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Arnold Ruge 18430308 Brief an Karl Marx

Arnold Ruge: Brief an Karl Marx

in Köln

Dresden, 8. März 1843

[Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung. Briefwechsel, Band 1. Berlin 1975, S. 399 f.]

Dresden den 8 März 43.

Lieber Freund,

Unser Projekt hat noch ganz seine Proteusnatur. Strasburg, die Franzosen und die Deutschen; – welch' eine gute Sache! und nun hören Sie, wie sich seitdem schon wieder neue Klappen an der Aussicht geöffnet. Ich war in Leipzig, um mit Wigand in Folge Ihres ersten Briefs zu sprechen. Eben hatte Oppenheim und sein Begleiter ihn verlassen nach Berlin, und es schien, dass die Sachlage gar so verzweifelt nicht wäre. Dann, meinte Wigand, würden Sie vielleicht bleiben. Ihr Brief vom 3. März zeigt mir, dass Sie in Ihrem Entschlüsse abzugehen noch fest sind und zum Überfluss kommt Oppenheims Begleiter eben zu mir aufs Zimmer, um mir zu sagen: dass sie in Berlin gar nichts ausgerichtet, gar nicht vorgelassen worden sind.

Diese Sache ist nun beseitigt d. h. soweit Sie und ich mit unserm Plane konkurrieren. Nun aber hat unser Minister den alten Pressgesetzentwurf zurückgenommen und einen neuen vorgelegt: 20 Bogen frei und Aufhebung der Nachzensur. Dieser wird wohl von den Ständen angenommen und dadurch in Leipzig eine erträglichere Praxis wieder hergestellt werden. Nun, meint also Wigand, sollten wir das abwarten und in Leipzig à 20 Bogen die Sache fortsetzen. Jedoch ist er sich bei alledem noch nicht klar, weil man, wie es jetzt steht, erst Alles Schwarz auf Weiß haben muss, um nur einiger Maßen eine Basis zu gewinnen. Mit Wigand hab' ich seit Oppenheims Rückkehr nicht verkehrt; Sehe aber wohl, dass man in Berlin mit verhängtem Zügel in den Mist der schauerlichsten Verwirrung hineinfährt. Wir hier in Sachsen hängen davon ab, und es wäre nicht zu verwundern, wenn in Folge dessen die ganze Vorlage vom Ministerium wieder zurückgezogen würde.

Wigand fürchtet nun, dass wir, wenn er nichts tut mit Froebel anknüpfen, wie ich es mit den Anecdotis gemacht, deren Glück ihn stutzig macht, denn er prophezeihte, es würde sie niemand kaufen und wollte sie darum nicht verlegen. Jetzt, wenn sich zeigt, dass die Auflage sich verkauft, was ich vermute; so wird Froebel gern fortsetzen, und Wigand eben so gern die förmliche Fortsetzung der Jahrbücher in seiner Firma behalten wollen selbst wenn seine Hoffnung auf die 20 Bogenfreiheit zu Schanden wird. Jedenfalls begreifen Sie, dass wir die Sache ziemlich in unserer Hand haben, und dass wir, um so oder so zu operieren, sei es nun Wigand beim Wort zu nehmen, oder eine andere Firma zu wählen, persönlich verhandeln müssen.

Es wäre möglich, dass Sie hierher kämen, ich meine, hier wohnten; doch, wie gesagt, das gibt die nächste Kammerverhandlung in den nächsten Wochen und dann – unsre eigne Verhandlung. Sollten sich die Verhältnisse in die Länge ziehen, so warteten Sie das ruhig bei mir ab. Ich denke also, Sie machen jedenfalls Ihre Drohung wahr, und kommen persönlich erst nach Leipzig und dann hierher, damit wir zusammen die Geschichte zum Schluss bringen.

Ihre Ansicht über Strasburg und die Franzosen teil' ich durchaus und ich muss gestehen, es lockt mich ungemein, persönlich an dieser Vermittlung Teil zu nehmen und beide Nationen geistig durch ein eigenes Organ zu befreunden. Unter Umständen möchte selbst in Strasburg eine Firma für das Unternehmen zu finden sein, und es regt sich in mir das alte Vagabundenblut, das immer nach Süden treibt, wenn ich nur daran denke.

Die Höllische Komödie in Berlin geht ihren Gang; die Zuschauer sind aber sehr apathisch, weder Klatschen, noch Zischen erlauben sie sich.

Ich verspreche mir viel von Ihrer Herkunft. Vielleicht gehen wir dann auf einige Tage nach Berlin. Später will ich mit meiner Frau nach dem Rhein und der Schweiz. Wir müssen uns dann treffen, und auch Ihre Braut kennen lernen.

Doch genug des Projektierens.

Das Honorar für Ihre 2 Aufsätze in den Anekdotis 2 Bogen 3 Seiten können Sie dann persönlich in Empfang nehmen. Froebel wird mir wohl einen Wechsel auf Volkmar seinen Kommissionär schicken. Ich habe schon vor einigen Tagen darum geschrieben.

Also auf Wiedersehen!

Ihr

A. Ruge.

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