Die
Bolschewiki, die im Imperialismus den „Vorabend des Sozialismus“
und im imperialistischen Kriege den Beginn des Zusammenbruchs des
Kapitalismus erblickten, waren gezwungen, im Interesse der
Mobilisierung der Kräfte des Proletariats zur Umwandlung des
imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg den schärfsten Kampf
gegen den Sozialchauvinismus zu führen, der in den sozialistischen
Parteien des Westens vorherrschte und das Klassenbewusstsein des
Proletariats vergiftete. Die bolschewistische Partei, mit Lenin an
der Spitze, erfüllte diese Aufgabe während des Krieges, indem sie
ihren Kurs auf einen Bruch mit dein Opportunismus aller Arten und
Schattierungen innerhalb der II.
Internationale,
einen Kurs, an dem sie seit ihrer Entstehung im Jahre 1903 festhielt,
fortsetzte. Sie war die einzige Partei, die diese Linie schon lange
vor dem Kriege konsequent durchgeführt hatte und einen
entschlossenen und vollständigen Bruch mit dem Opportunismus und
seiner Spielart – dem Zentrismus
– in Russland verwirklicht und einen konsequenten Kampf gegen ihn
im Westen geführt hatte. Die zahlenmäßig schwachen linken Elemente
in der II. Internationale im Westen, hauptsächlich die Linken in der
deutschen Sozialdemokratie mit Rosa Luxemburg
an der Spitze, hatten im Kampfe gegen den Opportunismus, insbesondere
gegen den Zentrismus innerhalb der II. Internationale ihre
Verdienste, doch waren sie In der Frage des Bruchs trotteten die Linken im Westen hinter den Zentristen (Kautsky und Konsorten) einher. Die Zentristen wurden im Westen bis zum Kriege zu den „orthodoxen“ (rechtgläubigen) Marxisten gezählt, in Wirklichkeit aber sanken sie, unter der Maske der „Einheit der Partei“, des „Friedens in der Partei“ immer mehr zum Opportunismus hinab. [...] Die Opportunisten passten sich kraft ihrer anpassungssüchtigen kleinbürgerlichen Natur der Bourgeoisie an – die ,Orthodoxen' ihrerseits passten sich den Opportunisten an, um die ,Einheit' mit ihnen und den ,Frieden in der Partei' zu wahren. Die Folge war die Vorherrschaft des Opportunismus, denn die Kette zwischen der Politik der Bourgeoisie und der Politik der ,Orthodoxen' war geschlossen.“ Gleichzeitig mit der restlosen Aufdeckung der opportunistischen Entartung der sozialistischen Parteien der II. Internationale, gleichzeitig mit den „orthodoxen“ zentristischen „Führern“ wurde die ganze Fäulnis, die ganze Untauglichkeit der prinzipienlosen Einheit dieser Parteien und ihrer internationalen Vereinigung – der II. Internationale – entlarvt. Auf dem Stuttgarter Kongress der II. Internationale, der im Jahre 1907 stattfand, wurde in dem dort angenommenen Abänderungsantrag Lenins und der um ihn gruppierten linken Elemente des Kongresses zu der „dogmatisch einseitigen, toten“, zentristischen Resolution Bebels sowie später auf dem Baseler Kongress, der die Entschlüsse des Stuttgarter Kongresses über die Aufgaben der sozialistischen Parteien im Zusammenhang mit dem kommenden Krieg bestätigte, von der II. Internationale das Gelöbnis abgelegt, die Krise, die der Krieg unvermeidlich mit sich bringt, für die sozialistische Revolution auszunutzen. Diese Aufgabe konnte nach dem tatsächlichen Ausbruch des Krieges nur auf dein Wege einer beharrlichen, hartnäckigen organisatorischen, propagandistischen und agitatorischen, auf eine Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg gerichteten Arbeit verwirklicht werden. Statt dessen haben die zur Zeit des Kriegsausbruchs opportunistisch entarteten sozialistischen Parteien der II. Internationale ihre Agitation und Propaganda für den „Burgfrieden“ mit der Bourgeoisie, für ihre Unterstützung in jedem der kriegführenden Länder, für die Verteidigung des „eigenen Vaterlandes“ entfaltet. Die Rechtsopportunisten sind mit dieser Propaganda und Agitation offen aufgetreten, die Zentristen versteckt, unter einem Deckmantel von „marxistischen“ Worten. Die rechten Opportunisten betätigten sich offen auf der Seite „ihrer“ Bourgeoisie. Die Zentristen haben ihren eigenen Verrat verheimlicht und ihn „theoretisch gerechtfertigt“. „Revolutionäre“ Phrasen, verlogene Berufungen auf Marx und auf die Geschichte ihrer Parteien und der Internationale – zu all dem griffen die Zentristen, um vor den Arbeitern die Tatsache des Verrats der rechten Opportunisten und auch des eignen Verrats zu verbergen. Unter diesen Umständen erwiesen sich die Zentristen, die die arbeitenden Massen betrogen, als die Hauptfeinde. Daher musste das Hauptfeuer jetzt gegen die Zentristen gerichtet werden, sie mussten vor den Arbeitern als verkappte Opportunisten entlarvt, ihr Einfluss auf die Massen musste gebrochen und sie mussten zusammen mit den Opportunisten aus der proletarischen Partei ausgestoßen werden. Gleichzeitig mussten die Arbeiterarmeen für den unmittelbaren Kampf für den proletarischen Umsturz in allen fortgeschrittenen kriegführenden Ländern des Westens formiert werden; das aber machten die Opportunisten und Zentristen unmöglich, die der Bourgeoisie bei der Verdummung der Arbeiter behilflich waren. Die Spaltung der sozialistischen Parteien in allen Ländern, in der ganzen Internationale wurde zur dringenden Notwendigkeit, zur nächsten Tagesaufgabe. Die rascheste Organisierung der wirklich revolutionären Sozialisten jedes Landes zu einer einheitlichen Partei, ihre Zusammenfassung im internationalen Umfange, die Gründung einer neuen, revolutionären, III. Internationale an Stelle der schmählich zusammengebrochenen II. Internationale, um einen Kampf für die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg zu führen – das waren die Aufgaben, die vor den Revolutionären aller Länder standen und deren Klarstellung auch die vorliegende Arbeit Lenins gewidmet ist. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm. 43] |
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