Leo Trotzki: An den Schandpfahl! Aus Anlass des jüngsten Kongresses der CGT1 [Eigene Übersetzung nach dem russischen Text, verglichen mit der englischen und französischen Übersetzung] Wenn irgendjemand irgendwelche Illusionen in den Charakter der Führung der CGT hatte, dann hat der letzte Kongress dieser Organisation nichts von diesen Illusionen übrig gelassen. Wenn irgendjemand gestern hoffen konnte, dass sich die Führung der CGT in eine progressive Richtung entwickeln könnte, dann müssen wir heute diese Hoffnungen abhaken. Herr Ramirez und seine Mitstreiter zeigten mit lobenswerter Offenheit die ganze Tiefe ihrer Degeneration und ihres Falls. In der politischen Sprache kann man kaum geeignete Begriffe finden, um die aktuelle politische Physiognomie dieser Clique zu charakterisieren. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlkampagne und die damit verbundenen Abmachungen und Almosen verleugneten die Führer der CGT plötzlich ihren Margarine2-„Anarchismus" und -„Internationalismus" im Namen des bürgerlichen Nationalstaats3. Unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Stalinismus verkaufen sie die Organisation des Proletariats an die schlimmste bürgerliche Reaktion, die im Dienst des ausländischen Imperialismus steht. In Bezug auf die Öl- und anderen Kapitalisten agiert Ramirez nun offen als Agent zweiten Grades. Niemand erwies Lombardo Toledano und allen stalinistischen Agenten im Allgemeinen einen solchen Dienst und konnte ihnen einen solchen erweisen, wie die herrschenden Clique der CGT. Die überwältigende Mehrheit der Mitglieder dieser Organisation hat natürlich keinerlei Ahnung von dieser verräterischen Intrige, die hinter ihrem Rücken fabriziert wurde. Die Arbeiter sind nur Opfer der persönlichen und Gruppenintrigen der Herren „Führer". Aber umso krimineller und schändlicher ist der reaktionäre Umsturz, der auf dem letzten Kongress der CGT seine Vollendung fand und die Ära echter und offener politischer Prostitution eröffnete. Verleumder aus dem stalinistischen Lager verbreiteten Gerüchte, dass die Vierte Internationale und ihr nahestehende Gruppen zu einem politischen Block mit den Spitzen der CGT neigen. Wir verwerfen diesen Klatsch, wie jeden anderen auch, mit verständlichem Ekel. Die elementare Pflicht eines revolutionären Marxisten besteht darin, systematische Arbeit in den Massenorganisationen des Proletariats zu leisten, in erster Linie in den Gewerkschaften. Diese Pflicht erstreckt sich auf die CTM, die CGT und alle Gewerkschaften im Allgemeinen. Aber beharrliche Arbeit innerhalb der Gewerkschaften, die Schulung der gewöhnlichen Mitgliedern im Geiste des revolutionären Marxismus ist, wie der Himmel von der Erde, weit entfernt von der Politik von abenteuerlichen Blöcken mit korrupten Gewerkschaftsführern. Wer dem Teufel einen Finger gibt, wird leicht die Hand verlieren. Kein einziger revolutionärer Marxist wird nicht nur einen Finger, sondern auch nur einen Fingernagel der jetzigen herrschenden Clique der CGT geben. Der unerbittliche Kampf mit ihr vor dem Angesicht der Arbeiterklasse ist eine elementare revolutionäre Pflicht. Herrn Ramirez und seine Mitstreiter muss die proletarische Vorhut für immer an den Schandpfahl nageln! ★ ★ ★ Die Clique von Toledano-Laborde organisiert gegen die CGT physische Verfolgung: Angriffe auf Räumlichkeiten und Versammlungen, technische Sabotage von4 Radioprogrammen etc. Diese Art von Gangstertum, die in den Alltag der Weltarbeiterbewegung von Stalin eingeführt wurde, hat nichts mit dem echten Kampf gegen die Reaktion zu tun, sondern ist nur eine vereinfachte Weise der Abrechnung zwischen verschiedenen Cliquen der Arbeiterbürokratie5. Die Aufgabe der revolutionären Politik besteht nicht darin, die reaktionären Gewerkschaftsführer mechanisch daran zu hindern, sich zu äußern, sondern den Massen beizubringen, den reaktionären Führern nicht zu vertrauen und sie zu verjagen. Es ist unmöglich nicht erneut darauf hinweisen, dass die Stalinisten, ihren Lehrer nachahmend, immer dreister und unverhohlener für ihre eigenen Zwecke alle Arten von „totalitärer" Repression nutzen; aber da sie in Mexiko nicht die Macht haben, beschränken sie sich notgedrungen auf interne Kämpfe in der Arbeiterklasse. Totalitäre Methoden in einem bürgerlichen Staat, d.h. in einer Gesellschaft begründet auf Privateigentum, stellen jedoch nichts anderes dar als Faschismus. In diesem Sinne sind die Methoden der Toledano-Laborde eine Wegbereitung für eine faschistische Diktatur. Jegliche Beschränkungen der Demokratie in der bürgerlichen Gesellschaft fallen unweigerlich letzten Endes mit ihrem ganzen Gewicht auf die Arbeiterklasse. Die wahren Vorläufer des Faschismus in Mexiko sind nicht nur Ramirez, der offene Agent der Reaktion, sondern auch die Stalinisten Laborde und Toledano. Man darf jedoch nicht glauben, dass sie Nachsicht6 von der faschistischen Diktatur erlangen werden, die sie vorbereiten. Nein, im Falle ihres Sieges, gehen sie ins Konzentrationslager, wenn sie nicht rechtzeitig davonlaufen. Vielleicht7 gelingt es ihnen im Konzentrationslager endlich, die Bedeutung der Warnungen zu verstehen, die wir ihnen nicht zum ersten Mal geben. L. D. Trotzki 31. Dezember 1938 1 In der französischen Übersetzung: „mexikanischen CGT“ 2 In der französischen Übersetzung: „Faschingsdienstags-“, in der englischen Übersetzung: „ … Maske“ 3 In der englischen und französischen Übersetzung: „nationalistischen Staats“ 4 In der englischen Übersetzung statt „von“ ein Komma 5 In der englischen Übersetzung: „Arbeiteraristokratie“ 6 In der englischen und französischen Übersetzung: „Absolution“ 7 In der englischen Übersetzung: „Wahrscheinlich“ |
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