2008 - Ein eigenes Rennkart

27.06.2008 - Als ich 2005 in Büren das erste mal in einem Rennkart gesessen habe, war ich absolut überwältigt von der irren Performance. Das war eine ganz andere Welt als die üblichen Leihkart-Panzer, mit denen ich sonst unterwegs war. Ich spielte schon länger mit dem Gedanken, mir ein Rennkart zu kaufen, doch bislang scheiterte es an der Tatsache, dass ich nicht das technische Verständnis mitbrachte und auch keinen Mitstreiter fand. Bis jetzt...

Eigentlich war ich schon seit meiner Fahrt im Rotax-Rennkart im Jahr 2005 auf der Suche nach jemandem, der ein solches Kart besitzt, sich mit der Schrauberei auskennt und wo man als zweiter Fahrer gegen eine Kostenbeteiligung einsteigen kann. Drei Jahre später bot sich diese Gelegenheit. 2008 wurde im MS-Kartcenter in Kerpen eine Rennserie mit dem Titel "MS Kart Cup" ins Leben gerufen. Ich nahm an fünf Rennen Teil, von denen ich vier gewann. Positiver Nebeneffekt war der Kontakt zu einigen neuen Fahrern. Unter diesen fand sich auch jemand, der schon jahrelang im eigenen Rennkart unterwegs gewesen war und neben einem Rennkart auch über die nötige Ausrüstung und die technischen Kenntnisse verfügte. Durch die gemeinsamen Rennen im Kart-Cup kamen wir ins Gespräch und ich hatte endlich jemanden gefunden, mit dem ich fahren konnte.

Das Rennkart hat die gleiche Leistung wie das Kart, mit dem ich 2005 in Büren gefahren war (28 PS), jedoch keinen wassergekühlten 125ccm Rotax-Max-Motor sondern einem luftgekühlten 100ccm-Motor von Comer, wie er bis vor einigen Jahren auch noch in der DKM üblich war. 28PS aus nur 100ccm, das entspricht einer Literleistung von 280PS. Ein 3-Liter-Motor hätte demnach 840 PS. Das ist Formel 1-Niveau. Dabei ist die ganze Sache bei weitem nicht so teuer, wie ich zuerst dachte, erst recht, wenn man sich die Kosten teilt. Außerdem beschlossen wir, keine Rennen zu fahren, sondern nur zum Spaß unter der Woche nur ein paar Mal im Jahr ein paar Runden auf der Bahn in Niederkrüchten zu drehen.

Wir fahren zwar schnell, aber trotzdem möglichst materialschonend, um die Kosten gering zu halten. Dies erreicht man z.B. durch eine "fettere" Einstellung des Motors, der dann geringfügig an Leistung verliert und durch die höhere Einspritzmenge etwas mehr verbraucht, dafür aber auch wesentlich länger hält und zuverlässig seinen Dienst verrichtet. Und mir geht es ja nicht darum, die letzten Zehntelsekunden aus dem Ding rauszupressen, sondern möglichst viel Fahrzeit für möglichst wenig Geld zu haben. Die Leistung von 28 PS ist für meinen Geschmack sowieso völlig ausreichend und sorgt für Fahrleistungen, die sich ein normaler Autofahrer gar nicht vorstellen kann.

Die Fahrgemeinschaft hat noch einen weiteren Vorteil: ich lerne Stück für Stück die Schrauberei, für mich als handwerklich mäßig begabten Typ eine sehr wertvolle Erfahrung. Muss man einfach in der Lage sein, das Kart selbst zu reparieren und einzustellen, denn es geht auch bei schonender Gangart immer mal wieder was kaputt, weil das Material hohen Belastungen ausgesetzt ist. Ein Reifenwechsel ist ja nicht das Problem, aber was ist mit Motoreinstellung, Bremsjustierung, Übersetzungsverhältnis und Achsgeometrie? Da gibt es für mich als Neueinsteiger viel zu lernen...


27.06.2008 - Endmontage und Einfahren des Motors. In das vormontierte neue Cosmos-Chassis wurde nach einem Probesitzen die Sitzschale und der 100ccm-Comer-Motor verbaut. Nach der Befestigung aller restlichen Anbauteile wie Auspuff, Vergaser, Reifen, Tank, Benzinleitung sowie Brems- und Gaszug ging es ans Einfahren des gebrauchten aber frisch revidierten Comer-Motors. Da ich so etwas noch nie gemacht hatte, ließ ich mir erst mal erklären, worauf es dabei ankommt. Ähnlich wie beim Auto sollte man nicht sofort permanent die volle Leistung abrufen, jedoch im Gegensatz zum Auto nicht mit wenig Gas fahren, sondern abwechselnd immer voll beschleunigen bis ca. 70% der Höchstleistung und dann vom Gas gehen und einige Meter rollen lassen. Das habe ich ca. 20 Minuten lang gemacht. Danach wurden alle (!) Schrauben auf festen Sitz überprüft, bei Bedarf nachgezogen und der Bereich um Motor und Auspuff gereinigt, wo sich naturgemäß Spuren des Benzin/Ölgemisches abgesetzt hatten. Beim Gemisch ist ein Verhältnis von 1:14 bis 1:18 üblich, je mehr Öl, desto weniger Leistung, aber desto sicherer für den Motor. Wir entschieden uns für den Mittelweg mit einem Verhältnis von 16 Liter Sprit zu einem Liter Öl. Es handelt sich hierbei um Spezial-Öl, die Verwendung eines anderen Öls hat schon für Motorschäden gesorgt.


01.07.2008 - Die ersten Schrauben und der Auspuffkrümmer gehen fliegen. Wir waren uns eigentlich sicher, beim Anziehen keine Schrauben vergessen zu haben. Trotzdem gingen bei der zweiten Einfahr-Session einige Schrauben und sogar der ganze Auspuffkrümmer fliegen! Wie sich herausstellte, lag das auch nicht an unseren mangelnden Schraubkünsten, sondern an der Halterung, die vom Konstrukteur dann noch einmal neu gemacht wurde. Hoffentlich hält es nun...


09.07.2008 - Vergasereinstellung. Nach dem Einfahren, in denen man dem Motor schrittweise immer mehr Leistung abverlangt, wird der Vergaser dann auf Rennbetrieb eingestellt. Hierzu gibt es zwei Schrauben, an denen man (Fortgeschrittene auch während der Fahrt) drehen kann, um den Drehzahlbereich des Motors einzustellen / den Mix fetter/magerer zu stellen. Je magerer der Mix ist und je höher der Motor dreht, desto mehr Leistung und Geschwindigkeit erzielt man. Man sollte es jedoch nicht übertreiben, denn wenn der Mix zu mager ist fährt man den Kolben im Zylinder fest, und das ist dann teuer. Da wir ja keine Rennen fahren belassen wir es hier bei einer konservativen mittleren Einstellung, mit der der Motor auf einer Bahn wie Niederkrüchten locker 15 Stunden im Renntempo halten sollte, bevor er zur nächsten Revision muss. Fährt man eine materialmordende Bahn wie Kerpen-Manheim mit den langen Geraden, wo der Motor immer lange am oberen Drehzahlbereich ackern muss, ist solch eine Revision schon nach 3-4 Stunden fällig, will man keinen Motorschaden riskieren. Da wir am Anfang etwas übervorsichtig waren und den Mix ziemlich fett gedreht hatten, ist uns die Zündkerze "abgesoffen", d.h. der Motor sprang nicht mehr an. Kerze gewechselt, dann lief wieder alles. Außerdem ist uns eine der beiden Federn, die das Auspuffende halten, gebrochen. Kurioserweise gleich zweimal hintereinander. Jetzt fahren wir nur noch mit einer Feder, die hält auch.


16.07.2008 - Monster-Karts und ein gebrochenes Motor-Ritzel. Eigentlich war es ein perfekter Tag zu Kart fahren. Ich kam gegen Mittag auf der Bahn an und das erste was mir auffiel waren die beiden Monster-Karts mit 900ccm Suzuki-GSXR-Motoren (über 100PS!). Für die kleine Bahn in Niederkrüchten total überdimensioniert, da fährt man maximal im 2. von fünf Gängen. Außerdem wiegen solch große Motoren auch ne Menge, was in engen Kurven nicht grade hilfreich ist. Auf der Graden ist die gigantische Leistung kaum zu bändigen. Diese Karts gehören meiner Meinung nach nicht auf eine Kartbahn, denn um sie auszufahren muss man eigentlich auf eine Grand-Prix-Strecke wie den Nürburgring. Ich persönlich bin nicht scharf drauf, in einem Kart über 250 km/h zu fahren, weil das Fahrverhalten bei den kleinen Reifen und diesem Tempo abenteuerlich wird und wenn man sich da vertut, kann es schnell sein, dass man sich nicht nur wehtut, sondern gar nichts mehr spürt und eine Woche später zwei Meter tiefer gelegt wird...

Ich hab mich dann auch noch selbst in mein Kart geschwungen, denn dazu war ich ja auf der Bahn. Als ich in meinem zweiten Turn nach ca. 5 Minuten so richtig in Fahrt gekommen war, gab es auf einmal einen Knall, und danach ging nix mehr. Gasgeben resultierte nicht mehr in Vortrieb, obwohl der Motor noch kurz lief und dann abstarb. Da hab ich mich zunächst gut erschrocken, weil ich dachte, der Motor wäre hochgegangen. Nachdem ich auf die Wiese ausgerollt war, stellte ich fest, dass die Antriebskette abgesprungen war und der Motor ausgegangen war, als ich kein Gas mehr gegeben hatte. Bei näherer Betrachtung sah ich dann, dass das kleine Ritzel, was die Kette am Motor antreibt, gebrochen war. Dadurch war die Kette abgesprungen und hatte auch das große Hinterradritzel verbogen. Der Tag war somit recht früh beendet. Mal schauen, wann wir das reparieren...


27.09.2008 - 10jähriger Junge tödlich verunglückt. Motorsport ist nicht ungefährlich, das ist bekannt. Wenn Rennwagen mit über 250 km/h unterwegs sind, wirken gewaltige Kräfte und jedem dürfte klar sein, dass ein Unfall finale Folgen haben kann. Aber dass man auch in einem kleinen Kinder-Leihkart mit 4 PS sein Leben verlieren kann, hat mich geschockt. Umso mehr, weil es genau auf der Bahn passiert ist, auf der ich mit meinem Rennkart unterwegs bin: in Niederkrüchten! Dort fuhr ein 10jähriger Junge mit einem Leihkart, kam von der Bahn ab, hat sich überschlagen und ist dabei aus dem Kart geschleudert worden. Die Bahn ist nun vorerst geschlossen.


12.10.2008 - Umbau der Bahn. Wie ich heute erfuhr, soll die Bahn nach Erfüllung neuer Sicherheitsauflagen umgebaut und wieder geöffnet werden. Es wird sich eine ganze Menge ändern müssen, denn weder die Leihkarts noch die Bahn waren in einem sicheren Zustand. Ich hatte schon nicht mehr gerechnet, dort noch einmal fahren zu können, weil die nun fälligen umfangreichen Investitionen für den Betreiber nicht gerade aus der Portokasse bezahlt werden können. Ich bin gespannt.


18.10.2008 - Kartbahn ist wieder geöffnet. Die Bahn ist nach umfangreichen Umbaumaßnahmen wieder geöffnet worden. Von den schrottreifen Leihkarts ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen gibt es jetzt eine Leihkartstaffel mit vorschriftsmäßigem Rundumschutz aus Stahl. Auch die Streckenbegrenzungen wurden ausgetauscht.


19.10.2008 - Reparatur und Montage des Alfano. Die beim letzten Turn zu Bruch gegangenen Ritzel kosteten 70 € und 4 Stunden Schrauberei. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an meinen Kollegen André der sich dieser Aufgabe angenommen hat und dabei im gleiche Zug auch den Alfano-Datalogger installiert hat, mit dem man neben Motor-Drehzahl und -Temperatur auch die Rundenzeiten ablesen kann. Ich hoffe, wir kommen in diesem Jahr noch mal zum Fahren.


03.12.2008 - Winterpause. Tja, nachdem nun der erste Schnee gefallen ist, ist auch die Motorsportsaison 2008 (zumindest draußen) beendet. Natürlich kann man auch bei 3 Grad Celsius Kart fahren, aber Spaß macht das dann nur noch begrenzt, da man sich Finger, Füße und ohne dicke Unterhose auch noch was anderes abfriert. Nächstes Jahr wird spannend, da André sich ein separates Kart gekauft hat, um an der Rotax-Max-Challenge teilzunehmen. Ich werde mal schauen, ob ich dann bei einigen Rennen als moralische Unterstützung dabei bin.


11.03.2009 - Roll-Out Rotax-Max in Kerpen. Heute fand in Kerpen der Roll-Out von André's neuem Kart statt: M-Tec-Chassis, wassergekühlter 125ccm-Rotax-Max DD2-Motor, 2-Gang-Schaltung, rund 32PS und eine, wie ich finde, hinreißende Optik (siehe Galerie). Allerdings ist die Technik nicht ganz ohne, vor allem der Motor verlangt eine fachkundige Hand, weshalb ein professioneller Schrauber nötig ist. Der hält nicht nur die Technik am Laufen, sondern sorgt auch dafür, dass man an den Rennwochenenden den Kopf frei hat.


22.07.2009 - Schreck in der Abendstunde. Heute rief André an und meinte, er habe gehört, die Kartbahn in Niederkrüchten sei abgebrannt. Als sich unser schönes Rennkart (das wir dort in einer Garage abgestellt haben) vor dem geistigen Auge schon in Rauch auflöste, gab ich bei Google schnell die Stichworte "Kartbahn Niederkrüchten abgebrannt" und wurde auf eine Seite gelinkt auf der tatsächlich von einem großen Feuer durch Brandstiftung die Rede war. Doch dann die Entwarnung durch den Bahnbetreiber am Telefon: nicht die Bahn selber, sondern ein abgelegener Lager-Schuppen sei abgebrannt. Puh. So ein Schreck am frühen Abend muss echt nicht sein...


24.10.2009 - Winterpause. Naja, von Pause zu sprechen, wenn man gar nicht gefahren ist, klingt irgendwie komisch. Aber 2009 war wirklich zum vergessen. Da André mit der Rotax-Max-Challenge voll und ganz ausgelastet und sein Terminkalender auch sonst proppenvoll war, sind wir in diesem Jahr nicht zum fahren gekommen. Ich hoffe, dass das im nächsten Jahr anders wird, schließlich haben wir das Kart ja nicht gekauft, damit es in der Garage verrottet.


17.06.2010 - Und weg damit. Da André überhaupt keine Zeit mehr hat, ich niemand anderen dafür begeistern konnte und auch keine Lust habe, immer alleine zur Kartbahn zu fahren, habe ich schweren Herzens entschieden, das Kart wieder zu verkaufen. Man muss Dinge loslassen können, auch wenn es wehtut. Ich wäre gerne mehr gefahren, aber unter diesen Umständen ging es nicht mehr. Somit ziehe ich einen Schlussstrich unter das Thema "eigenes Kart". Aber ganz so schlimm ist es auch nicht, schließlich habe ich mittlerweile eine Alternative, die mich das Rennkart vergessen lässt... ;-)

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