Karl Marx: Über Geschworenengerichte Fußnote der Redaktion der „Rheinischen Zeitung [Rheinische Zeitung Nr. 6, 6. Januar 1843. Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Erste Abteilung. Werke – Artikel - Entwürfe, Band 1. Berlin 1975, S. 391] So sehr wir mit dem Herrn Korrespondenten im Allgemeinen übereinstimmen, und es für ein unbezweifelbares Bedürfnis der Rheinprovinz halten, dass das Institut der Geschworenengerichte wieder in die Rechte eingesetzt werde, die es selbst nach der französischen Gesetzgebung ursprünglich anzusprechen hat, dass es über die Grenzen der französischen Gesetzgebung erweitert und von den misstrauischen Einschiebseln und Verunstaltungen des napoleonischen Despotismus gereinigt, mit einem Wort, weiter entwickelt werde, so können wir andrerseits die Anwendung desselben auf das Zivilrecht einstweilen noch nicht für ausführbar halten. Dazu gehörten ein andres Zivilrecht und eine andre Staatsorganisation. Dagegen bestätigen wir die Behauptung, dass die Rheinprovinz nicht die Mängel des jetzigen Geschwornengerichts verkennt, nämlich die Mängel, die nicht aus der Natur des Geschworenen-Gerichts, sondern aus der rheinischen Existenz des Geschworenen- Gerichts hervorgehen, einer Existenz, die ihrem Wesen nicht nur nicht überall entspricht, sondern oft geradezu widerspricht. Es ist beinahe zu einem rheinischen Vorurteil geworden, man habe bisher eine Entwicklung unsrer gerichtlichen Institutionen aus ihrem eignen Geist heraus verhindert, um die Institutionen selbst zu verhindern, um sie an dem Widerspruch ihrer unbewegten Existenz mit den fortschreitenden Bedürfnissen und Entwickelungen der Zeit sterben zu lassen. Wir können endlich den Verfasser versichern, dass kein einziges Institut, im eigentlichen Sinne des Wortes, hier so populär ist, als das Institut der Geschworenen. Wären denn in den alten Provinzen Fälschungen, bedeutendere Diebstähle und Diebstähle unter erschwerenden Umständen, schwerere Verwundungen, wie sie fast täglich in jeder Bauernrauferei vorfallen, Notzucht etc. so selten, dass sie eine Analogie mit Pestilenz und Krieg darböten? Es gehört nicht zu den Aufgaben der Gesetzgebung, den Sinn für volkstümliche Gerichtsbarkeit in der Rheinprovinz hervorzubringen, aber es gehört allerdings zu ihren Aufgaben, diesem vorhandenen Sinn ein größeres Terrain der Handlung anzuweisen, und dazu wäre die von dem Herrn Korrespondenten vorgeschlagene Aufhebung der Zuchtpolizeigerichte und die Verweisung der politischen Vergehen an das Geschworenengericht das nächste Mittel. Redaktion der Rheinischen Zeitung. |