Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale 19200700 An alle Orts- und Landesorganisationen der USPD

Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale:

An alle Orts- und Landesorganisationen

der Unabhängigen Sozialistischen Partei Deutschlands, an alle Arbeiter, die Mitglieder der USPD sind

[Manifest, Richtlinien, Beschlüsse des Ersten Kongresses. Aufrufe und offene Schreiben des Exekutivkomitees bis zum Zweiten Kongress. Hamburg 1920, S. 322-325]

Werte Genossen!

Am 15. Juli 1920 wird, wie Euch bekannt ist, in Moskau der zweite Weltkongress der Kommunistischen Internationale eröffnet (die erste feierliche Versammlung findet in Petersburg statt). Die klassenbewussten Arbeiter der ganzen Welt sind begeistert unserem Rufe gefolgt, den Kongress mit ihren Vertretern zu beschicken. Die Mehrzahl der Delegierten – aus England, Frankreich, Österreich, Ungarn, Italien, Amerika, Schweden, Bulgarien, Holland und anderen Ländern – ist bereits in Russland eingetroffen. Andere befinden sich auf dem Wege nach Moskau. Schon jetzt ist es klar, dass unser zweiter Kongress in Wirklichkeit zum Weltkongress der vorgeschrittenen Arbeiter werden wird. Der Kongress wird den Erfahrungen unseres Kampfes die Bilanz ziehen. Der Kongress wird uns, den Arbeitern der ganzen Welt, den weiteren Weg des Kampfes weisen, der Stimme des Kongresses werden die Werktätigen der ganzen Welt lauschen.

Genossen! Werdet Ihr wirklich abseits von einem solchen Kongresse stehen?

Wir sagen es Euch aufrichtig: das Exekutivkomitee und die zur kommunistischen Partei gehörenden Arbeiter aller Länder werden äußerst betrübt sein, wenn Ihr, Arbeiter aus der USPD, nicht mit uns auf unserem Kongresse sein werdet.

Wir wissen, dass Ihr, proletarische Mitglieder der USPD, mit allen Euren Gedanken bei uns seid. Wir wissen, dass Ihr in die Reihen unserer Internationalen Arbeitergenossenschaft, in die III. Internationale strebt. Um so unzulässiger ist es, dass die rechten Führer Eures Zentralkomitees Euren und unseren Wunsch vereiteln.

Unter Eurem Druck, unter dem Druck der Arbeiter hat der Leipziger Kongress der USPD beschlossen, aus der Zweiten Internationale auszutreten und in Beziehungen zur Dritten Internationale zu treten. Aber die rechten Führer Eures Zentralkomitees haben diesen Beschluss tatsächlich sabotiert und sabotieren ihn noch. Sie planen eine Konferenz der Zwischenparteien einzuberufen, d. h. der Parteien, die aus der Zweiten Internationale ausgetreten, der Dritten Internationale aber noch nicht beigetreten sind. Diesen hoffnungslosen Versuch haben jetzt sogar die gemäßigten Führer der Französischen Sozialistischen Partei aufgegeben. Zwei Delegierte dieser Partei, Cachin und Frossard, sind schon in Moskau eingetroffen, und wir werden ihnen offen sagen, unter welchen Bedingungen die französische Partei in die Dritte Internationale aufgenommen werden kann. Die französischen Arbeiter zwingen ihre gemäßigten Führer, eine Annäherung an die Dritte Internationale zu suchen. Nur Eure Vertreter sehen wir bis jetzt nicht in Moskau.

Wir haben uns mit einem offenen Brief an die USPD gewandt, in dem wir genau und ausführlich die Bedingungen nannten, unter denen wir Eure Partei wie auch die anderen Parteien, die bis jetzt der Strömung des Zentrums gefolgt sind, aufnehmen können. Euer Zentralkomitee hat diesen Brief des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale nicht einmal veröffentlicht. Es hat ihn geheim gehalten. Es verheimlicht ihn vor Euch noch jetzt. Das ZK der USPD benachrichtigt uns durch sein Schreiben vom 6. Juni, unterzeichnet von Däumig, dass das offene Schreiben des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale von den Unabhängigen bis jetzt nicht abgedruckt worden ist wegen „Mangel an Papier“. Einen unwürdigeren Grund konnten Eure rechten Führer nicht ausdenken. Dieses Verhalten beweist, dass wir recht hatten, als wir sagten, dass Euer Beitritt zur Dritten Internationale nur über den Kopf der rechten Führer hinweg vollzogen werden könne.

In Anbetracht des Gesagten schlagen wir Euch, Genossen, folgendes vor: mögen die einzelnen Orts- und Landesorganisationen der USPD, die unverzüglich der Dritten Internationale beizutreten wünschen, sofort ihre Delegierten wählen und zu unserem Kongress schicken, der für den 15. Juli anberaumt ist. Wartet auf niemand mehr. Erlaubt nicht, Euren Willen zu vergewaltigen. Organisiert Euch schnell und erfüllt Eure Pflicht. Die revolutionären Arbeiter, die Mitglieder der USPD, müssen auf dem Weltkongress der Kommunistischen Internationale sein. Wir erwarten Euch, Genossen! Beeilt Euch! Erörtert unseren Vorschlag auf allen Euren Arbeiterversammlungen. Druckt ihn in Euren Zeitungen ab. Entlarvt diejenigen, die Euren Willen hintertreiben. Handelt!

Mit kommunistischen Grüßen

das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale

Vorsitzender: G. Sinowjew

Sekretär: Karl Radek.

Mitglieder des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale:

Sozialistische Partei Italiens

Serrati, Bombacci, Vacirca, Graziadei

Kommunistische Partei Russlands

W. Uljanow (Lenin), N. Bucharin, Karachan, Balabanoff, Klinger.

Kommunistische Arbeiterpartei Polens

Marchlewski (Karski)

Exekutive der Kommunistischen Jugendinternationale

Schatzkin

Britische Sozialistische Partei

MacLaine, Tom Quelch

Komitee der Dritten Internationale in Frankreich

Jaques Sadoul, Deslinieres

Kommunistische Partei Ungarns

Rudnyansky, Rakoczi

Kommunistische Partei Deutsch-Österreichs

Reisler

Kommunistische Arbeiterpartei Amerikas

Reed, Bilan

Kommunistische Partei Amerikas

Stoklitzki

Kommunistische Partei und Föderation der Gewerkschaften Bulgariens.

Schablin

Kommunistische Partei Lettlands

Stutschka

Außerdem haben das vorliegende Schreiben unterschrieben:

Vorsitzender des Gesamtrussischen Zentralrats der Gewerkschaften

Losowsky

Vertreterin der Kommunistischen Frauenorganisationen Russlands

I. Armand.

Comments