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Leo Trotzki 19380126 An das Internationale Sekretariat

Leo Trotzki: An das Internationale Sekretariat

Aus Anlass einer Karikatur auf den Defätismus

[eigene Übersetzung nach Архив Троцкого. Том 9, Charkow 2013, S. 25 f., verglichen mit der englischen Übersetzung in Internal Bulletin [SWP] No. 3, 1938, p 8 f. und der französischen Übersetzung in Léon Trotsky, Œuvres 16, janvier 1938 – mars 1938. Institut Léon Trotsky, Paris 1983, pp. 114-115. Die Herausgeber haben völlig haltlos Rudolf Klements Decknamen Walter Steen in B. Stolberg umgedichtet. Ich weiß nicht, ob Trotzki tatsächlich B. St. und nicht W. St. geschrieben hat, oder ob die Herausgeber dachten, Trotzki haben versehentlich ein lateinischen „B“ verwendet. Bekanntlich sieht das lateinische „B“ wie das kyrillische Zeichen für „V“ oder „W“ aus.]

(Kopie: an alle Sektionen der Vierten Internationale)

In meinem Brief an den Genosse Van (2. Januar 1938) habe ich die Möglichkeit eingeräumt, dass man im stenographischen Bericht („The Case of Leon Trotsky") einige ungenaue Ausdrücke annehmen könne (ich hatte zu dieser Zeit keine Bücher bei der Hand). Obendrein wird kein vernünftiger und gewissenhafter Mensch in einer kurzen mündlichen Stellungnahme während einer einwöchigen Debatte eine Antwort auf die grundlegenden Probleme unserer Politik während des Krieges suchen. Nun freue ich mich jedoch, dass meine Antwort auf Stolberg im Protokoll ziemlich korrekt wiedergegeben wird und in vollem Einklang mit unseren Programmthesen steht („Die Vierte Internationale und der Krieg").

Ich muss jedoch nicht auf diese Frage zurückkommen. Genosse B. St. schrieb in deutscher Sprache einen Artikel über das Problem der Aufgaben des Proletariats im Kriege. Ich empfehle diesen Artikel allen Genossen wärmstens. Da der Artikel keine „interne" Polemik enthält, kann und sollte er meiner Meinung nach von allen unseren Publikationen abgedruckt werden. Genosse B. St.s ausgezeichneter Artikel zeigt wieder, dass bei uns sehr ernsthafte neue marxistische Kader herangereift sind. Persönlich befreit mich dieser Artikel vollständig von der Notwendigkeit, gegen die neuesten Schriften des Genossen Vereecken zu polemisieren, in denen es nur Scholastik und Kasuistik gibt.

Im Zusammenhang mit dem Artikel des Genossen B. St. erlaube ich mir nur eine besondere Bemerkung. B. St. führt den absolut richtigen fundamentalen Unterschied zwischen revolutionärem Defätismus gegenüber seiner eigenen imperialistischen Regierung und Akten direkter militärischer Sabotage im Interesse eines anderen Landes (eines Arbeiterstaates, eines Kolonialstaates usw.) durch. Es ist jedoch kaum richtig, solche Handlungen wie „Massendesertion" mit einzubeziehen. Die Desertion revolutionären Charakters kann nur unter der Bedingung des großen Einflusses der revolutionären Partei massiv werden. Aber ein solcher Zustand der Armee und des Landes selbst würde das Herannahen oder Eintreten der Revolution bedeuten. Es ist unwahrscheinlich, dass es unter diesen Bedingungen zulässig wäre, die revolutionäre Vorhut der Armee im Namen gelegentlicher militärischer Hilfe für einen kriegführenden Staat oder ein unterdrücktes Land von ihrer Masse wegzureißen. In diesem Fall muss man über „Massendesertion" dasselbe sagen wie auch in anderen Fällen: Es ist entweder unmöglich oder unnötig und schädlich. Ich hoffe, dass der deutsche Text von B. St.s Artikel an alle Sektionen verschickt und in andere Sprachen übersetzt wird.

Crux

26. Januar 1938

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