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Arnold Ruge 18430604 Brief an Karl Marx

Arnold Ruge: Brief an Karl Marx

in Kreuznach

Dresden, 4.-7. Juni 1843

[Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung. Briefwechsel, Band 1. Berlin 1975, S. 406 f.]

Dresden 4 Juni 43.

Endlich den 31. Mai ist Froebel gekommen. Er klagt sehr über die Messe und über den unverschämt langen Kredit den die Buchhändler verlangen. Ich habe nun mit ihm ausgemacht, dass wir mit dem Oktober anfangen, wenn's irgend möglich ist; dass wir auf der Rückreise von Paris bei Ihnen vorkommen. Ich kann vielleicht schon auf der Hinreise. Endlich kann er nicht früher, als August reisen und meint, das sei auch besser, weil man früher die Leute zu verfehlen Gefahr liefe. Sollte ich nun doch noch früher reisen, so würde ich nicht die ganze Zeit mit Froebel in Paris zusammensein. Doch das wird sich finden. B. Bauer will teilnehmen. Er hätte über Alle gerast und gewütet und Anfangs gemeint: es müsse jetzt Alles auseinander gehen und jeder auf seine eigne Hand operieren; als er dann gehört, dass wir eben grade jetzt ein energisches Blatt des Radikalismus gründen wollen, sei er umgedreht und habe gemeint, wenn das wäre, so wolle er sich nicht ausschließen. Die Andern haben Froebel sehr missfallen und entschieden den Eindruck gemacht, den sie nie zu machen verfehlen können, nämlich den der dummen Jungen.

Seltsam überrascht mich eine andre Tatsache, welche der Durchzug der Fremden und die Saison mir zuführt: nämlich die ungemeine Regsamkeit der Liberalen in ganz unerwarteten Kraftanstrengungen. So haben die schlesischen Fabrikanten und Mühleneigentümer, die an den Privatflüssen liegen über das Berieselungsgesetz, welches der Adel und die Bauern, ohne ihre Interessen zu hören, beschlossen haben und wodurch sie ihre Industrie gefährdet sehen ein sehr energisches Protestationsverfahren eingeleitet. Die Details sind sehr interessant; und dass selbst diese ausgesuchte Privatsache, die ohne alles Interesse sein sollte, ins Prinzipielle umschlägt – ist eine Schicksalskomödie, die sich ganz würdig dem Bisherig[en] anschließt. Seine Majestät ist unzugänglich gewesen und hat diese Vorstellung, die schriftlich kam mit dem jetzt schon bekannten Rüffelformular beantwortet, die 2te noch stärkere Vorstellung – die Leute haben erklärt, sie müssten auswandern, wenn das Gesetz ernstlich exekutiert würde – liegt jetzt vor.

Die liberale Milchsuppenopposition hält einen Kongress auf Itzsteins Gut bei Frankfurt, von dem wahrscheinlich bald viel Radaus gemacht werden wird.

Endlich noch ein Wort über unsere überrheinische Literatur und ihren Vertrieb.

Froebel wünscht für seine Handlung ein größeres Betriebskapital und hat mit mir darüber verhandelt. Ich bin nun auf den Gedanken gekommen, den Versuch zu machen, ob man nicht 1000 Aktien zu 50 rf gegen 4 pro Cent Zins kreieren und „zur Gründung einer liberalen pressefreien Buchhandlung und zur Fortsetzung der Jahrbücher mit ihr" verkaufen könnte. Aber die Sache hat große Schwierigkeiten. Die Hauptorte wären Köln, Königsberg, Berlin, Breslau und dazu haben die Kölner nun wohl satt und werden beutelfaul. Dennoch wäre das eine Art Lebensregung der liberalen Partei. Fragen Sie doch mal Jung, was er von der Sache denkt, ob man in Köln wohl damit reüssierte.

Froebel wird auf jeden Fall unser Unternehmen ausführen und die Zeitschrift verlegen; er würde aber seinem Verlage pro patria einen großen Aufschwung geben, wenn man ihm noch größere Fonds zur Disposition stellte. Das muss möglich gemacht werden: es fragt sich nur wie?

Ich wollte Ihnen noch ausführlicher über Allerlei schreiben. Nun führ' ich aber morgen meine Schwägerin in die Sächsische Schweiz und so lange wollt' ich den Brief nicht liegen lassen.

Herzliche Grüße von uns allen und auch unsere besten Glückwünsche für Sie und Ihre junge Frau.

Von Herzen Ihr

A. Ruge.

Dresden, 7ter Juni 43.

Stellen Sie sich vor: Zur Enthüllung der Statue des alten Fr. August hielt Nostitz die Rede und ich hatte das Glück, mich in die Deputation der Stadtverordneten zu bringen unter 60 einer der 7 Auserwählten. So hörte ich Alles sehr in der Nähe: Worte unerhört! nun sie werden wohl gedruckt werden!

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