Leo Trotzki: Aus Anlass des Schicksals Rudolf Klements [eigene Übersetzung nach dem russischen Bulletiin der Opposition (Бюллетень Оппозиции), Nr. 68-69, 10. Jahrgang, August-September 1938, verglichen mit der englischen und französischen Übersetzung] 1. Ich erhielt am 1. August per Post über New York einen mit „Frédéric“ unterschriebenen deutschen Brief. Der Brief ist datiert vom 14. Juli, ohne Angabe des Absendeortes. Auf dem inneren Umschlag befindet sich eine Aufschrift „für LD". Es ist notwendig, herauszufinden, von wo und wie der Brief nach New York kam. 2. Klement begann seine Briefe an mich mit den Worten: „Werter Genosse LD". Dieser Brief beginnt mit der Anrede: „Herr Trotzki." Diese Anrede sollte natürlich dem feindseligen Ton des Briefes entsprechen, der über den „Abbruch der Beziehungen" informiert. 3. Die Handschrift des Briefes ist der Klements sehr ähnlich. Doch beim näheren Vergleich mit seinen alten Briefen fällt einem der Unterschied auf. Die Handschrift des letzten Briefes ist nicht frei, sondern angespannt, nicht glatt; einzelne Buchstaben sind zu sorgfältig ausgeschrieben, andere dagegen unsicher geschmiert. Das Fehlen von Korrekturen und die sorgfältige Anordnung der Wörter, besonders am Ende der Zeilen, zeigen mit Sicherheit, dass der Brief eine Kopie eines Entwurfs ist. Ist der Brief wirklich von Klement? Ich unterfange mich nicht, dies kategorisch zu leugnen. Die Handschrift ist ähnlich, wenn man jeden Buchstaben im Einzelnen nimmt; aber das Manuskript im Ganzen ist frei von Natürlichkeit und Freiheit. Wenn dies die Handschrift von Klement ist, dann wird der Brief unter ganz außergewöhnlichen Umständen geschrieben; es ist jedoch eher eine kluge Fälschung. 4. Unter dem Blickwinkel der Handschrift erregen Anrede und Unterschrift Aufmerksamkeit. Sie sind deutlich zu einem anderen Zeitpunkt (ein anderer Farbton der Tinte) und in einer etwas anderen Handschrift verfasst. Eines von beidem: entweder zögerte der Verfasser des Briefes lange Zeit, welche Art von Anrede er wählen und wie er unterschreiben solle, und klärte diese Frage erst, nachdem der Brief fertiggestellt war; oder der Fälscher hatte fertige Muster dieser Worte vor sich: Trotzki und Frédéric in der alten Korrespondenz, während der Rest des Briefes aus getrennten Buchstaben bestehen musste. Daher die große Natürlichkeit und Freiheit beim Schreiben des Anrede und der Unterschrift. 5. Der Name „Frédéric" in Bezug auf die Unterschrift ist schwer zu erklären. Es stimmt, dieses Pseudonym benutzte Klement wirklich, gab es aber vor zwei Jahren auf, als er vermutete, dass der Name der GPU oder der Gestapo bekannt geworden sei. Die Briefe, die ich in den letzten anderthalb Jahren in Mexiko von Klement erhalten habe, wurden entweder mit Adolphe1 oder Camille unterzeichnet, niemals mit Frédéric. Was könnte Klement dazu veranlasst haben, zu dem längst aufgegebenen Pseudonym zurückzukehren, besonders in einem Brief an mich? Hier ergibt sich natürlich die Hypothese, dass in den Händen derjenigen, die den Brief gefälscht haben, alte, mit „Frédéric" unterzeichnete Briefe von Klement waren und dass sie von der Änderung des Pseudonyms nichts wussten. Dieser Umstand ist für die Untersuchung von großer Bedeutung. 6. Im Inhalt des Briefes gibt es quasi zwei Schichten, die mechanisch miteinander verbunden sind. Einerseits wiederholt der Brief die schmutzigen Fälschungen der GPU bezüglich meiner Verbindungen zum Faschismus, der Beziehungen zur Gestapo usw., andererseits kritisiert er meine Politik auf Grund der Interessen der Vierten Internationale und versucht auf diese Weise „die Wendung" zu erklären. Diese Zwiespältigkeit zieht sich durch den ganzen Brief. 7. Dass der Brief von meinen erfundenen Gespräche mit Klement über die Zulässigkeit von „vorübergehenden Zugeständnissen an die faschistischen Führer im Namen der proletarischen Revolution" spricht, ist nur eine verspätete Wiederholung der entsprechenden „Geständnisse" in den Moskauer Prozessen. Nicht einen lebendigen, konkreten Pinselstrich versucht „Frédéric" in die Moskauer Fälschung einzufügen. Außerdem stellt er unverblümt fest, dass der „Block" mit dem Faschismus auf „einer für mich (Frédéric) ziemlich unklaren Grundlage"2 geschlossen wurde, als ob er sich auf diese Weise im Voraus weigere, die Methoden, Aufgaben und Ziele des fantastischen Blocks zu verstehen oder zu erklären. Es stellte sich heraus, dass ich es einst aus irgendeinem Grund für notwendig hielt, „Frédéric" in mein Bündnis mit Berlin einzuweihen, aber nicht in das Wesen dieses Bündnisses. Mit anderen Worten hatte meine „Offenheit" nur den Zweck, der GPU zu dienen. „Frédéric" schreibt weiter bei der gleichen Gelegenheit, „dass das, was Sie eine Ausnützung des Faschismus nannten, eine direkte Mitarbeit mit der Gestapo war."3 Worin diese Mitarbeit bestand und wie genau Frédéric von ihr erfuhr, darüber kein Wort. In diesem Teil folgt „Frédéric" streng den schamlosen Methoden von Wyschinski-Jeschow. 8. Weiter gibt es Vorwürfe „inneren" Typs, die den Bruch Klements mit der Vierten Internationale und mit mir persönlich motivieren müssen. Es ist merkwürdig, dass dieser Teil des Briefes mit einem Hinweis auf meine „bonapartistischen Manieren"4 beginnt, d.h. sozusagen den von mir für das stalinistische Regime verwandten Beinamen zurückgibt. Alle Anklagen der Prozesse gegen die Trotzkisten sind übrigens nach diesem Typus aufgebaut: Stalin schiebt seinen politischen Gegnern jene Verbrechen unter, deren er selbst schuldig ist, oder jene Anschuldigungen, die gegen ihn erhoben werden. Wyschinski, die GPU und deren Agenten haben diese Operation seit langem fast automatisch durchgeführt. „Frédéric“ folgt gehorsam streng vorgegebenen Mustern. 9. Der Brief listet die negativen Folgen meiner „bonapartistischen" Methoden auf. „Es haben uns seinerzeit", sagt er, „Nin, Roman Well, Jacob Frank verlassen."5 Die Kombination dieser drei Namen ist unerwartet. Roman Well und Jakob Frank kehrten seinerzeit offen zur Komintern zurück, nachdem sie versucht hatten, in unseren Reihen als Geheimagenten der Komintern zu handeln. Im Gegensatz dazu behielt Andreu Nin nach dem Bruch mit uns eine unabhängige Position, blieb der Komintern feindlich gesinnt und fiel der GPU zum Opfer. Klement kennt diesen Unterschied genau. Aber „Frédéric" ignoriert ihn oder kennt es nicht. 10. „Sie haben“, fährt Frédéric fort, „die P.O.U.M. von den Stalinisten zerfleischen lassen."6 Diese Phrase ist völlig mysteriös, um nicht zu sagen sinnlos. Trotz des offenen Bruchs der POUM mit der Vierten Internationale verfolgt die GPU die Mitglieder des POUM gerade als „Trotzkisten"; mit anderen Worten, die POUM wird aus denselben Gründen „zerfleischt" wie die Anhänger der Vierten Internationale. Der geheimnisvolle Satz „Frédérics" wird offenbar von dem Wunsch diktiert, jene Mitglieder des POUM gegen den Trotzkismus aufzureizen, die noch nicht von der GPU getötet wurden. 11. Nicht weniger falschen Charakter haben die Anschuldigungen, die sich auf eine spätere Zeit beziehen. „Vor kurzem verließen die Organisation Leute wie Sneevliet und Vereeken die in der spanischen Frage so viel politisches Gefühl und Weisheit aufgewiesen hatten." Sneevliet und Vereeken entdeckten tatsächlich ihre Sympathie für die POUM, die von den Stalinisten des Faschismus beschuldigt wurde. Daraus folgt, dass sich Frédéric einerseits mit der POUM, Sneevliet und Vereeken solidarisiert und andererseits die Vorwürfe gegen die Gegner der GPU (zu denen folglich auch die POUM gehört) im Zusammenhang mit dem Faschismus wiederholt. Dem müssen wir hinzufügen, dass Klement mich in den letzten Jahren in seinen Briefen immer wieder einer zu nachsichtigen und geduldigen Haltung gegenüber Sneevliet und Vereeken beschuldigt hat. Aber darüber weiß „Frédéric" natürlich nichts. 12. „Es haben uns", fährt er fort, „Molinier, Jan Bur mit seiner Gruppe, Ruth Fischer, Maslow und Brandler u.a.m. verlassen."7 In dieser Reihe fällt vor allem der Name Brandler auf, der nie zum trotzkistischen Lager gehörte, im Gegenteil, immer sein unversöhnlicher und offener Feind war. Seine Jahre des offenen Kampfes zeugen von seiner Feindschaft, in denen er stets den Stalinismus gegen uns verteidigte. Klement kannte die politische Gestalt Brandlers und seine Einstellung zu uns nur zu gut. Er kannte auf der anderen Seite das Innenleben der Vierten Internationale nur zu gut. Warum, wozu und wofür hat „Frédéric" den Namen Brandler in die Liste der Personen aufgenommen, die zu unserer Bewegung gehörten, und dann mit ihr gebrochen haben? Es gibt zwei mögliche Erklärungen. Unter der Annahme, dass der Brief von Klement geschrieben wurde, bleibt anzunehmen, dass er vor dem Lauf eines Revolvers schrieb und den Namen Brandler aufnahm, um den erzwungenen Charakter seines Briefes zu zeigen. Geht man davon aus, dass der Brief gefälscht ist, dann wird die Erklärung durch die gesamte GPU-Technik nahe gelegt, bei der sich Unwissenheit mit Frechheit verbindet. In den Moskauer Prozessen landeten alle Gegner Stalins auf einem Haufen. Unter den Mitgliedern des „rechts-trotzkistischen Blocks", der nie existierte, war nicht nur Bucharin, sondern auch Brandler und sogar Souvarine. Durch diese Logik gehörte Brandler zu den Personen, die mit der Vierten Internationale brachen, der er nie angehörte. 13. „Es ist kindisch zu glauben", fährt „Frédéric" fort, „dass sich die öffentliche Meinung durch die bloße Erklärung, sie seien alle GPU-Agenten, beruhigen lasse."8 Diese Phrase ist noch weniger klar. Keiner von uns hat jemals gesagt, dass Nin und die anderen Führer der POUM, die von der GPU vernichtet wurden, selbst Agenten der GPU seien. Dasselbe gilt für die übrigen in dem Brief genannten Personen, mit Ausnahme von Roman Well, der sich offen als Mitarbeiter der GPU erwiesen hat. Klement wusste genau, dass keiner von uns eine so sinnlose Anschuldigung gegen die im Brief aufgeführten Personen vorgebracht hat. Aber die Sache ist die, dass Frédéric versucht, im Vorbeigehen, den Amerikaner Carleton Beals und andere Freunde und Agenten der GPU in Schutz zu nehmen. Er muss daher die Anschuldigung der Verbindung mit der GPU selbst kompromittieren. Daher der plumpe Trick, durch den die Anschuldigung – in meinem Namen – auf solche Personen ausgedehnt wird, auf die sie offensichtlich nicht zutreffen kann. Das ist wieder der Stil von Stalin-Wyschinski-Jagoda-Jeschow. 14. Beals' Name ist im Brief falsch geschrieben: Bills9. So könnte diesen Namen eine Person schreiben, die die englische (Beals10) Transkription nicht kennt. Indessen kennt Klement die englische Sprache gut, kennt den Namen Beals und ist bei Namen sehr pedantisch. 15. Die deutsche Sprache des Briefes ist richtig, aber sie erscheint mir viel primitiver und ungeschlachter als die Sprache Klements, der die Fähigkeit eines Stilisten hat. 16. Weitere Aufmerksamkeit verdient der Hinweis auf die bevorstehende internationale Konferenz, mit deren Hilfe ich dem Brief zufolge hoffe, „die Lage“ der Vierten Internationale „zu retten". In der Tat war, wie man an der umfangreichen Korrespondenz erkennen kann, Klement der Initiator der Konferenz, der sich aktiv an ihrer Vorbereitung beteiligte. Die GPU konnte, soweit sie sich den inneren Angelegenheiten der Vierten Internationale widmete (auf der Grundlage der Presse, interner Bulletins und vielleicht von Geheimagenten), durch die Gefangennahme von Klement kurz vor der Konferenz hoffen, die Vorbereitungsarbeiten zu unterbrechen und die Konferenz selbst zu verhindern. 17. Im gleichen Teil des Briefes wird auf den Vorschlag verwiesen, Walter Held in das Internationale Sekretariat aufzunehmen, „offensichtlich auf eine Anweisung von ,drüben'“11. Mit anderen Worten, der Autor des Briefes will sagen, dass Walter Held ein Agent der Gestapo ist. Die Sinnlosigkeit dieser Anspielung ist jedem klar, der Held kennt. Aber einen Schatten auf einen der prominenten Unterstützer der Vierten Internationale zu werfen, gehört natürlich zu den Plänen der GPU. 18. Der Brief endet mit den Worten: „Ich habe keine Absicht, offen gegen Sie vorzugehen: ich bin der Sache satt und müde. Ich gehe weg und räume meinen Platz für Walter Held ein."12 Die Falschheit dieser Sätze liegt auf der Hand: Frédéric würde seinen Brief nicht schreiben, wenn er oder seine Meister ihn in Zukunft nicht sowieso benutzen würden. Wie genau? Das ist noch unklar. Vielleicht insbesondere beim Barcelonaer Prozess hinter verschlossenen Türen gegen die „Trotzkisten". Aber wahrscheinlich auch für einen ernsteren Zweck. Was sind die Schlussfolgerungen aus der obigen Analyse? Im ersten Moment, nach Erhalt des Briefes, hatte ich fast keinen Zweifel, dass er von Klements Hand geschrieben sei, nur in einem sehr nervösen Zustand. Mein Eindruck ist, dass ich es gewohnt war, Briefe von Klement zu erhalten und nie Grund hatte, an ihrer Echtheit zu zweifeln. Je genauer ich mir jedoch den Text ansah, je mehr ich ihn mit den vorherigen Briefen verglich, desto mehr begann ich zu denken, dass der Brief nur eine geschickte Fälschung sei. Bei der GPU mangelt es nicht an Spezialisten aller Art. Mein Freund Diego Rivera, mit dem feinen Auge der Künstler, zweifelt absolut nicht daran, dass die Handschrift gefälscht ist. Um diese Frage zu lösen, können und sollten graphologische Experten zu Rate gezogen werden. Wenn, wie ich glaube, festgestellt wird, dass der Brief gefälscht ist, wird alles andere von selbst klar: Klement wurde entführt, weggebracht und wahrscheinlich getötet; die GPU fabrizierte einen Brief, in dem Klement als Verräter der Vierten Internationale dargestellt wurde, vielleicht mit dem Ziel, den „Trotzkisten" die Verantwortung für die Tötung von Klement zu übertragen. All das entspricht ganz dem Charakter der internationalen stalinistischen Bande. Ich halte diese Option für die wahrscheinlichste. Zunächst nahm ich, wie ich schon sagte, an, dass der Brief von Klement geschrieben wurde – mit vorgehaltenem Revolver, oder in Angst um das Schicksal von Menschen, die ihm nahe stehen – oder besser gesagt, nicht geschrieben, sondern von einem Original abgeschrieben, das ihm von GPU-Agenten vorgelegt wurde. Sollte sich diese Hypothese bestätigen, ist nicht auszuschließen, dass Klement noch lebt und die GPU in naher Zukunft versuchen wird, weitere „freiwillige" Geständnisse herauszuholen. Die öffentliche Reaktion auf ein solches „Geständnis" diktiert sich von selbst: Lassen Sie Klement, wenn er am Leben ist, gegenüber der Polizei, der Justiz oder einer unparteiischen Kommission offen auftreten und alles erzählen, was er weiß. Man kann im Voraus vorhersagen, dass die GPU Klement auf keinen Fall aus der Hand geben wird. Theoretisch möglich ist auch eine dritte Annahme, nämlich, dass Klement plötzlich seine Ansichten radikal änderte und freiwillig auf die Seite der GPU wechselte und alle praktischen Schlussfolgerungen aus diesem Übertritt zog, d.h. sich bereit erklärte, alle Betrügereien dieser Institution zu unterstützen. Man kann sogar noch weiter gehen und annehmen, dass Klement immer ein Agent der GPU gewesen sei. Alle Fakten, einschließlich des Briefes vom 14. Juli, machen diese Hypothese jedoch völlig unwahrscheinlich. Klement hatte mehr als einmal die Gelegenheit, der GPU die größten Dienste zu leisten, soweit es um mein Leben, das Leben von Leo Sedow, das Schicksal meiner Mitarbeiter oder meine Dokumente ging. Er hatte die Gelegenheit, während der Moskauer Prozesse mit seinen „Enthüllungen" aufzutreten, die damals ohnehin einen unermesslich größeren Eindruck hinterlassen hätten als heute. Indessen tat Klement alles, um den Betrug aufzudecken, und half Sedow aktiv beim Sammeln der Materialien. Klement zeigte große Hingabe an die Interessen der Bewegung und ernsthaftes theoretisches Interesse an der Diskussion aller strittigen Fragen. Seiner Feder gehören eine Reihe von Artikeln und Briefen, die zeigen, dass er das Programm der Vierten Internationale sehr ernst und sogar leidenschaftlich nahm. Jahrelang Hingabe an eine Bewegung und theoretisches Interesse vorzutäuschen – diese Aufgabe ist mehr als schwierig. Ebenso schwierig ist es, die Hypothese einer „plötzlichen" Wendung in der letzten Zeit zu akzeptieren. Wenn Klement freiwillig auf die Seite der Komintern und der GPU gehen würde – aus welchen Motiven auch immer –, hätte er nicht den geringsten Grund, sich zu verstecken. Die genannten Roman Well und Jakob Frank, wie Senin, Wells Bruder, verbargen sich nach ihrer Wendung überhaupt nicht, im Gegenteil, sie sprachen offen in der Presse, und Well und Senin (die Brüder Sobolevicius) machten sogar Karriere. Schließlich sollte Klement als fähige und sachkundige Person im Falle eines freiwilligen Übergangs auf die Seite der Komintern einen viel intelligenteren Brief schreiben können, ohne offensichtliche Ungereimtheiten und Unsinn, den jeder Untersuchungsrichter, jede unparteiische Kommission, ausgestattet mit den notwendigen Dokumenten, leicht widerlegen wird. Dies sind die Überlegungen, die zu dem Schluss führen, dass Klement von der GPU entführt wurde und dass sein Brief an mich eine Fälschung darstellt, die von den GPU-Experten hergestellt wurde. Diese einzig akzeptable13 Hypothese zu widerlegen ist sehr einfach: „Frédéric" muss seinen Zufluchtsort verlassen und offene Anschuldigungen erheben. Wenn nicht, dann ist Klement in den Klauen der GPU, und vielleicht schon „liquidiert", nach dem Vorbild vieler anderer. Die Hauptverantwortung für die Aufdeckung des Rätsels um das Verschwinden Rudolf Klements liegt bei der französischen Polizei. Versuchen wir zu hoffen, so schwierig es auch sein mag, dass sie diesmal hartnäckiger und erfolgreicher sein wird als bei der Aufdeckung aller früheren Verbrechen der GPU auf französischem Boden. L. Trotzki. Coyoacan, 3. August 1938 PS: Das alles war geschrieben, als ich aus Paris einen Brief vom 21. Juli vom Genossen Rous erhielt, der in jeder Zeile die oben gezogenen Schlussfolgerungen bestätigt. 1. Genosse Rous erhielt eine Kopie des an mich adressierten Briefes, aber unterschrieben mit „Rudolf Klement" und „Adolphe". In der Annahme, die gleiche Unterschrift erscheine auf dem Original, das an mich adressiert ist, drückt Genosse Rous die berechtigte Überraschung aus, warum der Brief mit dem Namen „Adolphe" und nicht mit „Camille" unterschrieben wurde, wie Klement während der gesamten letzte Periode unterschrieb. Im Kampf gegen die Spionage der GPU und der Gestapo hat Klement in den letzten Jahren dreimal die Pseudonyme in dieser Reihenfolge geändert: Frédéric, Adolphe, Camille. Die GPU saß eindeutig in der Falle. Mit den Namen Klement, Frédéric und Adolphe setzte sie zur größeren Glaubwürdigkeit, alle drei Namen unter verschiedene Kopien (was an sich sinnlos ist), aber nicht den einzigen Namen, mit dem Klement wirklich in der letzten Zeit unterschrieb. 2. Am 8. Juli, also fünf Tage vor dem Verschwinden Klements, verschwand ihm eine Mappe mit Papieren in der Metro. Die Mappe konnte natürlich nicht gefunden werden. Klement, der wusste, dass die GPU in Paris wie zu Hause schaltet und waltet, meldete sofort die Wegnahme der Mappe an alle Sektionen der Vierten Internationale und empfahl ihnen, keine Briefe mehr an die alten Adressen zu schicken. 3. Am 15. Juli, nachdem sie Briefe von „Adolphe" mit dem Poststempel von Perpignan erhalten hatten, besuchten die französischen Genossen Klements Quartier: sein Tisch war zum Essen gedeckt, alles war an seinem Platz, nicht die geringste Vorbereitung auf eine Abreise! Die Bedeutung dieses Umstandes erfordert keine Erklärung. 4. Genosse Rous weist darauf hin, dass die Adresse auf dem Umschlag aus Perpignan so nur von Russen geschrieben wird, also zuerst der Name der Stadt, dann unten auf dem Umschlag der Straßenname. Man kann es als zweifelsfrei erwiesen betrachten, dass Klement als Deutscher und Europäer Adressen nie so geschrieben hat. 5. Warum, fragte Genosse Rous, ist Beals' Name so geschrieben, wie er auf Russisch geschrieben ist, mit anderen Worten: in der russischen Transkription, nur in lateinischen Buchstaben geschrieben? Ich lasse die anderen Bemerkungen des Briefs weg (Rous und die anderen französischen Genossen werden ihre Überlegungen selbst der Öffentlichkeit und den französischen Behörden zur Kenntnis bringen) und beschränke ich mich jetzt darauf, zu konstatieren, dass die ersten faktischen Informationen, die ich direkt aus Frankreich erhielt, voll die Schlussfolgerung unterstützen, zu der ich auf der Grundlage der Analyse des Briefs mit der Unterschrift „Frédéric" gekommen bin: Rudolf Klement wurde von der GPU entführt14! L. Trotzki. 4. August 1938 1In der englischen Übersetzung hier und im Folgenden „Adolf“. Ich verwende die laut Lubitz korrekte Schreibweise (ebenso wie bei „Frédéric“) 2In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 3In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. [Dass „Mitarbeit mit“ statt „Zusammenarbeit mit“ oder „Mitarbeit bei“ etc. ziemlich schlechtes Deutsch ist, scheint noch niemand reklamiert zu haben. – Der Übersetzer] 4In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 5In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 6In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 7In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 8In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 9In lateinischen Buchstaben geschrieben 10In lateinischen Buchstaben geschrieben 11In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 12In einer Anmerkung der französischen Übersetzung auf Deutsch. 13 In der französischen und englischen Übersetzung fehlt „einzig akzeptable“ 14 In der französischen Übersetzung: „ermordet“ |
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