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Aufruf des Petrograder Sowjets „An die Armee"

Der Aufruf des Petrograder Arbeiter- und Soldatendeputiertenrates „An die Armee" vom 2./15. Mai 1917 bezweckte die Wiederherstellung der Disziplin, den Kampf gegen die Verbrüderung und die Vorbereitung der geplanten Offensive an der Front. Die Sozialkompromissler versuchten, an Stelle der überlebten patriotischen Ideale aus der Zeit des Zarismus den Soldaten in den Schützengräben die neu gebackene „revolutionäre" Ideologie des Krieges und der Offensive beizubringen. In dem Aufruf an die Armee hieß es u. a.: „…Das werktätige Volk brauchte den Krieg nicht … Nicht das Volk hat ihn begonnen. Die Kapitalisten aller Länder haben ihn angezettelt Der Rat der Arbeiter- und Soldatendeputierten hat sich mit einem Aufruf an alle Völker über die Einstellung des Gemetzels gewendet … Russland erwartet die Antwort auf diesen Aufruf … Doch, Genossen Soldaten, denkt daran: unsere Aufrufe werden keinen Wert haben, wenn die Regimenter Wilhelms das revolutionäre Russland niedertrampeln werden … Was wird eintreten, wenn die russische Armee heute ihre Bajonette in die Erde stößt und sagen wird, dass sie nicht länger Krieg führen will, dass sie sich nicht darum kümmert, was in der Welt vorgeht! Es wird eintreten, dass der deutsche Kaiser, der deutsche Junker und Kapitalist ihren schweren Stiefel uns auf den Nacken setzen, unsere Städte, Dörfer und Provinzen besetzen, das russische Volk tributpflichtig machen werden. Haben wir denn deswegen Nikolaus gestürzt, um vor Wilhelm zu kuschen? … Der Rat der Arbeiter- und Soldatendeputierten führt euch zum Frieden, indem er die Arbeiter und Bauern Deutschlands und Österreich-Ungarns zum Aufstand und zur Revolution ruft, er führt euch zum Frieden, indem er bei unserer Regierung durchgesetzt hat dass sie auf die Eroberungspolitik verzichtet, indem er den gleichen Verzicht von den alliierten Mächten fordert, indem er einen internationalen Kongress der Sozialisten der ganzen Welt einberuft … Man braucht Zeit, Genossen Soldaten … Denkt daran, an den Fronten, in den Schützengräben steht ihr jetzt auf der Wacht der russischen Freiheit … Ihr verteidigt mit euren Leibern nicht den Zaren, nicht die Protopopows und Rasputins, nicht die reichen Grundbesitzer und Kapitalisten. Ihr verteidigt eure Brüder, die Arbeiter und Bauern. Man kann die Front nicht verteidigen, wenn man sich vornimmt unter allen Umständen in den Schützengräben keinen Finger zu rühren … Nur wenn man zur Offensive schreitet, kann man sich selbst oder seine Brüder an den andern Frontabschnitten vor Vernichtung und Untergang retten … Lehnt die Offensivaktionen nicht ab … Nehmt euch in Acht vor Provokationen, nehmt euch in Acht vor den Fallen! Die sich an der Front entwickelnde Verbrüderung kann sich leicht in eine solche Falle verwandeln … Dort gibt es noch keine Revolution, dort gehen die Truppen gemeinsam mit Wilhelm und Karl … Nicht durch Verbrüderung werdet ihr den Frieden erreichen, nicht durch eine stillschweigende Übereinkunft, die an der Front von einzelnen Kompanien, Bataillonen, Regimentern getroffen werden! Diejenigen, die euch versichern, dass die Verbrüderung der Weg zum Frieden sei, führen zu eurem Verderb, zum Verderb der russischen Freiheit. Schenkt ihnen keinen Glauben! … Schiebt alles beiseite, was eure Kampfkraft schwächt, was Zersetzung und Entmutigung in die Armee trägt. Eure Kampfkraft dient der Sache des Friedens …" [Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.1, Anm. 160]

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