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Leo Trotzki 19171124 An die Regiments-, Dividions-, Korps- und Armeekomitee, an die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten

Leo Trotzki: An die Regiments-, Dividions-, Korps- und Armeekomitee,

an die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten

[„Iswestija“ Nr. 223, 12. November 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925]

An alle, an alle!

Der ehemalige Höchste Oberbefehlshaber Duchonin versendet eine Note von Vertretern der alliierten Mächte beim Stab.1 Die Chefs aller verbündeten Militärmissionen mit Ausnahme des Amerikaners erklären sich in ihrer Protestnote gegen jede Verletzung der Bestimmungen des Vertrages, den die zaristische Regierung mit den Verbündeten am 23. August 1914 geschlossen hat.2 Die Vertreter der alliierten Regierungen protestieren gegen den Separatwaffenstillstand zwischen Russland und Deutschland, aber sie geben gleichzeitig keine Antwort auf den Vorschlag des Rates der Volkskommissare für einen Waffenstillstand an allen Fronten. Abschließend drohten alliierte Vertreter, dass eine Vertragsverletzung Russlands ernsthafteste Konsequenzen nach sich ziehen würde.

In Bezug auf dieses Telegramm General Duchonins halte ich es für notwendig, gegenüber der Armee und dem Land die folgende Aussage zu machen:

Aufrufe alliierten Vertreter mit einer diplomatischen Note an den General, der wegen Befehlsverweigerung gegenüber der Regierung entlassen wurde, würden auf der formellen Seite eine unannehmbare Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes mit dem Ziel bedeuten, einen Bürgerkrieg zu provozieren. Inhaltlich würde die diplomatische Note, wenn sie nicht erfunden, sondern echt ist, einen Versuch der alliierten Vertreter bedeuten, die russische Armee und das russische Volk durch Drohungen zu zwingen, den Krieg in Erfüllung der vom Zaren abgeschlossenen und von den Regierungen Miljukow-Kerenski-Tereschtschenko bestätigten Verträge fortzusetzen.

Der Rat der Volkskommissare erklärte vom ersten Tag seiner Existenz an offen, dass er das russische Volk für nicht gebunden durch die alten Verträge halte, die hinter dem Rücken des Volkes geschlossen wurden, um den bürgerlichen Klassen Russlands und der alliierten Länder zu gefallen. Ein Versuch mit toten Buchstaben von Geheimverträgen den revolutionären Willen der Sowjetmacht zu beeinflussen, ist im Voraus zum Scheitern verurteilt. Indem wir die Drohungen in der Note verwerfen, die uns nicht vom Kampfweg für einen ehrlichen demokratischen Frieden abbringen können, erklären wir, dass die republikanische Macht in Gestalt des Rats der Volkskommissare keinen Separat-, sondern einen allgemeinen Waffenstillstand anbietet und in diesem Vorschlag sich als Ausdruck der wahren Interessen und Bestrebungen der Massen nicht nur Russlands, sondern aller kriegführenden Länder im Allgemeinen fühlt.

Soldaten! Arbeiter! Bauern! Eure Sowjetmacht wird nicht zulassen, dass ihr vom Stock der fremden Bourgeoisie wieder zum Schlachthof getrieben werdet. Fürchtet keine Drohungen! Die leidenden Völker Europas sind mit uns. Sie alle wollen sofortigen Frieden. Unser Angebot eines Waffenstillstandes klingt für sie wie das Evangelium der Erlösung. Die Völker Europas werden es den imperialistischen Regierungen nicht erlauben, das russische Volk anzugreifen, das schuldig ist, Frieden und Brüderlichkeit der Völker zu wollen. Und lasst sie wissen, dass die Soldaten, Arbeiter und Bauern Russlands nicht auf diese Weise den Zaren und die Kerenski-Regierung stürzten, um das Kanonenfutter der verbündeten Imperialisten zu bleiben.

Soldaten, setzt euren Kampf um einen sofortigen Waffenstillstand fort! Wählt eure Delegierten für die Verhandlungen. Euer Oberbefehlshaber Fähnrich Krylenko geht heute zur Front, um die Sache des Kampfs für den Waffenstillstand in die eigenen Hände zu nehmen.

Nieder mit den alten Geheimverträgen und diplomatischen Intrigen!

Es lebe der ehrliche, offene Kampf um den allgemeinen Frieden!

Im Namen des Rates der Volkskommissare

Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten L. Trotzki.

11. November, 6 Uhr Morgen, Smolny.

1 Der Text dieser Note lautete wie folgt:

Die Chefs der [Militär-]Missionen, die beim Obersten Russischen Kommando akkreditiert sind und auf der Grundlage präziser Anweisungen ihrer Regierungen durch Bevollmächtigte in Petrograd handeln, haben die Ehre, der Russischen Obersten Führung den energischsten Protest gegen jeden Verstoß gegen die Bedingungen des Vertrags vom 23. August (5. September) 1914 die der Ententemächte, in denen die Alliierten, einschließlich Russlands, feierlich versprachen, weder einen Waffenstillstand noch eine Aussetzung der Feindseligkeiten getrennt voneinander abzuschließen. Die unterzeichnenden Chefs der Militärmissionen halten es ebenfalls für ihre Pflicht, Eure Exzellenz zu informieren, dass jede Verletzung des Vertrages durch Russland schwere Folgen nach sich ziehen wird.“

2 Am 23. August 1914 wurde in London eine Vereinbarung zwischen Russland, Großbritannien und Frankreich über den Nichtabschluss eines Separatfriedens unterzeichnet. (Veröffentlicht in der Iswestija des Außenministeriums für 1915, Buch I).

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