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Leo Trotzki 19171215 Schlusswort auf der Sitzung des Petrograder Sowjets über die Verschwörung der Kadetten und Pogrome von Betrunkenen

Leo Trotzki: Schlusswort auf der Sitzung des Petrograder Sowjets

über die Verschwörung der Kadetten und Pogrome von Betrunkenen

(2. Dezember)

[„Iswestija“ Nr. 246, 8. Dezember 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925]

Die Kadettenverschwörung ist tief genug offengelegt. Ich kann nicht viele Informationen veröffentlichen, aber vorerst werde ich sagen, dass die Daten, die den Untersuchungskommissionen zur Verfügung stehen, für die Kadettenpartei vernichtend sind.

Die Proklamation verbreitete, dass es in unserer Regierung deutsche Generale gebe. Und in Verbindung mit dieser Proklamation wurde eine ausgesprochen empörende Position von einer der ehrlosesten Zeitungen genommen – dem „Djen"1, der auch „Nacht" und „Mitternacht" heißen könnte. Daten der Voruntersuchung über die Führer dieser Zeitung sind auch verfügbar, und wenn das Revolutionsgericht, das sich zu lange verzögert, endlich vor dem Volk eröffnet wird, werden auch sie Rede und Antwort stehen müssen.

Die Verschwörung ist offengelegt, aber noch nicht unterdrückt. Weindepots werden noch geplündert, auf der Wasiljewski-Insel wurde das Weindepot in Brand gesetzt. Genossen, wir müssen dies mit allen möglichen Mitteln bekämpfen, und in diesem Kampf ist eure Initiative notwendig. Wir können nicht nur von oben handeln. Am Anfang wurde der Aufruhr nicht durch eine feste Hand verhindert, und was geschieht, ist zum Teil ein Ergebnis der Nachsichtigkeit. Aber es muss klar erkannt werden, dass, wenn ein Soldat, in dessen Händen die Macht liegt, raubt und trinkt, er diese Macht entehrt. Und derjenige, der Trunkenheit nicht unterbindet, keine Maßnahmen gegen sie ergreift, entehrt sie auch. Es wird gesagt, dass auch bei den Gewählten selbst Fälle beobachtet wurden, in denen sie in Versuchung geraten seien. Genossen, das ist eine Schande! Die Volksmacht hat keine andere Verbindung mit dem Volk als die Arbeiter, Soldaten und Bauern selbst, das ist unsere einzige Grundlage. Wenn die Grundlage verfault, haben wir kein Fundament und wir werden den Boden unter unseren Füßen verlieren.

Der Wodka hat die gleiche politische Kraft wie das Wort. Das revolutionäre Wort erweckt aus dem Schlaf und stößt auf den Weg des Kampfs gegen die Unterdrücker, und Wodka ist das Gegenteil des Wortes, er schläfert wieder ein, so dass man besiegt wird. Nicht unsere Bourgeoisie eröffnete diesen Weg des Kampfes: In allen Ländern und in allen Revolutionen griffen die Volksfeinde zum Wodka als Mittel zum Zerfall, zur Zerrüttung, zur Demoralisierung.

Wenn wir keine Angst vor ihren Intrigen, ihren Angriffen haben, dann droht unsere Zersetzung in unserer eigenen Umgebung. Organisiert euch, sammelt eure Kraft, beobachtet mit ungeübtem Blick und kämpft für die revolutionäre Ehre!

Verkündet mit aller vorhandenen Kraft den Wodkakrieg. Wenn ihr nicht mit trinken aufhören könnt, haben wir keine anderen Mittel als Panzerwagen. Denkt daran, jeden Tag der Trunkenheit bringt ihnen den Tag ihrer Sieges näher und uns – der früheren Knechtschaft.

1 In den Oktobertagen betrieb diese Zeitung eine wahnsinnige konterrevolutionäre Agitation. Die Schließung dieser Zeitung löste ein heftiges Geheul der gesamten antibolschewistischen Presse aus. Dies schrieb zum Beispiel das linke „Nascha Schisn" (Nr. 164):

Die Zeitung ,Djen' erhielt zum Beispiel den folgenden Befehl: ,Das Militärische Revolutionskomitee entschied, die Zeitung ,Djen' wegen Hetze gegen die Sowjets durch die Zeitung vorübergehend zu suspendieren.'

Diese Befehle, die von Leuten unterzeichnet werden, die sich Sozialdemokraten nennen, spucken sozialdemokratischen Ideen ins Gesicht. Diese Befehle und vor allem ihre Motivation haben nicht nur keine Rechtfertigung, sondern sogar keine Erklärung. Sie sind nicht nur parteifeindlich (das Programm unserer Partei, das noch nicht abgeschafft wurde, fordert uneingeschränkte Pressefreiheit), sondern auch sinnlos unzweckmäßig.

... Leute, die sich Sozialdemokraten nennen, sollten nicht die Worte eines der Begründer der Sozialdemokratie, F. Engels, vor 20 Jahren vergessen. ,Die Zeit der Überraschungsangriffe, die Zeit der Revolutionen, die von einer kleinen bewussten Minderheit an der Spitze der unbewussten Massen durchgeführt wurden, ist vorbei. Wo es um die vollständige Umgestaltung des Gesellschaftssystems geht, müssen die Massen selbst bewusst danach streben, für sie sollte schon ganz klar sein, was die Angelegenheit ist, für die sie kämpfen müssen.'"

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