Wunsch und Wirklichkeit

Wunsch

Badenweiler stand als Heilbad für die Pflege von Geist und Kultur, für kosmopolitische Offenheit, für eine „himmlische Landschaft“. Heilangebote in Sanatorien, Naturnähe und Stille – gestützt auf eine restriktive Gemeindeordnung - wurden gesucht, von einem gepflegten Publikum geliebt und immer wieder aufgesucht. Dies war die Geschäftsgrundlage für eine wirtschaftlich überaus erfolgreiche Gemeinde. Eingeleitet durch „Gesundheitsreformgesetze“, musste der Ort in den 90er Jahren einen dramatischen Rückgang der Übernachtungszahlen hinnehmen. Die Folgen waren existentiell, die Gemeinde musste reagieren. Durch eine Reihe von Maßnahmen – insbesondere die verkehrsmäßige Öffnung – versuchte man den Ort zu beleben, ihm neue Impulse zu geben und, unter Zurückstellung des Kuraspektes, das Standbein Tourismus, Kurzzeitaufenthalte und Erlebnis- Wellnessangebote zu stärken.

Ein Blick in die aktuellen Werbeträger (Gastgeberverzeichnis 2012, Internetauftritt) zeigt aber, dass die meisten der Anbieter weiterhin auf die eingangs genannten Qualitäten setzen: „südliche Momente“, Ruhe und Entspannung, Wandern in unberührter Natur, Idylle. Im Internetauftritt sind eine meditative Hintergrundmusik und eine einsame Geige im abendlichen Kurpark die einzigen Geräuschkulissen. Dem potentiellen Kunden wird vermittelt: hier kannst du dich in gepflegter und ruhiger Therme und Landschaft entspannen, hier bist du weit ab von Treiben und Hektik deines lärmgeplagten städtischen Alltags. Folgt man diesen Bildern, so gibt es in Badenweiler keine Straßen, keine Motorräder, keine Autos, keine lärmenden „Garten und Landschaftspflegemaschinen“ (im Gastgeberverzeichnis findet man auf 91 reich bebilderten Seiten nur einmal 3 parkende PKWs).

Wirklichkeit

Die Werbeaussagen stehen in eklatantem Widerspruch zu der Wirklichkeit. In der Realität gibt es kaum einen Ort in Badenweiler, der frei von erheblichem Lärm durch Kfz, Motorräder, Lastwagen und sonstige Maschinen ist, das besonders bei guter Wetterlage. An mehreren Tagen und verschiedenen Punkten des Ortes gemessene durchschnittliche Lärmemissionen führen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und überschreiten die Grenzwerte, die für Gewerbelärm gelten, um ein mehrfaches. Das gilt Feiertags und Alltags, das gilt in der an sich geschützten Mittagsruhe, teils nachts, das gilt unterschiedslos außerhalb wie auch innerhalb der als besonders schützenswert ausgewiesenen Kurzone.

Badenweiler - quo vadis?

Das ist umso erstaunlicher, weil die Mehrheit in der Gemeinde hinter den beworbenen Qualitäten steht. Dafür zeugen eine restriktive Polizeiverordnung mit einer ausgewiesenen, schützenswerten „Kurzone“, dafür zeugen eine Reihe von teils einschneidenden, Verkehr beruhigenden Maßnahmen wie Durch- und Einfahrtsverbote, Geschwindigkeitsbeschränkungen und Spielstraßen, dafür zeugt nicht zuletzt ein bereits 1994 erstelltes Entwicklungskonzept (Badenweiler 2020). Da man davon ausgehen kann, dass die Gemeinde, die BTT und die meisten der Anbieter hinter ihrem Angebot stehen und dieses als Voraussetzung für ihren wirtschaftlichen Erfolg sehen, bewegen uns folgende Fragen: Woran liegt sie, diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Bild und Realität? Warum sind die Ziele des Heilbades, die Verordnungen und Beschränkungen nicht durchzusetzen - befindet sich Badenweiler wirklich auf der zukunftsträchtigen Bahn nachhaltiger Konzepte, auf dem Weg zu einem modernen Heilbad?

Das Bürgerforum Badenweiler vertritt die Auffassung, dass dringender Klärungs- und Handlungsbedarf besteht. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, an diesem Prozess mitzuwirken und nach Lösungen und Vorschlägen zu suchen, die das Heilbad wieder attraktiv, wirtschaftlich zukunftsträchtig und liebenswert machen können. In ihm kann dann auch der Raum entstehen, den ein attraktives Kulturleben für seine Entwicklung braucht.