2004 - Der krasseste Gig meines Lebens

31.12.2004 - Mein Einstieg bei der Cover-Band "Sugar & Cream" wird mir stets in lebhafter Erinnerung bleiben, denn es war (wenn man von den Tanzmucker-Jobs als 13jähriger mal absieht) so ziemlich der krasseste Gig, den ich bis dahin gespielt hatte. Auf einer Sylvesterfeier sollte die Band mit einem bewährten Rock-/Pop-/Soul-Programm für Stimmung sorgen. Ich war als Vertretung zunächst mal damit beschäftigt, die über 40 Stücke zu lernen. Dann musste ich den Urlaub mit der Familie unterbrechen, eine monsterlange Probe absolvieren, und direkt im Anschluss bis an die Nordsee fahren. Aber dann ging der Horror erst richtig los...

Anders als Alleinunterhalter und Schützenfest-Combos spielt man in Top-40-Bands keine 8-Stunden-Endlos-Gigs, sondern maximal 4 Sets a 45 Minuten. Als wir Sylvester 2004 in einem Hotel spielen sollten, dachte ich, das wäre da auch so. Zumindest war es so mit dem Veranstalter vereinbart. "Wir", das ist eine Rock-/Pop-/Soul-Band, die bei 30-50jährigen eigentlich immer super ankommt.

Wir kamen also um 15 Uhr an und begannen mit dem Aufbau, um 17 Uhr war der Soundcheck erledigt, und das war auch gut so, denn plötzlich sollten wir von 18-21 Uhr drei Stunden "Dinner- und Untermalungsmusik" machen. Dinnermusik? Das haben wir gar nicht angeboten! Aber man ist ja Profi, und so hab ich mit Roland (Gitarrist) mehr schlecht als recht im Duett das "Realbook" mit Jazzstandards rauf- und runtergespielt, alles gejammt, nix geprobt, die Hälfte der Nummern hab ich vom Blatt gespielt, weil ich sie gar nicht kannte! Das war ziemlich spannend...

Nach den drei Stunden Blattlesen war ich schon ziemlich fertig, aber, jetzt ging es ja erst richtig los! Vor uns lagen 4 (es wurden letztendlich 6) Stunden, in denen wir versuchten das Publikum, das mit einem Alter von 60-70 Jahren ein klein wenig außerhalb unserer Zielgruppe lag, in Stimmung zu bringen. "Car Wash": keine Reaktion. "Ladies Night" vielleicht? Fehlanzeige! Der letzte Rettungsanker "I Will Survive"!!! Verpufft. Es ging NIX.

Das beste war, als ein ca. 80jähriger rüstiger Rentner an die Bühne gewackelt kam und meinte, wir sollten doch statt dieser komischen Musik mal einen Walzer oder Marsch spielen. Ich hab herzhaft gelacht, als Roland (Jazzstudium E-Gitarre, Konzert-Examen mit glatter 1 auf der Musikhochschule Köln) ihm klarzumachen versuchte, dass das nicht Teil unseren Programms sei und der Rentner meinte "Die Jungs aufm Rheindampfer letzte Woche hatten das aber drauf! Ihr könnt doch nix!"

Wir haben dann als Walzer "Che Sera" gejammt. Es war furchtbar (grins). Anschließend meinte jemand, das wäre aber lieblos gewesen und wir haben nur gesagt: "Stimmt!" Irgendwann nach Mitternacht waren alle angeschickert und es haben sogar noch einige getanzt, wir wiederholten unser Programm schon seit geraumer Zeit... Irgendwann um 3 Uhr bin ich halbtot ins Hotelbett gefallen und hab mir gedacht: nie wieder...