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Wladimir I. Lenin 19200502 Vom ersten kommunistischen Samstag an der Moskau–Kasaner Eisenbahn bis zum allrussischen kommunistischen Samstag am 1. Mai

Wladimir I. Lenin: Vom ersten kommunistischen Samstag an der Moskau-Kasaner

Eisenbahn bis zum allrussischen kommunistischen Samstag am 1. Mai

[Kommunistischer Samstag am 1. Mai“, 2. Mai 1920 gez.: N. Lenin. Nach Sämtliche Werke, Band 25, Wien-Berlin 1930, S. 313-315]

Die im Titel genannte Strecke haben wir in einem Jahr zurückgelegt, Eine ungeheure Strecke! Wie schwach auch alle unsere kommunistischen Samstage, wie groß auch die an jedem solchen Samstag zutage tretenden Mängel in Bezug auf Ordnung, Organisation und Disziplin sein mögen, so ist doch das Wichtigste getan. Eine schwerfällige Maschinerie ist in Bewegung gebracht worden. Und das ist das Wesentliche. Wir geben uns keineswegs Täuschungen hin und wissen, wie wenig bisher getan worden ist und wie ungeheuer viel uns noch zu tun bevorsteht. Aber nur böswillige Feinde der Werktätigen, nur böswillige Anhänger der Bourgeoisie sind imstande, über den Kommunistischen Samstag am 1. Mai die Nase zu rümpfen, nur ganz elende Gesellen, die sich mit Haut und Haaren dem Kapitalismus verkauft haben, sind fähig, die Ausnutzung des großen Maifeiertages für den Massenversuch einer Einführung der kommunistischen Arbeit zu verurteilen. Nach dem Sturz des Zaren, der Gutsbesitzer und Kapitalisten wird zum ersten Mal das Feld frei für den wirklichen Aufbau des Sozialismus, für die Schaffung eines neuen gesellschaftlichen Zusammenhangs, einer neuen Arbeitsdisziplin, einer neuen welthistorischen Ordnung der ganzen Volkswirtschaft und dann auch der internationalen Wirtschaft, Es handelt sich hier um eine Umwandlung der Sitten, die auf lange Zeit verschmutzt und verdorben worden waren durch das verfluchte Privateigentum an den Produktionsmitteln und zugleich durch die ganze Atmosphäre des Zanks und des Misstrauens – der Feindschaft, der Zersplitterung, der gegenseitigen Hinterhältigkeit, die durch die abgeschlossene Kleinwirtschaft, durch die Wirtschaft der privaten Eigentümer bei dem freien Warenaustausch unvermeidlich immer wieder von neuem entstehen.

Die Freiheit des Handels, die Freiheit des Warenaustauschs war Jahrhunderte hindurch für Millionen Menschen das erste Gebot der ökonomischen Weisheit, sie war für Hunderte und Aberhunderte Millionen zur festesten Gewohnheit geworden. Diese Freiheit ist ebenso durch und durch verlogen, dient ebenso der Verhüllung des kapitalistischen Betruges, der Gewalt und der Ausbeutung, wie die anderen Freiheiten, die von der Bourgeoisie proklamiert und verwirklicht worden sind, wie z. B. die „Freiheit der Arbeit“ (lies: Freiheit, Hungers zu sterben) usw. Alle diese Freiheiten haben die Eigentümer geschaffen. Mit dieser Freiheit der Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital haben wir endgültig gebrochen und führen gegen sie einen rücksichtslosen Kampf. Nieder mit der alten gesellschaftlichen Ordnung, nieder mit den alten wirtschaftlichen Verhältnissen, mit der alten Freiheit der dem Kapital untergeordneten Arbeit, nieder mit den alten Gesetzen, den alten Gewohnheiten! Wir wollen eine neue Gesellschaft aufbauen! Uns schreckten nicht die Niederlagen während des großen revolutionären Krieges gegen den Zarismus, gegen die Bourgeoisie, gegen die imperialistischen Weltmächte. Uns schrecken auch nicht die ungeheuren Schwierigkeiten und die zu Beginn einer so überaus schwierigen Sache unvermeidlichen Fehler; denn die Umwandlung aller Arbeitsgewohnheiten und Sitten ist eine Sache von Jahrzehnten. Und wir geben einander das feierliche und feste Versprechen, alle Opfer zu bringen, auszuhalten in diesem allerschwersten Kampfe, im Kampfe gegen die Macht der Gewohnheit, und Jahre und Jahrzehnte zu arbeiten, ohne die Hände ruhen zu lassen.

Wir werden arbeiten, um die alte Regel: „Jeder für sich und Gott für uns alle“ auszumerzen, um die Gewohnheit auszumerzen, die die Arbeit nur für eine Pflicht und nur dann für rechtmäßig hält, wenn sie nach einer bestimmten Norm bezahlt wird. Wir werden arbeiten, um den Massen in ihrem tagtäglichen Leben die Regel einzuhämmern: „Alle für einen und einer für alle“, die Regel: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“, um nach und nach, aber unbeirrt, kommunistische Disziplin in die kommunistische Arbeit einzuführen. Es ist uns gelungen, einen Fels von ungeheurer Schwere von der Stelle zu rücken, einen Fels von Konservativismus, Unorganisiertheit, von hartnäckigem Festhalten an der Gewohnheit des freien Handels, des freien Kaufs und Verkaufs der menschlichen Arbeitskraft, wie einer jeden anderen Ware. Wir haben damit begonnen, die am tiefsten eingewurzelten Vorurteile, die festesten, jahrhundertealten Gewohnheiten zu erschüttern und zu zerstören. Unsere kommunistischen Samstage haben uns im Laufe eines Jahres einen gewaltigen Schritt vorwärts gebracht. Sie sind noch sehr unzulänglich. Aber das kann uns nicht schrecken. Wir haben gesehen, wie die außerordentlich schwache Sowjetmacht vor unseren Augen dank unseren Anstrengungen erstarkte und zu einer ungeheuer starken, internationalen Macht wurde. Wir werden Jahre und Jahrzehnte daran arbeiten, dass die kommunistischen Samstage sich einbürgern, sich entwickeln, ausbreiten, verbessern und uns zur Gewohnheit werden. Und so werden wir die kommunistische Arbeit zum Siege führen.

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