Heinrich Joseph Claessen: Brief an Karl Marx in Paris Köln, 13. März 1844 [Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung. Briefwechsel, Band 1. Berlin 1975, S. 426 f.] Mein lieber Marx Ein Wechsel von 1000 Th. wird Ihnen in den nächsten Tagen zugehen; wir haben uns beeilt Ihrer Aufforderung nachzukommen, oder vielmehr Ihre Mitteilung ist uns ein Anstoß gewesen, etwas auszuführen was von Ihrer Absicht einigermaßen sich entfernt. – Meine Ansicht ist, dass die Deutsch-Französischen Jahrbücher auf die Dauer, ja noch mehr, in der nächsten Spanne Zeit, sich nicht halten können. Alle Unternehmungen der Art, wobei der literarische von dem buchhändlerischen Teile nicht streng gesondert gehalten wird, müssen früher oder später untergehen. Ihr Ende wird beschleunigt, wenn außerordentliche Hindernisse dem Geschäftsbetriebe sich entgegenstellen und folglich ungewöhnliche Fähigkeiten und Anstrengungen des Buchhändlers erforderlich werden. – Woran ist das literarische Kontor verschieden? – An nichts anderem als der Schwierigkeit des Debits. – Wie wollen Sie Ihren Debit sichern? – Und gesetzt, es wären Aussichten dazu vorhanden, woher sollen die Mittel kommen das 3te und 4te Heft erscheinen zu lassen. Sie selbst wissen so gut wie ich, dass nach der Einrichtung des deutschen Buchhandels der Ertrag der ersten Hefte nach Jahr und Tag noch nicht in Ihren Händen sich befindet. – Was kann es uns nützen, dass ein 3 und 4tes Heft erscheint, wenn dann die Sache doch aufhören muss? – Aus diesen Gründen sind wir Alle einstimmig der Meinung gewesen, dass unsere Sammlung nicht auf fruchtlose Versuche verwandt werden sondern vielmehr einzig und allein dazu bestimmt sein soll, Sie persönlich für die Opfer, die Sie unserer gemeinschaftlichen Sache gebracht haben, zu entschädigen; Jung, der wie immer, vorangegangen, (trotz seinem etwas unreifen Enthusiasmus ist er ein grundedler Mensch), wird Ihnen in diesem Sinne schreiben. Ich mag das Bedenken nicht aufkommen lassen, dass Sie einen falschen Stolz in dem Grade besitzen könnten, um den Tribut, den wir Ihrem Talente und Ihrer Wirksamkeit mit freudigem Herzen bringen, zu verschmähen. Wir Deutsche sind einseitige Idealisten. Während O'Connell einen regelmäßigen Tribut erhebt, scheuen wir uns fast, von Geld auch nur zu sprechen. Wie kann denn der große Haufe anders sich beteiligen als durch Geldbeiträge, durch eine Arbeit, der er gewachsen ist? Der Tagelöhner kann nicht schreiben, wohl aber einen Tag arbeiten für die Sache die seinen Wünschen und Interessen entspricht. Wir können für den Augenblick nicht mehr tun, als ein Tagelöhner, Sie müssen für uns Alle wirken. Auf welche Art Sie das anfangen, das müssen Sie überlegen, unsere Sache ist nur, Ihnen ein freies Wirken möglich zu machen; wir haben für Sie eine Art National-Subskription eröffnet, wie sie in allen freien Ländern vorgekommen; der Subskribent hat aber das Recht sich sicher zu stellen, dass seine Absicht erreicht werde, und aus diesem Grunde, und um meiner Meinung noch besonderen Nachdruck zu geben, werde ich meinen Beitrag gesondert einsen[den.] Übrigens habe ich zu dem Siege unserer Sache nie me[hr] Vertrauen gehabt als gerade jetzt; es gesch[ehen] Zeichen und Wunder – das Himmelreich ist nähe[r] als wir uns träumen lassen; indessen ist Geduld zu allen menschlichen Dingen nötig; bis die Sonne aufgeht, muss man die Nacht erträglich hin zu bringen suchen. Wir dürfen nie das Maß des Gesunden und Harmonischen überschreiten, auch nicht in der Aufopferung unserer selbst zu einem höheren Zwecke. – Dass wir von Ihrem 1 und 2 Hefte noch gar nichts zu Gesichte bekommen haben, will ich schließlich noch anführen, um von der Schwierigkeit des Debits ein neues Beispiel anzuführen. – Grüßen Sie Ihre liebe Frau viele herzliche Male von Ihrem treuen Freunde Claessen 15 Köln 13/3 44.1 Mr. Ch[ar]les Marx Paris hôtel et rue Vanneau fbg St. Germain frco. |