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Tyszka-ZirkeI

Der „Tyszka-ZirkeI“ oder die „Tyszkianer“ war die führende Gruppe des Parteivorstandes der Sozialdemokratie Polens und Litauens (Tyszka – Pseudonym von Leo Jogiches –, R. Luxemburg, Warski u. a.). Sie traten in den Jahren der Reaktion und des Aufschwungs gegen die „Spaltungs“-Politik der Bolschewiki und Anhänger Lenins und für ein Übereinkommen und die Vereinigung aller Strömungen und Fraktionen der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung Russlands ein. Der „Tyszka-ZirkeI' führte keine selbständige prinzipielle Politik, in den Fragen des innerparteilichen Kampfes in der SDAPR schwankte er während der ganzen Periode der Reaktion und des neuen Aufschwunges zwischen den Liquidatoren und den Bolschewiki hin und her, wobei er ununterbrochen gegen das „Chaos“ des Fraktionskampfes und die angebliche „künstliche Entfachung“ dieses Kampfes durch die „Leninsche Gruppe“, wie der Tyszka-ZirkeI die Bolschewiki nannte, auftrat. Während des Jahres 1911 schloss sich Tyszka zunächst gemeinsam mit den Parteibolschewiki der von den Bolschewiki organisierten Kampagne für die Einberufung einer Parteikonferenz an, dann aber wandte er sich von dieser Kampagne wieder ab, und anstatt an der von den Bolschewiki einberufenen Prager Konferenz teilzunehmen, beteiligte er sich an der Beratung der Liquidatoren im Januar 1912 über die Einberufung einer liquidatorischen, parteifeindlichen Konferenz; er verließ aber diese Beratung mit der Erklärung, es sei ihm wegen des Überwiegens der Liquidatoren in dieser Beratung unmöglich, an ihr weiter teilzunehmen. Im August 1912 veranstaltete der unter der Führung der Tyszkianer stehende Parteivorstand der Sozialdemokratie Polens und Litauens eine Konferenz der polnischen Sozialdemokratie und setzte dort eine Resolution durch, in welcher die „Spaltungspolitik“ der Bolschewiki verurteilt, aber über die Stellung zu den von der Prager Konferenz aus der Partei ausgeschlossenen liquidatorischen Gruppen kein Wort gesagt wird. Ende 1913 brachte der Tyszka-ZirkeI durch Rosa Luxemburg im ISB den Vorschlag ein, die Frage der Wiederherstellung der Einheit in Russland und der „Spaltungspolitik der Leninschen Gruppe“ zu behandeln. Die Tyszkasche opportunistische Politik des Parteivorstandes der Sozialdemokratie Polens und Litauens in den Fragen der sozialdemokratischen Bewegung in Russland gipfelte in ihrer Lostrennung von der SDAPR. Aber die Schwankung in einer Reihe der wichtigsten Fragen der polnischen sozialdemokratischen Bewegung (in der Frage der Gewerkschaften, des Verhaltens zur PPS, in der innerparteilichen Politik u. a.) riefen den entschiedenen Protest und die Opposition einer Reihe der ältesten und größten Organisationen der polnischen Sozialdemokratie in Warschau. Łódź u. a. Orten hervor. Der Kampf zwischen der Opposition und dem Tyszkaschen Parteivorstand, der die gesamte Warschauer Organisation des Lockspitzeltums bezichtigte und sie auflöste, führte zur Spaltung und zur organisatorischen Absonderung der Opposition, die eine eigene Zentralstelle einsetzte und Schritte zur Annäherung an die Bolschewiki unternahm. Die Spaltung untergrub bis zu einem hohen Maße den Einfluss des Tyszkaschen Parteivorstandes, beraubte ihn einer solchen Stütze wie der Warschauer Organisation und machte die Fortsetzung der früheren Politik in den Fragen der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung Russlands in einem hohen Grade unmöglich. Die Spaltung wurde erst Ende 1916 unter dem Einfluss des imperialistischen Krieges überwunden, der die Notwendigkeit der Annäherung aller internationalistischen Elemente in der polnischen und in der internationalen Arbeiterbewegung notwendig machte. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 99]

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