehnung antworten. Deshalb bin ich der Meinung, dass die Konferenz gegebenenfalls eine Sonderkommission einsetzen sollte, die den Charakter der PCI (Zusammensetzung, Politik, finanzielle Mittel usw.) analysiert. Die gleiche Kommission sollte natürlich auch die persönliche Frage Moliniers stellen. Wenn die Untersuchung der Kommission zeigt, dass die Mehrheit der PCI nichts anderes sucht, als sich der Vierten Internationale zu fügen, könnte man sehr wohl Bedingungen formulieren. Zum Beispiel verlässt Molinier Frankreich in die Vereinigten Staaten, wo er zwei Jahre bleibt, ohne von der amerikanischen Sektion aufgenommen zu werden. Zwei Jahre lang muss er durch seine Haltung sein Recht auf Wiedereingliederung unter Beweis stellen. Die neuen Mitglieder der PCI können der POI als ordentliche Mitglieder beitreten. Ehemalige Mitglieder, die die POI verlassen haben, müssen eine Probezeit absolvieren, sagen wir sechs Monate. All dies als Beispiel. Ich glaube nicht, dass wir das ganze Problem endgültig lösen können, aber wir könnten dieses Hindernis, das die PCI darstellt, durchaus erschüttern, und wenn Molinier und seine Freunde sich weigern, die Entscheidung der Konferenz zu akzeptieren, könnte die Konferenz über einen Antrag in voller Sachkenntnis abstimmen und damit der Molinier-Gruppe einen entscheidenden Schlag versetzen. Nebenbei kann man Vereecken und seinesgleichen, die mit der PCI geflirtet haben, entwaffnen. Der Vorteil eines solchen Verfahrens ist enorm. Aber er verlangt von der POI-Leitung eine ruhige, feste und intelligente Haltung. Sich nicht der Einsetzung der Kommission widersetzen, keine Schritte in der Untersuchung überspringen, den Plan nicht durch Artikel oder gar unkluge Gespräche vor und während der Konferenz gefährden. In diesem Fall wären alle Trümpfe in Ihren Händen, denn die Entscheidung, die Molinier verbietet, sich um Angelegenheiten zu kümmern1, behält ihre ganze Kraft und seine Illoyalität ist eine offensichtliche Tatsache. Dieser Brief ist streng vertraulich. Ich würde seine Offenlegung, direkt oder indirekt, durch jeden Genossen als einen Akt der Illoyalität betrachten. 1In der englischen Übersetzung: „sich in politischer Tätigkeit zu engagieren“ |
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