Leo Trotzki u.a.: Erklärung der Opposition [Nach Internationale Presse-Korrespondenz, 6. Jahrgang Nr. 126 (19. Oktober 1926), S. 2161, Zu Hintergrund s. Leo Trotzki: Auf der neuen Etappe Abschnitt X] Auf dem XIV. Parteitage der KP der Sowjetunion und nach diesem gingen wir und die Mehrheit des Parteitages und des Zentralkomitees in einer Reihe prinzipieller Fragen auseinander. Unsere Ansichten sind in offiziellen Dokumenten, sowie in den auf dem Parteitag, im Plenum des Zentralkomitees und im Politbüro von uns gehaltenen Reden dargelegt. Auch gegenwärtig stehen wir auf dem Boden dieser Ansichten. Wir verwerfen jedoch entschieden die Theorie und die Praxis der „Freiheit von Fraktionen und Gruppierungen" und erkennen an, dass eine derartige Theorie und Praxis den Grundlagen des Leninismus und den Parteibeschlüssen widersprechen. Wir halten es für unsere Pflicht, die Beschlüsse der Partei über die Unzulässigkeit fraktioneller Tätigkeit durchzuführen. Zugleich erachten wir es als unsere Pflicht, offenkundig vor der Partei anzuerkennen, dass wir und unsere Gesinnungsgenossen bei der Vertretung unserer Anschauungen in einer Reihe von Fällen nach dem XIV Parteitag Schritte begangen haben, die die Parteidisziplin übertraten, und dass wir über die von der Partei festgelegten Grenzen des ideologischen Kampfes innerhalb der Partei hinaus einen fraktionellen Weg einschlugen. Indem wir diese Schritte als durchaus irrig erachten, erklären wir, dass wir uns von den fraktionellen Methoden der Verfechtung unserer Anschauungen entschieden lossagen, da diese Methoden die Parteieinheit gefährden, und dazu alle Genossen, die unsere Ansichten teilen, aufrufen. Wir rufen zur sofortigen Auflösung sämtlicher fraktionellen Gruppierungen, die sich um die Ansichten der „Opposition" gebildet haben, auf. Gleichzeitig erkennen wir an, dass wir durch unser Auftreten in Moskau und Leningrad im Oktober die, Entschließung des Zentralkomitees über die Unzulässigkeit der Diskussion übertreten haben, indem wir eine derartige Diskussion entgegen den Entschließungen des Zentralkomitees eröffneten. Falsch war die Erwähnung des Stockholmer Kongresses auf dem XIV. Parteitage, denn diese Erwähnung konnte als Perspektive einer Spaltung und als eine Drohung mit Spaltung gedeutet werden, obwohl dies von der Genossin Krupskaja keinesfalls beabsichtigt wurde. Eine derartige Perspektive verwerfen wir einmütig als eine solche, die verderblich ist und mit unserem Standpunkte nichts gemeinschaftlich hat. Wir verurteilen entschieden eine solche an der Komintern oder der Politik unserer Partei geübte Kritik, die in eine Hetze übergeht, die die Stellung der Komintern als der Kampforganisation des internationalen Proletariats, die Kommunistische Partei der Sowjetunion als den Vorposten der Komintern, oder die Sowjetunion als den ersten Staat der proletarischen Diktatur schwächt. Nicht allein die Agitation der Korsch und Konsorten, die mit dem Kommunismus gebrochen haben, sondern ein jeder, der diese Grenzen überschreitet, wird unsererseits stets auf energische Abwehr stoßen. Wir sprechen kategorisch denen, die eine Agitation irgendwelcher Art gegen die Komintern, die KP der Sowjetunion oder die Sowjetunion führen, das Recht ab, auf irgendwelche Solidarität mit uns Anspruch zu erheben. Indem wir das Recht eines jeden Mitgliedes der Komintern auf die Verfechtung seiner Anschauungen innerhalb der Grenzen der Satzungen und Beschlüsse der Kongresse der Komintern und des EKKI anerkennen, halten wir für absolut unzulässig die direkte oder indirekte Unterstützung des Fraktionismus jeglicher Gruppen in den einzelnen Komintern-Sektionen gegen die Linie der Komintern, sei es die Gruppe Souvarine in Frankreich, die Gruppe Maslow-Ruth Fischer, Urbahns-Weber in Deutschland, die Gruppe Bordiga in Italien, oder irgendeine andere Gruppe, wie ihr Verhalten gegen unsere Anschauungen auch wäre. Wir halten für besonders unzulässig jedwede Unterstützung der Tätigkeit von Personen, die aus der Partei und der Komintern ausgeschlossen sind, wie Ruth Fischer und Maslow. Die Ansichten Ossowskis. die in dessen Artikel ausgesprochen sind, und die Ansichten Medwedjews, die in der „Prawda" analysiert wurden (die Theorie „zweier Parteien", Propaganda zur Liquidierung der Komintern und der Profintern, Versuche zur Vereinigung mit den Sozialdemokraten, Ausdehnung der Konzessionspolitik über die von Lenin festgelegten Grenzen hinaus usw.), erachteten und erachten wir als äußerst irrig, anti-leninistisch, von Grund aus unseren Ansichten widersprechend. Die Einschätzung, die dem von Schljapnikow und Medwedjew verfochtenen Standpunkt der Arbeiteropposition von Lenin zuteil geworden war, wird von uns vollkommen geteilt. Die Beschlüsse des XIV. Parteitages, des Zentralkomitees und der Zentralkontrollkommission erachten wir als unbedingt bindend, wir werden uns ihnen vorbehaltlos unterordnen, sie durchführen. Dazu rufen wir alle Genossen, die unsere Anschauungen teilen, auf. Jeder von uns verpflichtet sich, seine Anschauungen lediglich In Formen, die durch das Statut und die Beschlüsse der Kongresse und des Zentralkomitees festgelegt sind, zu verfechten, da wir überzeugt sind, dass alles, was in diesen Ansichten richtig ist, von der Partei im Verlaufe ihrer weiteren Arbeit angenommen werden wird. Im Verlaufe der letzten Monate wurde eine Reihe von Genossen aus der Partei wegen dieser oder jener Verletzungen der Parteidisziplin, wegen Anwendung fraktioneller Methoden in der Verfechtung der Ansichten der Opposition ausgeschlossen. Aus allem Gesagten erhellt die politische Verantwortung der Unterzeichneten für diese Handlungen. Wir sprechen die feste Hoffnung aus. dass die tatsächliche Einstellung des fraktionellen Kampfes seitens der Opposition den ausgeschlossenen Genossen, die ihre Irrtümer hinsichtlich der Verletzung der Parteidisziplin und der Interessen der Parteieinheit erkannt haben, ermöglichen wird, in die Reihen der Partei zurückzukehren, wobei wir uns verpflichten, bei der Liquidierung des fraktionellen Kampfes und des Kampfes gegen die Rückfälle der Verletzung der Parteidisziplin jedweden Beistand zu leisten. |
Leo Trotzki > 1926 >