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Wladimir I. Lenin 19050500 Resolutionsentwurf über die Beteiligung der Sozialdemokratie an der provisorischen revolutionären Regierung

Wladimir I. Lenin: Resolutionsentwurf über die Beteiligung der Sozialdemokratie

an der provisorischen revolutionären Regierung

auf dem III. Parteitag der SDAPR, 12./25. April–27. April/10. Mai 1905

[Geschrieben Ende April 1905 Zum ersten Mal veröffentlicht 1926 im „Lenin-Sammelbuch" Nr. 5. Nach Sämtliche Werke, Band 7, 1929, S. 355-357]

In Erwägung:

1. dass für den wirklich freien und offenen Massenkampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie eine möglichst vollständige, weitgehende politische Freiheit und folglich eine möglichst vollständige Verwirklichung der republikanischen Ordnung notwendig ist;

2. dass eine immer größer werdende Anzahl von Vertretern der verschiedenen bürgerlichen und kleinbürgerlichen Schichten der Bevölkerung, der Bauernschaft usw. gegenwärtig mit revolutionär-demokratischen Losungen auftritt, die sich natürlich und unvermeidlich aus den grundlegenden Bedürfnissen der Volksmasse ergeben, deren – unter dem Absolutismus unmögliche – Befriedigung kraft der Forderungen der objektiven Entwicklung des ganzen sozialökonomischen Lebens in Russland absolut unumgänglich ist;

3. dass die internationale revolutionäre Sozialdemokratie die Notwendigkeit der tatkräftigsten Unterstützung der revolutionären Bourgeoisie in ihrem Kampfe gegen alle reaktionären Klassen und Einrichtungen durch das Proletariat, unter der Voraussetzung der vollkommenen Selbständigkeit der Partei des Proletariats und ihrer streng kritischen Einstellung gegenüber ihren zeitweiligen Bundesgenossen, stets anerkannt hat;

4. dass der Sturz der absolutistischen Regierung in Russland ohne deren Ersetzung durch eine provisorische revolutionäre Regierung unmöglich ist, und dass nur eine solche Ersetzung imstande ist, bei der Errichtung der neuen politischen Ordnung Russlands die wirkliche Freiheit und den richtigen Willensausdruck des ganzen Volkes zu sichern, die Durchführung unseres nächsten, unmittelbaren Programms der politischen und ökonomischen Reformen zu gewährleisten;

5. dass ohne die Ersetzung der absolutistischen Regierung durch eine provisorische revolutionäre Regierung, die sich auf alle revolutionär-demokratischen Klassen und Elemente von Klassen in Russland stützt, die Erkämpfung der Republik und die Gewinnung der rückständigen und unaufgeklärten Schichten des Proletariats und besonders der Bauernschaft für die Revolution unmöglich ist, Schichten, deren Interessen in absolutem Widerspruch zum absolutistisch-feudalen Regime stehen und die in hohem Maße nur infolge des Drucks der abstumpfenden politischen Atmosphäre am Absolutismus festhalten oder abseits vom Kampfe gegen ihn stehen;

6. dass bei dem Bestehen einer, wenn auch erst am Anfang ihrer Entwicklung stehenden, so doch bereits organisierten sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Russland, die fähig ist, bei politischer Freiheit die Haltung ihrer Delegierten in der provisorischen revolutionären Regierung zu kontrollieren und zu lenken, die Gefahr eines Abweichens dieser Delegierten vom richtigen Klassen weg vermieden werden kann; –

erachtet der III. Parteitag der SDAPR die Beteiligung von Beauftragten der Partei an der provisorischen revolutionären Regierung zum Zweck des schonungslosen Kampfes gemeinsam mit der revolutionären bürgerlichen Demokratie gegen alle konterrevolutionären Versuche und zum Zweck der Verteidigung der selbständigen Klasseninteressen des Proletariats als möglich, wobei Bedingung für eine solche Beteiligung sein muss die strenge Kontrolle der Partei über ihre Beauftragten und die unbeirrbare Wahrung der Unabhängigkeit der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die eine vollständige sozialistische Umwälzung erstrebt und in dieser Hinsicht allen bürgerlich-demokratischen Parteien und Klassen feindlich gegenübersteht.

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