2010 - Wahnsinn in der Wüste

16.03.2010 - Das Erdöl hat die Scheichs in Dubai unfassbar reich gemacht und sie geben das Geld in unglaublichen Mengen aus, um das Land für die Zeit nach dem Öl als Tourismus-Metropole zu etablieren. Dazu entstehen mitten in der Wüste gigantische Bauwerke, die einem, steht man davor, glatt die Sprache verschlagen. Dubai ist nur eine Flugstunde von Bahrain entfernt, also hab ich mir das einzige 7-Sterne-Hotel und das höchste Gebäude der Welt angesehen.

Wenn man schon in Bahrain ist, dann ist es bis Dubai nicht weit. Also beschlossen Oli und ich, die letzten beiden Tage vor dem Rückflug zu nutzen, um uns diesen Wahnsinn in der Wüste mal anzuschauen. Vor allem das Burj Al Arab als einzige 7-Sterne-Hotel der Welt und den Burj Khalifa als höchstes Bauwerk der Welt wollten wir uns anschauen. Der Flug nach Dubai ging früh morgens, weil wir beide Tage nutzen wollten. Doch daraus wurde leider nichts, denn der erste Tag ging fast vollständig für die Suche nach unserem Hotel drauf...

Das erste, was uns am Flughafen in Dubai auffiel war, dass dort sogar die Flughafenuhren von Rolex sind. Das ist natürlich nur ein Werbegag, aber der ganze Flughafen ist schon ziemlich edel. Er ist allerdings "schon" drei Jahre alt und soll demnächst wieder abgerissen und durch einen größeren ersetzt werden. So viel schon mal vorab zum Thema Wahnsinn. Wir erkundigten uns an einem Info-Schalter, wie wir am besten zu unserem Hotel kämen und erhielten als Tipp, zunächst die Metro und dann ein Taxi zu nehmen. Leider hatten wir nur eine Postfach-Adresse, aber die Beschreibung auf der Internetseite war eigentlich eindeutig: "Direkt neben dem Al Wasl-Hospital, was in Dubai (fast) jeder kennt". Dazu gleich mehr.

Wir stiegen zunächst in die Metro, fuhren drei Stationen und waren somit schon mal im richtigen Stadtteil. Dann wollten wir mit einem Taxi (kostet in Dubai nur die Hälfte wie bei uns) zum Hotel fahren. Hatten wir uns zumindest so gedacht. Nachdem auch der dritte indische / libanesische / pakistanische Taxi-Fahrer nicht den Hauch einer Ahnung hatte, wo das Al Wasl-Hospital (das in Dubai wie wir laut der Homepage des Hotels wissen ja (fast) jeder kennt) ist, standen wir mit unseren Koffern etwas ratlos bei 35 Grad mitten in Dubai rum. Der vierte Taxifahrer wusste wenigstens grob die Richtung, also stiegen wir da ein.

Wir hätten besser ein anderes Taxi genommen. Der Fahrer schaffte es zwar, uns zum Al Wasl-Hospital zu bringen, aber von dem Hotel daneben hatte weder er noch das Personal im Hospital eine Ahnung. London Suite Hotel? Nie gehört. Man schickte uns einmal um den Block und unser toller Fahrer fuhr auf einmal wieder dahin zurück, von wo wir losgefahren waren. Und das Taxameter lief lustig weiter. Irgendwann wurde es uns zu blöd und wir stiegen aus. Hättet Ihr Euch die Nummer des Taxis gemerkt? Wir auch nicht, und das war ein großer Fehler. Als wir dann nämlich die Auskunft nach der Nummer des Hotels fragen wollten stellte Oli fest, dass er sein iPhone wohl im Taxi verloren hatte. Shit!

Doch bevor wir uns darum kümmern konnten, mussten wir erstmal unser verdammtes Hotel finden. Also wieder in ein Taxi, diesmal konnten wir dem erneut ahnungslosen Fahrer ja den Weg zum Hospital beschreiben, immerhin waren wir schon mal da gewesen. Er ließ uns einfach dort raus und von da an kämpften wir uns zu Fuß voran. Nachdem die Rezeption des Hospitals ja keinen Schimmer hatte, wanderten wir mit unserem Gepäck beladen einfach einmal um das ganze Hospital, das wirklich ziemlich groß war und das ja in Dubai deshalb (fast) jeder kennt. Gefühlte drei Kilometer bei 35 Grad mit einem Rucksack beladen und einem Trolly, der dauernd umkippt, weil die Räder zu klein sind: da sind wir wieder beim Thema Wahnsinn. Auf dem Weg um das Hospital fiel uns auf, das wirklich jedes 5. Auto eine Fahrschule war. Wahrscheinlich wurde dort grade die nächste indische / libanesische / pakistanische Taxi-Fahrer-Generation ausgebildet. Die sollten dann auch endlich das Al Wasl-Hospital kennen, schließlich fuhren sie immer dran vorbei...

Am anderen Ende des Hospitals dann die frohe Kunde: ein Mitarbeiter des Hospitals konnte uns sagen, wo das Hotel war! Also den ganzen Weg wieder zurück und tatsächlich: das Hotel war wirklich neben dem Hospital, aber in einem Innenhof versteckt. Es gab zwar ein ziemlich großes Hinweisschild an der Einfahrt, an dem waren wir aber gar nicht vorbeigefahren, weil wir aus der anderen Richtung kamen. Als wir am frühen Nachmittag (!!!) völlig fertig im Hotel angekommen waren, hatten wir wirklich keine Lust mehr, uns jetzt wieder in ein Taxi zu setzen und durch Dubai zu fahren. Uns stand der Sinn eher nach einem kühlen Bier. Leider gab es das in unserem Hotel nicht. Dafür gab es eine riesige Moschee direkt vor dem Hotel im gleichen Innenhof. Super. Von morgens um fünf bis abends um elf "Allahu Akbar!" wie in Bahrain. Mir hätte sonst auch echt was gefehlt...

Das Personal im Hotel war wirklich sehr zuvorkommend und der Hotel-Manager tat alles, um Oli‘s Handy wiederzubeschaffen (was aber leider nicht gelang). Außerdem rief er uns ein Taxi und erklärte dem Fahrer, er solle uns in ein Hotel bringen, wo man ein Bier bekäme. Sicherheitshalber beschrieb er ihm auch den Weg genau. Er war mir auf Anhieb sehr sympathisch! Wir landeten in einer abgedunkelten Cricket-Bar und genossen ein kühles Heineken, das erste seit 5 Tagen. Jetzt war die Welt wieder in Ordnung. Bis auf Oli‘s iPhone...

Nach dem ganzen Stress gingen wir ziemlich früh ins Bett. Im TV liefen neben arabischen Filmen und Nachrichten auch einige Sendungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte, wie z.B. die "Bundesliga-Show"! Dortmund - Gladbach 0 : 3. Und auch in Dubai gibt es Deppen-TV: genau wie in Deutschland versucht eine junge Frau alle Deppen vor dem Bildschirm dazu zu bewegen, für 1,99 € anzurufen und das Deppen-Rätsel zu lösen. Nur mit dem Unterschied, dass sie sich dabei in Dubai nicht nackig macht. Auf einem anderen Kanal lief 24 Stunden nonstop "Allahu Akbar!". Das kannte ich ja nun schon zu genüge, also schaltete ich den Fernseher aus und versuchte zu schlafen. Aber dann ging‘s draußen wieder los mit "Allahu Akbar!" Die Moschee direkt vor unserem Hotel war an diesem Abend besonders gut besucht.

Am nächsten Morgen gab es (nach dem "Allahu Akbar!"-Wecker) erst mal ein kräftiges Frühstück. Wenig später sollte noch ein zweites folgen, aber das wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht und hauten ordentlich rein. Dann bestellten wir wieder ein Taxi und dieses Mal war das Ziel kein Problem. Das "Burj Al Arab" ist das einzige 7-Sterne-Hotel der Welt und somit wirklich jedem in Dubai bekannt, sogar den Taxifahrern. Auf der Fahrt dorthin machte ich schon zahlreiche Fotos von den vielen Wolkenkratzern in der City. Wahnsinn. Wirklich Wahnsinn. Erzählen kann man das nicht, das muss man gesehen haben.

Nach einer Viertelstunde tauchte am Horizont die weiße Segel-Silhouette des Burj Al Arab auf, kurze Zeit später standen wir davor und waren erstmal sprachlos: was für ein Anblick! Im "Welcome Centre", einer Art Pförtnerhäuschen, fragten wir, ob es möglich wäre, das Hotel von innen zu sehen. Man teilte uns mit, das wäre möglich, wenn wir einen Tisch für das Frühstücksbuffet reservieren würden, Kostenpunkt: umgerechnet 50 € pro Nase. Für ein Frühstück. Und dabei hatten wir schon gut gefrühstückt. Wahnsinn. Aber man gönnt sich ja sonst nichts, also buchten wir zweimal Frühstück. Und für das, was wir dann erleben durften, sind 50 Öcken sogar noch ein echtes Schnäppchen!

Das Hotel liegt ca. 150 Meter auf einer künstlich aufgeschütteten Insel im Meer. Wir wollten uns grade zu Fuß auf den Weg über die Brücke machen, als ein Hotelangestellter in einem Golf-Kart vorfuhr und uns höflich bat, doch bitte einzusteigen. Man war über unsere Ankunft anscheinend unterrichtet worden, wir fühlten uns auf einmal wie VIPs. Vor dem Hotel standen Ferrari, Lamborghini, Rolls Royce und Co., der Concierge hieß uns freundlich willkommen. In der Eingangshalle erwartete uns bereits eine Empfangsdame, die uns mit ein paar Informationen bezüglich des Hotels versorgte. Aber alles war angenehm, freundlich und locker, niemals steif oder etepetete. Einfach perfekt, zum Wohlfühlen!

Nachdem die Dame uns einen angenehmen Aufenthalt gewünscht hatte gab es die volle optische Breitseite. Der Innenraum hinter dem Segel ist mit Worten kaum zu beschreiben. Schaut Euch die Fotos an. Ein 17-stöckiger Springbrunnen, 15 Meter hohe Goldsäulen, sechs Meter hohe Aquarien in den Wänden! Alles was nach Gold aussieht, ist auch wirklich Gold. Jedes noch so kleinste Detail strahlte den puren Luxus aus. Der Bau des Burj Al Arab hat eine Milliarde Dollar gekostet, jetzt hab ich daran keinen Zweifel mehr. Wo andere Hotels einen einfachen Teppich im Flur liegen haben, schreitet man hier über handgewebte Kunstwerke, die pro Stück wahrscheinlich schon 50.000 Dollar kosten. Feinstes Marmor, sündhaft teure Designer-Möbel, extravagante Wand- und Deckengestaltungen: von allem nur das absolut beste und in seiner Gesamtheit so dermaßen "over the top", dass auch die 7 Sterne Sinn machten (es gibt ja eigentlich nur 5).

Beim Frühstück ging es so weiter: ein persönlicher Butler stellte sich vor und sagte, er würde sich für die Zeit unseres Frühstückes um uns kümmern. Es war erstaunlich, wie er den Spagat zwischen An- und Abwesenheit schaffte: wir hatten nie das Gefühl, beobachtet zu werden, wir sahen ihn gar nicht. Aber sobald etwas auf unserem Tisch zu neige ging, war er zur Stelle und sorgte für Nachschub. Zum Beispiel beim Orangensaft, von dem ich 3-4 Gläser getrunken hab weil es der beste Orangensaft war, den ich je probiert habe! Natürlich war er frisch gepresst, aber wahrscheinlich handelte es sich auch noch um eine spezielle Sorte, die extra für das Burj Al Arab gezüchtet wurde und unter Beschallung von sanfter klassischer Musik und täglichen Streicheleinheiten des persönlich für jede einzelne Orange angestellten Gärtners auf den sonnigsten Hängen herangereift ist... Die Üppigkeit und Qualität des Frühstücksbuffetts will ich hier gar nicht näher beschreiben. Alles entsprach dem 7-Sterne-Niveau.

Wie gut ein Hotel wirklich ist, erkennt man nicht zuletzt auch an den Toiletten. Nachdem Oli vom stillen Örtchen zurückgekehrt war, ging ich wenige Minuten später auch mal dahin. Nicht weil ich musste, sondern weil ich sehen wollte, was Oli so beeindruckend fand. Ein "beeindruckendes" Klo? Wie sieht denn so etwas aus? Nun ja, im Grunde wie der Rest des Hotels: die Box für die Feuchtigkeitstücher z.B. war aus Gold. Wirklich beeindruckend fand ich, dass jemand die Enden der Klopapier-Rolle in den zwei Minuten zwischen Oli‘s und meinem Besuch wieder zu einer Spitze gefaltet hatte! Irgendwie glaube ich da nicht an Zufall, anscheinend gibt es Angestellte, die nach jeder Benutzung der Toilette schnell hinein huschen, alles saubermachen, neue Handtücher hinlegen und sogar das Klopapier wieder falten! Unglaublich...

Nach dem Frühstück fuhren wir in den 27. Stock, um von dort ein paar Fotos zu schießen. Wir kamen durch einen Eingang im Stil von "Raumschiff Enterprise" in die dort gelegene Piano-Bar und der Ausblick, der sich uns dann bot war atemberaubend. So etwas hab ich in meinem Leben bislang noch nicht gesehen. Da war er wieder: der Wahnsinn in der Wüste. Wir konnten über die gesamte Stadt sehen, auf der einen Seite die Skyline am Horizont, auf der anderen die große Palme im Meer. Ich habe unzählige Fotos geschossen, die besten könnt ihr unten sehen. Ich bin kein guter Fotograf, ich kann eigentlich nur auf den Auslöser drücken. Trotzdem zeigen die Bilder etwas von der gigantischen Aussicht. In diesem Moment hätte ich ein "Allahu Akbar!" sogar als passend empfunden. Gott, egal wie man ihn nennt, ist wirklich das Größte, wenn man so etwas sieht.

Unser Trip war aber noch nicht beendet, ein letztes Highlight stand noch auf dem Programm: der Burj Khalifa, das mit sagenhaften 828 Metern mit über 200 Metern Abstand höchste Gebäude der Welt. Nachdem sogar in Dubai aufgrund der globalen Finanzkrise 2009 das Geld knapp wurde, sprang der Kalif von Abu Dhabi ein und deshalb wurde das Gebäude, das ursprünglich "Burj Dubai" heißen sollte, umbenannt in "Burj Khalifa Bin Zayed". Da man die Spitze dieses Gebäudes sogar noch aus einer Entfernung von 100 Kilometern sehen kann, schaffte es unser Taxifahrer auch, uns dorthin zu bringen. Ich weiß, ich wiederhole mich: Wahnsinn. Wir standen vor diesem Gebäude und wollten ein Foto machen, aber das Ding ging einfach nicht in Bild rein, es war zu groß! Rauffahren konnten wir leider nicht mehr, da der Turm seit Februar 2010 für Touristen gesperrt ist, nachdem es Probleme mit der Stromversorgung eines Aufzuges gab und einige Touristen 45 Minuten feststeckten. Aber wir hatten ja schon einen tollen Ausblick vom Burj Al Arab.

Schließlich machten wir uns auf den Weg zurück ins Hotel um unsere Sachen abzuholen und zum Flughafen zu fahren. Dort bekamen wir beim Blick auf die Abflugtafel einen gehörigen Schrecken, denn dort stand "Flug 805 - Bahrain - CANCELLED"! Erleichtert stellten wir bei einem Blick auf unsere Tickets fest, dass wir Flug 803 hatten...

Wir flogen also zurück nach Bahrain, wo unser Weg nach der Ankunft zwecks Kauf eines 12er-Packs Heineken direkt in den Duty-Free-Shop führte. Da wir bis zum Abflug nach good old Germany noch einige Stunden Zeit hatten, ließen wir uns vor dem McDonald‘s im Flughafen nieder und machten wir uns umgehend daran, das zollfrei erworbene Bier noch vor Ort seiner Bestimmung zuzuführen. Als wir grade die zweite Dose öffnen wollten, kam ein besorgter Mäcces-Mitarbeiter an unseren Tisch und meinte: "No, no! Police!" Dabei deutete er auf unser Bier. Anscheinend war es sogar im Flughafen untersagt ein harmloses Bier zu trinken. Lächerlich! Allerdings reagierte der Mäcces-Typ äußerst cool: er gab uns zwei Papp-Becher und meinte, wir sollten das Bier da hinein füllen, dann würde es keiner merken...

Nachdem wir uns eine Woche lang den Landes-Sitten samt fünf mal "Allahu Akbar!" am Tag angepasst hatten, ließen wir kurz vor unserem Rückflug nach Deutschland noch ein kölsches Statement im bahrainischen Flughafen. Hinter den Warteplätzen vor unserem Gate deponierten wir demonstrativ die geleerten Bierdosen. Denn eins müssen die Bahrainis noch lernen: Das kölsche Grundgesetz!


§1 Sieh den Tatsachen ins Auge: Et es wie et es.

§2 Habe keine Angst vor der Zukunft: Et kütt wie et kütt.

§3 Lerne aus der Vergangenheit: Et hätt noch immer jot jejange.

§4 Jammere den Dingen nicht nach: Wat fott es es fott.

§5 Sei offen für Neuerungen: Et bliev nix wie et wor.

§6 Sei kritisch, wenn Neuerungen überhand nehmen: Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet.

§7 Füge dich in dein Schicksal: Wat wellste maache?

§8 Achte auf deine Gesundheit: Mach et jot ävver nit ze off.

§9 Stelle immer erst die Universalfrage: Wat soll dä Quatsch?

§10 Komme dem Gebot der Gastfreundschaft nach: Drinkste eine met?

§11 Bewahre dir eine gesunde Einstellung zum Humor: Do laachste dich kapott.