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Karl Marx 18430227 Die Augsburger „Allgemeine Zeitung”

Karl Marx: Die Augsburger „Allgemeine Zeitung”

[Rheinische Zeitung Nr. 59, 28. Februar 1843. Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Erste Abteilung. Werke – Artikel - Entwürfe, Band 1. Berlin 1975, S. 408 f.]

+ Köln, 27. Febr. Die Augsburger Allgemeine Zeitung legte neulich der Preußischen Staatszeitung unter den Fuß, ihr Beruf sei es, die schlechte Presse, die liberalen Opponenten, kurzum die Gegner der „guten Presse”, an deren (nämlich der guten Presse) Spitze bekanntlich in Preußen die Staatszeitung steht, zum Schweigen zu bringen. Diesen Vorwurf einer Unterlassungssünde fand vor einigen Tagen die Staatszeitung Gelegenheit mit dem Vorwurf einer Begehungssünde zu erwidern. In einem polemischen Artikel gegen das Journal de la Haye (der, beiläufig gesagt, interessante Dinge über das Verhältnis Hollands zu Preußen zur Sprache bringt) sagt die Staatszeitung vom 23. Februar: „Wir finden es natürlich, dass das holländische Journal die Agitation deutscher Blätter gegen das freisinnigere Handelssystem des Zollvereins im Interesse des Handels selbst bekämpft; eine Agitation, die, wie man weiß, zunächst gegen Preußen gerichtet ist und zu welcher bekanntlich auch die Allgemeine Zeitung zwar nicht bei dieser, wohl aber bei anderen Gelegenheiten sich in sehr ausgedehntem Maße hergegeben hat.”

Wie man in Berlin über die Augsburger Allgemeine Zeitung denkt, darüber liefert die vorstehende Stelle schon Andeutung genug. Nun lesen wir in der Trierschen Zeitung vom 26. Februar auch noch Folgendes aus Berlin:

Seine Majestät der König haben Allerhöchst ihr Missfallen über den Ton ausgesprochen, in welchem sich bisher öfter die ,Augsburger Allgemeine Zeitung’ über Preußen vernehmen ließ. Man hat darüber nach Bayern berichtet und von da durch den bayrischen Minister des Auswärtigen, Freiherrn v. Gise, zur Antwort erhalten, dass Seine Majestät der König von Bayern geeignete Maßregeln treffen werde, der betreffenden Zeitung ähnliche missfällige Äußerungen über Preußen unmöglich zu machen.”

Wir finden in diesen Urteilen und Vorgängen das tröstende Walten unserer Freundin, der Nemesis, auf die wir uns in mythologischer Frömmigkeit stets verlassen haben. Wer hat mehr, als die Augsburger Allgemeine Zeitung, alle Kräfte angestrengt, um durch Bekämpfung zeitgemäßer Bestrebungen das Oberwasser in dem Strom der Journalistik zu halten und sich als den Hort und Champion der „Loyalität” zu bezeigen? Jetzt zeigt es sich, dass ihr der ganze edle Eifer nichts genützt und dass man durch die loyale Maske hindurch gerade da ihre wahre Physiognomie erkannt hat, wo sie sich von ihrer Taktik den meisten Erfolg versprach. Wir sind weit entfernt, Freude zu empfinden, wenn wir unsere Gegner auf Kosten der Freiheit demütigen sehen. Wir gönnen diese Arbeit viel lieber uns selbst und bedürfen dazu eben nur der Freiheit. Wenn es uns daher sehr willkommen ist, dass man die wahren Intentionen der Augsburger Allgemeinen Zeitung trotz ihren Vermummungen erkannt hat, so schmerzt es uns zugleich, dass man gegen ihr Treiben kein anderes Mittel zu finden wusste, als Pressebeengungen. Kampffreiheit an der Isar und Kampffreiheit am Rhein wie an der Spree – und es braucht Keinem für den Sieg der guten Sache bange zu sein, wenn er in der guten Sache nur die Wahrheit erblickt.

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