Der mit dem Baby joggt

23.06.2023

Anthony Tomsich von der LAV Stadtwerke Tübingen ist für den Halbmarathon gemeldet, den er im vergangenen Jahr für sich entscheiden konnte.

Für Anthony Tomsich passt der Ermstal-Marathon perfekt in die Jahresplanung. Dieser Tage ist er in einer kurzen Bahnsaison mit für seine Verhältnisse auch kurzen Distanzen unterwegs. Dann werden allmählich die Umfänge gesteigert im Hinblick auf den 24. September, wenn in Berlin Marathon gelaufen wird. Da führt kein Weg am Ermstal-Marathon vorbei, den Tomsich im vergangenen Jahr ins Herz geschlossen hat. Nicht nur, weil er den Halbmarathon für sich entscheiden konnte.

„Das ist perfekt. Ich kann Gas geben und mich auf die längeren Distanzen konzentrieren. Es hat im vergangenen Jahr sehr viel Spaß gemacht“, erinnert sich der gebürtige US-Amerikaner. Die erste Hälfte ist er mit Simon Stützel gelaufen, der später den angekündigten Streckenrekord im Marathon holen sollte. „Bergab von Bad Urach musste ich mich von ihm trennen, konnte richtig reinhauen“, lernte Tomsich die Vorzüge des Halbmarathons zu schätzen. Kollege Stützel musste nochmals rauf – und dann wieder retour auf den Kelternplatz.

Für den Tübinger ist klar, dass er wieder auf Sieg laufen wird. „Ich muss allerdings schauen, wer noch antritt“, weiß er um die Tücken der späten Anmeldungen. Einer der Kandidaten könnte Lorzenz Baum sein, ebenfalls für den LAV, und vor allen Dingen viel laufend.

Von Alaska ins Ermstal

Anthony Tomsich hat einen interessanten Lebenslauf. Gelebt hat der Sohn einer deutschen Mutter lange in Alaska, der Kontakt nach Deutschland war immer da, auch als er mit Ehefrau nach Vancouver (Kanada) gezogen war. Sie war es, die 2020 eine Stelle an der Universität Tübingen bekam, weshalb es zurück in die Heimat der Mutter ging. In Vancouver hat er sich dem Coaching verschrieben, jetzt ist  Tomsich beim Vorbereitungstraining für den Stadtlauf vorne mit dabei. Weshalb es gar nicht ausgeschlossen ist, dass er eine motivierte Gruppe mit ins Ermstal bringen wird, die da schon mal ihre Form testen kann.

Die eigene Form ist sicher nicht schlecht, Richtung eigener Bestzeit (1:04 Stunden in 2020) oder Streckenrekord (1:09,01 Simon Stützel in 2019) will Tomsich aber nicht gehen. „Im Moment  denke ich nicht, dass ich dafür fit bin“, sagt der relativ frischgebackene Vater.  Man werde ja nicht jünger – und dann gibt es da plötzlich diesen kleinen Kerl, der sich nicht nur nachts meldet, sondern mit 14 Monaten auch schon massiv ins Coaching seines Erziehungsberechtigten eingreift.

Spielplatz-Intervall

„Ich habe einen Baby-Jogger, mit dem lässt sich prima laufen. Mittlerweile kenne ich alle Spielplätze der näheren und weiteren Umgebung“, lacht der Papa, der jetzt natürlich nicht mehr nur rennen darf. Ein Kind will auch spielen. Und deshalb hat sich Anthony Tomsich etwas angeeignet, das als Intervalltraining bekannt ist. Mit Baby-Jogger eben, der den Effekt aber vielleicht sogar steigert.

Man wird es sehen beim Ermstal-Marathon, bei dem der Vorjahressieger zu den Kandidaten zählt, die man im halben Marathon ganz vorne erwarten darf. Beeilen muss er sich natürlich, weil nicht auszuschließen ist, dass der kleine Coach im Zielraum ungeduldig wartet. Vielleicht schon mal gucken, wo der nächste „Spieli“ ist. Da will er dann sicher hin.

                                                          (Quelle: Südwest Presse 23.06.2023/Wolfgang Seitz)