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Rudolf Klement 19380100 Zum Anschluss der russischen Gewerkschaften an den IGB

w. st.: Zum Anschluss der russischen Gewerkschaften an den IGB

[Nach Der einzige Weg, Zeitschrift für die Vierte Internationale, Nr. 2 (Januar 1938), S. 45 f.]

Zwischen den Vertretern der Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale. dem IGB, und den russischen Gewerkschaften wurde nach längeren Verhandlungen ein Abkommen abgeschlossen, dessen Text zwar noch geheimgehalten wird, das aber die Vereinigung vorsieht und Jouhaux zufolge «aus der Notwendigkeit der Zusammenarbeit der nichtfaschistischen Arbeiter aller Länder» geboren wurde und den «gemeinsamen Kampf gegen Faschismus und Krieg» bezweckt.

«Die Einheit der Gewerkschaftsbewegung – in diesem Fall der Anschluss der Sowjetgewerkschaften an die Amsterdamer Internationale könnte der Arbeiterschaft große Vorteile bringen, unter einer Bedingung: dass es in der USSR wirkliche Gewerkschaften gäbe. Doch das ist nicht der Fall. Es gibt dort einen Gewerkschaftsapparat, der gänzlich der herrschenden Clique unterworfen ist und die Arbeitermassen niederhält. Es handelt sich nicht um die Einheit der Arbeitermassen, sondern um ein diplomatisches Abkommen zwischen dem schon hinlänglich konservativen Amsterdamer Apparat und dem Moskauer Polizeiapparat.» (Trotzki).

Stalins internationale Arbeiterpolitik verfolgt keine selbständigen revolutionären Ziele, sondern ist vollkommen der opportunistischen Sowjetaußenpolitik unterworfen. Alle Außenpolitik ist heute von der Vorbereitung des neuen Weltkriegs beherrscht. Die stalinistischen Organisationen sind in den Händen der Sowjetbürokratie nur eine Tauschmünze, mit der sie sich das Bündnis des französischen und anderer Kapitalismen erkauft oder erkaufen möchte. Um den Preis des Bündnisses oder in der Hoffnung auf ein Bündnis verspricht sie aktive Vorbereitung des Burgfriedens, wobei sich ihre Agenturen schon heute tüchtig ans Werk machen. Dabei ist es ihr ganz gleichgültig, ob es sich um «demokratische» oder faschistische Imperialismen handelt; die Versöhnungsvorschläge der italienischen KP an die Faschisten haben das deutlich gezeigt. Von Erfolg ist diese Politik momentan aber nur dort gekrönt, wo die stalinistischen Organisationen eine relative Kraft darstellen und der Einsatz sich für die Bourgeoisie verlohnt; denn sie zieht es bei weitem vor, wenn nicht die Arbeiterbewegung radikal durch den Faschismus zu erdrosseln, sich auf die Sozialpatrioten der 2. Internationale und des IGB zu stützen, die direkt in ihren Diensten stehen, und nicht auf dem Umwege über Moskau zu gehen. Um das Bündnis mit seinen imperialistischen Bundesgenossen enger und fester zu gestalten, kann Stalin daher keinesfalls auf seine Agenturen verzichten, oder in dem Maße, wie deren Politik mit der der altreformistischen, sozialimperialistischen Bürokratien verschmilzt, den Kampf gegen diese einstellen, sondern muss umgekehrt in einen erbitterten demagogischen Konkurrenzkampf gegen sie treten. In Frankreich hat die Gewerkschaftseinheit (Verschmelzung der altreformistischen CGT Jouhaux' und der ehemals revolutionären, kommunistisch geleiteten CGTU) einen tollen Postenkampf der stalinistischen Bonzen eingeleitet, der bisher von erheblichem Erfolg gekrönt war, und selbst für die Jouhauxclique eine ernste Gefahr zu werden begann. Gegen die stalinistische «Kolonisierung» der CGT bildete sich eine erzreformistische Opposition, die eine eigene Zeitung («Syndicats») herausgibt und unter Leitung des Bergarbeiterbonzen Dumoulin steht, sehr geschickt nützt diese in den Tatsachen wahrheitsgemäße Enthüllungen über die Arbeitsverhältnisse und den Bürokratismus in der USSR und über die stalinistischen Schandtaten aus, um den Einfluss der KPF zu bekämpfen. (Kleber Legay, ein anderer Bonze, gab z.B. ein Buch heraus, in dem er seine Reiseerlebnisse aus der Sowjetunion und insbesondere die entsetzlichen Arbeitsverhältnisse in den russischen Bergwerken schildert). Jouhaux spielte den Pontius Pilatus. Zu schwach, um die stalinistische Eroberung der CGT aufzuhalten, ohne den letzten Rest seines Prestiges zu verlieren, duldete er wohlwollend den antistalinistischen Kampf – der Reformisten von der alten Schule. Natürlich konnten die Stalinisten sich nicht auf einen allzu riskanten offenen Kampf einlassen. Es galt Jouhaux zu kaufen und den IGB-Bonzen, die auf die Stalinisten schon nie gut zu sprechen waren, den Mund zu versiegeln, um dann nach allen Regeln der bürokratischen Kunst die französischen Gewerkschaften vollends in die Hand zu bekommen und mit GPU-Methoden jede revolutionäre und andere Opposition zu zermalmen. Diesen Plan durchzuführen, war eine der Hauptaufgaben der Moskauer Vereinigungsverhandlungen: persönliche Vorteile und die Aussicht auf die nicht zu verachtenden Beiträge der russischen Vielmillionenorganisation waren der Köder. Für Jouhaux würde dieser Schritt bedeuten, das Pferd der französischen Bourgeoisie mit dem der Sowjetbürokratie zu vertauschen. Wird er es wagen? Noch ist das Abkommen mit Stalin nicht definitiv abgeschlossen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Stalin-Schwernik sich viel weiter engagiert haben als die Schevenels-Jouhaux und letzten Endes die Betrogenen sein werden. Jouhaux ist gewiss gerissener und mächtiger als Lombardo, der Führer der mexikanischen Gewerkschaften, der von einer Moskaureise als Stalins willfähriges Instrument zurückkehrte. Für die französischen und anderen Arbeiter bedeuten all diese Cliquenkämpfe nur, mit welcher Sauce sie gebraten, von wem sie an ihre Bourgeoisie verraten werden sollen. Die internationale Kampfeinheit mit ihren russischen Brüdern vermögen sie nur im leidenschaftlichen Kampf gegen ihre eigenen Bürokraten und gegen die Ver- und Zertreter der Sowjetproleten zu verwirklichen. Dieser Kampf wird schwer sein: die GPU hält ihren Einzug auch in die Gewerkschaften. Sie müssen fordern: demokratisch gewählte, unparteiische Gewerkschaftsdelegationen zu den russischen Bruderorganisationen, ihren Kongressen, wahrheitsgemäße Information über Zustand und Tätigkeit der russische Gewerkschaften, usw. usf.

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